Demografie
Jeder Vierte in Solingen ist bald über 65 Jahre
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Die Klingenstadt wächst und wird älter. Ein Professor der Bergischen Universität rät deshalb zum Umbau des Stadtzentrums.
Von Stefan Prinz
Solingen wird sich in den nächsten 20 Jahren auf einen deutlich höheren Senioren-Anteil einstellen müssen. Das geht aus einer Erhebung der nordrhein-westfälischen Statikstelle IT.NRW hervor. Demnach werden im Jahr 2040 fast 45.000 Menschen über 65 Jahre in der Klingenstadt leben. Damit wächst diese Bevölkerungsgruppe im Vergleich zu heute um satte 32 Prozent. Im Bereich der 19 bis 65 Jahren wird Solingen dagegen um 6.000 Personen schrumpfen.
Der bergische Universitätsprofessor Dr. Felix Huber empfiehlt daher, die städtische Infrastruktur stärker auf die Bedürfnisse von Senioren auszurichten. Dazu zählt der Stadtplanungsexperte die Errichtung zusätzlicher öffentlicher Toiletten oder auch den Abbau von Stolperfallen in der Innenstadt. Auch müssten Angsträume verschwinden. Zudem sollte an Aufzüge und zusätzliche Geländer gedacht werden. „Wenn die Stadt sich das leisten kann, sollte sie es tun“, rät der Leiter des universitären Lehr- und Forschungsgebietes Stadtbauwesen.
„Konflikte zwischen jungen Menschen und Senioren müssen nicht sein.“
Herbert Gerbig, Vorsitzer des Seniorenbeirates
ZUZUG MACHT DIE STADT JÜNGER
STATISTIK Die Stadtbevölkerung der Klingenstadt wird zwar in den nächsten Jahren älter. Der Zuzug bremst diese Entwicklung aber zumindest leicht ab. Wer neu hierher kommt, ist im Durchschnitt deutlich jünger als die Bevölkerung, die bereits hier lebt. Neubürger sind laut Statistik im Schnitt 32 Jahre alt, während der Solinger Altersdurchschnitt bei 44,1 Jahren liegt. Die Stadt wird in den nächsten 20 Jahren insgesamt deutlich wachsen. Die Statistikstelle rechnet damit, dass Solingen bis 2040 rund 6000 Einwohner mehr zählen wird als heute. Das entspricht einem Plus von rund vier Prozent.
Der Hochschullehrer betont allerdings, dass die Senioren unterschiedlichen Alters sehr unterschiedliche Bedürfnisse haben: „Wer gerade erst die Rente erreicht hat, der möchte eine Stadt, die aufregend und interessant ist. Je älter die Menschen werden, umso mehr benötigen sie eine Stadt, die sie schützt.“
Dazu gehöre auch die Errichtung von zusätzlichen schattigen Plätzen. Nur so könne Senioren eine Teilnahme am öffentlichen Leben ermöglicht werden. „Wenn öffentliche Toiletten fehlen, trauen sich viele sonst nicht mehr aus dem Haus“, ist Huber überzeugt. Er mahnt: Die Entwicklung zu einer Stadt, die stärker auf Senioren ausgerichtet ist, könne auch zu Konflikten mit den jungen Bevölkerungsgruppen führen.
„Konflikte zwischen jungen Menschen und Senioren müssen nicht sein“, ist Herbert Gerbig (SPD), Vorsitzender des städtischen Seniorenbeirates, überzeugt. Gegenseitige Rücksichtnahme sei wichtig. Schon heute arbeiteten Senioren- und Jugendgremien in der Stadt zusammen. Sollten unterschiedliche Auffassungen bestehen, müssten Kompromisse gefunden werden: So sei beispielsweise denkbar, die Fußgängerzone am frühen Morgen und am späten Abend für Radfahrer freizugeben –während sie tagsüber für Fahrradfahrer gesperrt bleiben sollte. Denn viele Senioren bemerkten die Radler wegen ihres schlechten Gehörs erst spät und hätten kaum noch Zeit auszuweichen.
Andere Entwicklung in der Nachbarstadt
Eine andere Entwicklung erwartet die Statistikstelle für die Nachbarstadt Remscheid: Dort wird die Bevölkerung in den nächsten beiden Jahrzehnten voraussichtlich schrumpfen. Rund fünf Prozent ihrer Einwohner wird die Stadt bis 2040 demnach verlieren.
Remscheid steht im Vergleich zu den bergischen Nachbarstädten Solingen und Wuppertal schlechter da. Denn auch in Wuppertal wird die Bevölkerung wachsen. Im Solinger Rathaus wollte man am Montag die neuen Zahlen noch nicht kommentieren. Vielmehr will sich die Verwaltungsspitze das umfangreiche Datenmaterial erst einmal ganz genau anschauen.
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