Zentrum für verfolgte Künste

Die Schau zu „Solingen 93“ wird multimedial

Dr. Ilka Werner berichtet als Zeitzeugin der 1990er Jahre im Zentrum für verfolgte Künste zum aufflammenden Rechtsextremismus. Bis zum 19. Mai nimmt das Museum Stimmen auf, die an den Anschlag in Solingen, gerne aus persönlicher Sicht, erinnern wollen.
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Dr. Ilka Werner berichtet als Zeitzeugin der 1990er Jahre im Zentrum für verfolgte Künste zum aufflammenden Rechtsextremismus. Bis zum 19. Mai nimmt das Museum Stimmen auf, die an den Anschlag in Solingen, gerne aus persönlicher Sicht, erinnern wollen.

Noch bis zum 19. Mai nimmt das Zentrum für verfolgte Künste Videos mit Erinnerungen zum Brandanschlag auf.

Von Philipp Müller

In einem Videostudio hat die Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Solingen, Dr. Ilka Werner, Platz genommen. Im Zentrum für verfolgte Künste ordnet sie als eine laute Solinger Stimme gegen Rassismus und Antisemitismus in zwei Kameras als Zeitzeugin den Brandanschlag von 1993 ein. Ihre Gedanken werden Teil der Ausstellung „Solingen 93“ sein. Sie wird am 29. Mai, dem 30. Jahrestag des Brandanschlags, eröffnet und ab dem 30. Mai für die Öffentlichkeit zugänglich sein.

Die Zeitzeugen-Videos sind dann ein Baustein der Ausstellung. Noch bis zum 19. Mai können weitere Zeitzeugen aus Solingen und Umgebung ihre Erinnerungen in die Kamera sprechen. Der Direktor des Zentrums, Jürgen Kaumkötter, berichtet, es solle so ein „Archiv der Gegenwart“ zum Brandanschlag entstehen. „Solingen 93“ ist in enger Abstimmung mit Familie Genç entstanden, die fünf Todesopfer in der Nacht des 29. Mai 1993 beklagte. Zudem hat das Zentrum ein rund 25-köpfiges Gremium zur Seite. Im Kuratorium „Critical Friends“, das durchweg mit Persönlichkeiten besetzt ist, die einen Migrationshintergrund haben, wurden die einzelnen Teile der Ausstellung diskutiert und inhaltlich begleitet.

Dazu gehören die Interviews. Damit das vielfältig wird, können kurze und längere Statements eingesprochen werden. Dabei geht es auch um Meinungen zum Thema, aber eben auch darum, das Geschehene aus vielen Blickwinkeln zu erzählen. Im Untergeschoss des Museums werden diese Aussagen dann zu sehen sein. Auch das Studio bleibt bis zum Ende der Ausstellung im September stehen. Weitere Zeitzeugen können spontan im laufenden Ausstellungsbetrieb interviewt werden. Am Ende wird eine Mischung aus prominenten Stimmen und solchen aus Solingen und Umgebung stehen, die ganz unmittelbar mit dem Brandanschlag konfrontiert waren. Rund zehn Termine hat das Museum für die erste Serie bereits vergeben, knapp weitere zehn Stimmen sind schon „im Kasten“.


Teilnahme: Alle können mit ihren Erinnerungen und Einordnungen zum Brandanschlag am 29. Mai 1993 noch bis zum 19. Mai im Zentrum zwischen 13 und 17 Uhr, außer montags, vorbeischauen und Teil des „Archivs der Gegenwart“ werden. Besser sei es aber, einen Termin vorab zu vereinbaren: info@verfolgte-kuenste.de

Ganz ohne Anleitung läuft das aber nicht. Museumsmitarbeiterin Daniela Tobias stellt Dr. Ilka Werner die Fragen. Man erfährt, dass sie 1991 in Hünxe lebte und als junge Vikarin einen rassistischen Anschlag auf eine libanesische Familie erlebte. Sie habe später kaum glauben wollen, wie viele rechtsextreme Attentäter es zu Beginn der 1990er Jahre gab. Sie habe bis heute geprägt, dass diese nicht nur aus prekären Verhältnissen stammten und stammen, sondern aus der Mitte der Gesellschaft an den rechten Rand gerieten. Das passt als Aussage dann sehr gut zum Teil von „Solingen 93“, der den Solinger Anschlag in die Zeit nach der deutschen Wiedervereinigung und dem aufkeimenden Nationalismus einordnet. Der Bogen wird bis zu Attentaten der Neuzeit in Halle oder Hanau gespannt.

Porträts der Opfer von 1993 prägen das Bild der Schau

Kurz erklärt Jürgen Kaumkötter dann noch, wie „Solingen 93“ weiter aufgebaut sein wird. Um den Untertitel der Schau „Den Opfern ein Gesicht, den Betroffenen eine Stimme geben.“ umzusetzen, wurden Porträts der fünf getöteten Mädchen und Frauen als Gemälde angefertigt, die im Erdgeschoss des Neubaus im großen Raum ausgestellt werden. „Auf einen Sockel werden wir jeden Tag eine frische Nelke legen“, berichtet der Direktor. Blumen, wie sie 1993 auch auf den Särgen von Gürsün İnce, Hatice Genç, Gülüstan Öztürk, Hülya Genç und Saime Genç lagen. Ein Video wird die Entstehung der Bilder erläutern. Im Erdgeschoss des Neubaus hat die Crew des Zentrums bereits damit begonnen, Original-Transparente von den Demos der Pfingsttage nach dem Anschlag 1993 und später aufzuhängen. Dazu kommen viele Monitore mit den Interviews, die jetzt aufgezeichnet werden. Über allem wacht dann auch ein Bild von Mevlüde Genç, die sich das neue Gedenken wünschte.

Offenes Museum

Aktuell: Einladung zu Interviews über Erlebnisse und Erinnerungen an Solingen 1993 vom 2. bis zum 19. Mai 2023 im Museum.

Geöffnet: Dienstag 30. Mai, bis 17. September, täglich (außer montags) von 10 bis 17 Uhr, der Eintritt ist frei.

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