Besuch in Solingen
Welche Hausaufgaben Arbeitsminister Hubertus Heil aus Solingen mitnimmt
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SPD-Politiker informierte sich im Jobcenter, wie es mit der Umsetzung des Bürgergeldes klappt.
Von Kristin Dowe
Solingen. Die Mitarbeiterinnen des Solinger Jobcenters hatten Bundesarbeitsminister Hubertus Heil einiges an Hausaufgaben mit nach Berlin aufgegeben, als der SPD-Politiker die Behörde gestern besuchte. „Weniger Bürokratie“ war etwa ein viel geäußerter Punkt, der auf dem Wunschzettel der Beschäftigten aus der Leistungsbearbeitung und dem Fallmanagement ganz oben stand.
Heil versprach, sich die Forderung zu Herzen zu nehmen. „Wir haben mit dem Bürgergeld schon viele unnötige Sachen weggeräumt, aber da geht noch mehr.“
Für das Gespräch mit dem Solinger Team konnte der Minister zu seinem Bedauern nur wenig Zeit erübrigen, doch Heil nahm es mit Humor: „Schuld war diesmal nicht der Koalitionspartner und auch keine Klimakleber“, versicherte er. Sein Flugzeug habe schlicht Verspätung gehabt.
Er sei nach Solingen gekommen, um sich selbst ein Bild davon zu machen, wie es in den Jobcentern mit der Umsetzung des Bürgergeldes läuft, das zum 1. Januar in Kraft getreten ist und das Arbeitslosengeld II abgelöst hat.
Die Auszahlungen konnten pünktlich starten.
Mike Häusgen, Leiter der Solinger Behörde, zog für den Auftakt der Sozialreform eine zufriedene Bilanz: „Die Umstellung hat reibungslos funktioniert und die Auszahlungen konnten pünktlich starten. Wir hatten uns im Vorfeld sehr gut darauf vorbereitet, insofern haben uns relativ wenige Fragen von Kundinnen und Kunden erreicht“, sagte er gegenüber dem ST.
Den Mitarbeitenden der Behörde sprach Heil seine Anerkennung aus. „Die kommunalen Jobcenter haben einen Bombenjob gemacht“, sagte er etwa im Rückblick auf die Herausforderungen durch die Corona-Pandemie, während der die Beschäftigten „den Arbeitsmarkt stabil gehalten und Massenarbeitslosigkeit bekämpft“ hätten.
„Als wir dachten, das ist noch nicht genug, kam der Ukraine-Krieg.“ Dabei sei es gelungen, mehr als 600 000 Geflüchtete in Grundsicherung zu bringen.
Wie vielen Menschen werden im Bürgergeld Leistungen gekürzt?
Kritikern, die durch die Einführung des Bürgergeldes den Anspruch „Fördern und Fordern“ gefährdet sehen und eine Ausnutzung des Systems befürchten, hielt Heil entgegen: „Es ist Zeit, die gesellschaftliche Debatte darüber zu entgiften.“ Dies zeigten etwa die extrem geringen Zahlen von Anspruchsberechtigten, bei denen Leistungen gekürzt werden mussten. Diese bezifferte eine Mitarbeiterin des Jobcenters für Solingen gerade mal auf zwei bis fünf Prozent.
Wann wird das Bürgergeld gekürzt?
Nötig würden solche Sanktionen etwa dann, wenn Kunden zu Terminen für Vermittlungsgespräche nicht erschienen oder eine Arbeitsstelle von sich aus kündigten. Das sei aber eher die Ausnahme. Darüber hinaus will Heil die Umsetzung der Kindergrundsicherung vorantreiben. „Wir müssen etwas dafür tun, dass die Hilfe auch bei benachteiligten Kindern und Jugendlichen ankommt“, befand er.
„Wir freuen uns auf neue Integrationsmöglichkeiten, die sich jetzt ergeben“, merkte Rathaussprecherin Sabine Rische an – anders als in einigen anderen Kommunen ist das Solinger Jobcenter nicht der Agentur für Arbeit unterstellt, sondern wird von der Stadt mitbetreut. Zu den neuen Möglichkeiten durch das Bürgergeld gehören laut Rische etwa größere Spielräume bei Coachings oder Umschulungsmaßnahmen für Migranten, die nunmehr von zwei auf drei Jahre verlängert werden könnten.
Damit er seinen Besuch in der Klingenstadt auch nicht so schnell wieder vergisst, überreichte Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD) seinem Parteikollegen abschließend ein Zöppken als Geschenk. Heil versicherte pflichtschuldig: „Ich komme immer wieder gerne nach Solingen, weil man hier messerscharf informiert wird!“
Hintergrund
Reform: Das Bürgergeld ersetzt seit dem 1. Januar dieses Jahres die Hartz-IV-Leistungen und richtet sich an Menschen, die grundsätzlich arbeiten können, aber kein Arbeitslosengeld erhalten.
Änderungen: Erhöht hat sich mit der Sozialreform der Regelsatz, der bei Hartz IV bei 449 Euro und beim Bürgergeld bei 502 Euro im Monat liegt. Außerdem werden bestimmte Leistungen vom Jobcenter übernommen wie etwa die Miete, die Neben- oder die Heizkosten.