Bühne

Psycho-Thriller ruft im Publikum ein geteiltes Echo hervor

Im Mittelpunkt des Bühnengeschehens standen Verletzungen, die Frauen und Kindern zugefügt worden waren.
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Im Mittelpunkt des Bühnengeschehens standen Verletzungen, die Frauen und Kindern zugefügt worden waren.

Das Westfälische Landestheater brachte „Liebes Kind“ auf die Bühne des Pina-Bausch-Saals.

Von Jutta Schreiber-Lenz

Der Beifall am Ende war herzlich und ehrlich. Er würdigte einen intensiven und dichten Theaterabend im Pina-Bausch-Saal und zollte schauspielerischer Leistung, Bühnengestaltung und dramaturgischen Effekten verdientes Lob und Anerkennung. Dennoch blieben viele der Zuschauer am Mittwochabend am Ende etwas ratlos zurück.

Die mit Spannung erwartete Lösung des Entführungsfalles der vor über 13 Jahren verschwundenen Lena, bot nämlich schließlich alles andere als einen Aha-Effekt, sondern verpuffte, trotz ihrer Plötzlichkeit und blieb blass. Das Rätsel um das Verschwinden von Lena, ihren Austausch gegen Jasmin und deren Rolle in dem Ganzen, erschloss sich nicht eindeutig und ließ bei vielen Zuschauern Unzufriedenheit zurück. „War der, der da plötzlich umgefallen ist, nun der Unbekannte? Oder hab ich irgendwas nicht richtig verstanden? Vielleicht muss man erst das Buch lesen“, waren später an der Garderobe häufig zu vernehmende Sätze. Krimi-Fans tauschten sich über das Gesehene aus.

Überzeugendes Könnender Schauspieler

Tatsächlich verlangte die Roman-Adaption des Westfälischen Landestheaters dem Publikum einiges ab. Nicht nur die von der Regie bewusst eingesetzte einheitliche Kleidung aller Protagonisten erschwerte zu Beginn die Orientierung im Stück. Das minimalistische Bühnenbild mit lediglich einer Art weißem Paravent plus einem Häuschen, in dem Schleiervorhänge Wände und Türen ersetzten, half ebenfalls wenig, um die Komplexität der Geschichte zu erfassen. Lediglich das überzeugende Können der Darsteller, Video-Clips sowie Licht- und Sound-Akzente gaben Orientierungshilfen in der Geschichte um das mysteriöse Verschwinden einer jungen Frau. Nach 13 Jahren könnte sie sich durch das Auffinden einer (anderen) jungen Frau mit Kind möglicherweise nun klären. Mit großer Schauspiel-Kraft, insbesondere von Guido Thurk als Polizist „Gerd“, Thyra Uhde als entkommene „Jasmin“, Burghard Braun als Vater „Matthias“ und Simone Schuster als Tochter „Hannah“ gelang es schließlich doch, Spannung aufzubauen, trotz aller – zumindest anfangs – etwas mühsam zu erfassenden Zeitsprünge.

Nicht so sehr der Krimi-Plot mit der Frage nach dem Täter stand offensichtlich im Fokus der Inszenierung von Thomas Tiberius Meikl, sondern die Psychogramme von Frauen und Kindern, die diskriminierende sowie körperliche und seelische Gewalt-Erfahrungen von übergriffigen Männern machen mussten. Überzeugend gelang es, die langfristigen Verletzungen darzustellen, die solche Erlebnisse in weiblichen Seelen anrichten. Dass diese Stärke der Inszenierung zulasten der nachvollziehbaren Rahmenhandlung ging, war schade. Bleibt nun also nur, die Romanvorlage zu lesen.

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