Wie bei Borbet
Insolvenz in Eigenverwaltung: Das sind die Vorgaben
- 0 Kommentare
-
Feedback
schließen
- Weitere
Voraussetzungen, Kontrollen, Abfindungen.
Von Manuel Böhnke
Solingen. Die Borbet Solingen GmbH hat eine Insolvenz in Eigenverwaltung durchlaufen. Diese kann angeordnet werden, wenn nichts darauf hindeutet, dass das Vorgehen zum Nachteil der Gläubiger ist, erklärt das zuständige Amtsgericht Wuppertal. Vor Eröffnung ermittle ein Gutachter, ob ein Eröffnungsgrund vorliegt sowie dessen Ursprung. Die Staatsanwaltschaft prüfe auf strafrechtlich relevante Tatsachen. Im Verfahren erstatten Schuldner und Sachwalter, der die wirtschaftliche Lage prüft und die Geschäftsführung überwacht, dem Insolvenzgericht regelmäßig Bericht. Ob der Schuldner in Eigenverwaltung einen Standort schließt oder fortführt, obliege ihm.
Grundlage für Kündigungen wegen Betriebsschließung sei, dass der Arbeitgeber entscheidet, den Standort endgültig stillzulegen. Vor der Kündigung muss dieser Schritt bereits „greifbare Formen“ angenommen haben, die Massenentlassung muss der Agentur für Arbeit nach ordnungsgemäßen Gesprächen mit dem Betriebsrat angezeigt werden.
Bei einer Kündigung gilt eine von der Beschäftigungsdauer abhängige Frist. In der Insolvenz beträgt sie maximal drei Monate, erklärt der in Solingen tätige Fachanwalt Robert Fliegner. Mehr als 250 Borbet-Mitarbeiter haben Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Solingen eingereicht. Die Gütetermine verliefen „mit sehr wenigen speziell gelagerten Ausnahmen“ ohne Einigung, erklärt Leiterin Dr. Annegret Haves. Im März starten die Verhandlungen vor den Kammern. Sollten Klagen der Arbeitnehmerseite – aus welchen Gründen auch immer – erfolgreich sein, besteht das Arbeitsverhältnis fort. Ist das Werk geschlossen, könnten Betroffene die Vergütung für den Zeitraum nach Ablauf der Kündigungsfrist nach insolvenzrechtlichen Regeln geltend machen. Eine erneute Kündigung wäre nötig.
Alternativ kann der Schuldner die für die Kündigungen zurückgehaltenen Mittel für eine Transfergesellschaft verwenden, sagt Robert Fliegner. In dieser leistet die Arbeitsagentur Transferkurzarbeitergeld in Höhe von 60, ab einem Kind 67 Prozent. Der Schuldner als Arbeitgeber kann aufstocken, zahlt Sozialversicherungsbeiträge, Urlaubs- und Feiertagsansprüche, Qualifizierungsgelder sowie die Verwaltung der Transfergesellschaft.
Transfergesellschaften bieten beiden Seiten Vorteile
Die Kosten für den Schuldner müssen laut Fliegner bei beiden Varianten – Kündigung und Transfergesellschaft – identisch sein. Deshalb sei es üblich, dass Transfergesellschaften wie im Fall Borbet die doppelte Laufzeit der Kündigungsfrist haben, obwohl das Maximum bei einem Jahr liege.
Transfergesellschaften haben dem Juristen zufolge für beide Seiten Vorteile. Der Arbeitgeber erhält Planungssicherheit und kann Kündigungsschutzklagen ausschließen, weil die Rechtsansprüche im bisherigen Kontrakt erlöschen. Die Beschäftigten hingegen werden zunächst nicht arbeitslos, erhalten Hilfe bei der Jobsuche und über einen „längeren Zeitraum im Verhältnis mehr Geld“.
Grundlage aller Varianten des Personalabbaus ist ein Sozialplan. Dieser kann in der Insolvenz zusätzlich eine Entschädigung in Höhe eines Volumens von durchschnittlich maximal zweieinhalb Monatsgehältern vorsehen. So ist es auch bei Borbet. Profitieren würden sowohl die gekündigten Mitarbeiter als auch diejenigen, die in die Transfergesellschaft gewechselt sind. Verwendet werden darf jedoch höchstens ein Drittel der Insolvenzmasse, die ohne Sozialplan für die Gläubiger zur Verfügung stünde. Regelmäßig ist laut Fliegner daher ungewiss, ob und in welcher Höhe eine Entschädigung tatsächlich zur Auszahlung kommt, etwa bei drohender Masseunzulänglichkeit.