Zentrum für verfolgte Künste
Museumsstreit: Drei Probleme sind entscheidend
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Analyse: Knatsch zwischen CDU und Oberbürgermeister um „Grünes Zentrum für verfolgte Künste“ offenbart Versäumnisse.
Von Philipp Müller
Solingen. In dieser Woche ist Streit um Pläne ausgebrochen, wie mit Informationen rund um das 28-Millionen-Projekt „Grünes Museum“ für das Zentrum für verfolgte Künste umgegangen wird. Die entsprechende Machbarkeitsstudie hatte der Landschaftsverband Rheinland (LVR) vor 14 Tagen in der Sitzung seines Kulturausschusses bekanntgemacht. Dabei wurde erklärt, dass Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD) die Absicht gegenüber dem LVR bekundet hatte, eine Prüfung zur Städtebauförderung für den Neubau vorzunehmen und eventuell finanziell umzusetzen. Das tat er als Eigentümer der Immobilie. Das Gräfrather Rathaus gehört der Stadt Solingen.
Der Streit ist kurz zusammengefasst dieser: Die CDU wirft dem OB vor, er dürfe eine solche Absichtserklärung, ein Museum zu bauen – auch wenn es noch keine Zusage ist –, nicht abgeben, ohne die politischen Gremien zu informieren. In dem Fall den Rat und den städtischen Kulturausschuss. Kurzbach verweist darauf, die CDU sei durch eine Aufsichtsratssitzung des Zentrums informiert gewesen – und vermutet Wahlkampftaktik. Die CDU legte gestern nach: Der OB könne nicht davon ausgehen, dass CDU-Vertreter gegen die Verschwiegenheitspflichten in dem nichtöffentlich tagenden Aufsichtsrat verstoßen und dessen Interna parteiintern ausplaudern. Die Politik nicht zu informieren, bleibe das Versäumnis.
Diese Diskussion schade dem Zentrum für verfolgte Künste und dem Kunstmuseum Solingen, erklärt dazu jetzt die Aufsichtsratsvorsitzende des Zentrums, Dorothee Daun (SPD): „Die Überlegungen und Szenarien zur Zukunft des Zentrums angesichts dessen wachsender Bedeutung fanden im Aufsichtsrat parteiübergreifend, transparent und einvernehmlich statt.“ Sie verwies darauf, dass noch nichts entschieden sei. Es seien Überlegungen, „die keine Entscheidungen der jeweils zuständigen Gesellschafter vorwegnehmen“. Die CDU stellte gestern klar, dass man sich nicht grundsätzlich gegen die Pläne stelle, sondern das Vorgehen Kurzbachs kritisiere. Doch worum geht es in der Tiefe eigentlich? Es sind drei Themenkomplexe:
Problem I, das Gebäude:Kunstmuseum und Zentrum teilen sich das ehemalige Rathaus, das der städtischen Kunstmuseum Solingen Grundstücksverwaltungsgesellschaft mbH gehört. Ein Vertrag zwischen beiden Träger-GmbHs der Museen regelt die Nutzungszeiten und die Aufteilung der Räume. Doch das Gebäude weist einen Sanierungsstau auf. Die Bausubstanz des Neubaus aus den 1990er Jahren, die Elektrik und vor allem die Klimaanlage sorgen für Probleme. Zudem setzt der LVR als Träger von zwei Dritteln des Zentrums auf Barrierefreiheit, das andere Drittel gehört der Stadt. Da wird es auf Dauer mit ein paar Rollstuhlrampen nicht getan sein. In der Summe muss die Stadt auf jeden Fall ins Gebäude investieren.
Problem II, das Geld: In den 1990er Jahren wurde das Kunstmuseum auf die Gleise gestellt. Aus dem laufenden Haushalt der Stadt ging das nicht. Eine GmbH wurde gegründet, doch diese ist seit ihrem Start unterfinanziert. Regelmäßig muss die Stadt Eigenkapital nachschießen. Der Ausstellungsbetrieb ist nur mit Hilfe von Sponsoren möglich. Die Politik will seit vielen Jahren die Strukturschwäche anpacken, Lösungen sind bis heute nicht in Sicht.
Problem III, die Zukunft: Der LVR hat entschieden, dass das Zentrum seine Zukunft ohne das Kunstmuseum in die Hand nehmen soll. Die Machbarkeitsstudie sieht daher in Gräfrath keinen Platz mehr für das städtische Museum vor. Der städtische Kulturausschuss sieht seit Dezember 2022 ebenfalls keine gemeinsame Zukunft beider Museen an einem Ort. Er beauftragte das Ressort der Dezernentin Dagmar Becker (Grüne) damit, für das Kunstmuseum einen alternativen Standort zu finden – mit den Stimmen der CDU.
Reaktionen: Bernd Krebs, Mitglied der CDU in der Landschaftsversammlung des LVR, warnt, dass durch die Debatte nicht der Eindruck beim LVR entstehen dürfe, die Stadt Solingen wolle das Zentrum nicht mehr. „Dann ist das ganz schnell weg.“ Dorothee Daun, bestens im LVR vernetzt, betont: „Nur mit einem klugen und einvernehmlichen Vorgehen kann eine gute und nachhaltige Perspektive für das Zentrum mit seiner großen Strahlkraft und politischen Verantwortung gelingen.“ Zur Sachlichkeit rief Zentrums-Aufsichtsratsmitglied Martina Zsack-Möllmann (Grüne) auf und steht an der Seite des OB, die CDU sei über die Museumspläne informiert gewesen, wie Kurzbach es dargestellt hat. „Will die CDU am Ende ernsthaft den Standort Solingen für das Zentrum auf dem Gewissen haben?“, fragt die SPD-Fraktionsvorsitzende im Stadtrat, Iris Preuß-Buchholz. Sie erkennt in der Attacke auf den OB vor allem, einen Skandal konstruieren zu wollen. Ute Klein, FDP-Mitglied im Kulturausschuss, sieht die CDU-Kritik als „nicht ganz unberechtigt“ an. Doch die CDU solle sich lieber an konstruktiven Lösungen beteiligen. Bernd Krebs erklärt, dass die strittige LVR-Vorlage schon länger öffentlich einsehbar sei.