Ausstellung
Gestickte und ganz schön verrückte Kunst
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Im Südpark setzen zwei Galerien neue Akzente in der Ausstellungslandschaft.
Von Jutta Schreiber-Lenz
Solingen. Derzeit sieht man in der neuen Galerie von Michael Boeck und Karen Ulrich nur Hasen. „Hasen in Bildern, als Skulptur, als Zeichnung, Collagen, in einem achtminütigen Video-Clip, als Deko-Artikel und – bei schönem Wetter in Riesenformat – auf dem Rasen vor der Hintertür. Ein Kinoplakat zum Film „Alice im Wunderland“ schlägt schließlich die Brücke zum Namen des Ortes, in dem die beiden Künstler künftig einen „leichten und lockeren Blick auf Kunst“ ermöglichen wollen: Märzhase heißt nämlich die Galerie, in Anlehnung an die fiktive Figur aus dem Romanklassiker Lewis Carrolls, ein schräger und witziger Geselle, der seinen Namen als Anspielung auf die im Englischen bekannte Redewendung „mad as a march hare“ trägt, was „schon ganz schön verrückt“ bedeutet. Die Menschen ansprechen und begeistern, für die Kunst bislang eher eine fremde, skeptisch betrachtete und vielleicht sogar verständnislose Sphäre war, sei ihr beider Wunsch, sagt Karen Ulrich. „Deshalb starten wir mit dieser munteren Ausstellung „Im Namen des Hasen“.
Auch künftig soll fantasievoller, leicht schräger Spirit im Märzhasen erkennbar sein: weitere, „etwas andere“ Ausstellungen sollen folgen. Aber auch unterhaltsame oder gar skurrile Lesungen, interessante größere Veranstaltungen oder vielleicht Literaturabende am Kamin in kleinerer intimer Runde. Auch für Feiern oder als Ideenwerkstatt steht die Galerie künftig zur Verfügung.
Die Galerie wird in näherer Zukunft noch um eine Medienwerkstatt erweitert werden. So wird es dann möglich sein, Podcasts aufzunehmen, Interviews zu drehen oder verstärkt mit Kindern Projekte wie die Stop-Motion-Filme. Sie werden in Zusammenarbeit mit Janine Werner im Rahmen des Kulturrucksacks produziert. Die Medienwerkstatt wird den Künstlern der Güterhallen, aber auch allen anderen, die Interesse an audiovisuellen Produktionen haben, offen stehen und kann mit Rat und Tat begleiten. Dafür haben Boeck und Ulrich den vorderen Teil der früheren Räume von Régis Noël angemietet. Der bekannte Solinger Künstler ist vor einiger Zeit nach Österreich gezogen.
Boeck und Ulrich planen jetzt einen Durchbruch nach nebenan. „Auch dieses Atelier wurde am Anfang der Güterhallen-Geschichten von Noël genutzt; hier hatte er zunächst seine Malschule untergebracht“, erinnert sich Michael Boeck. Auch er ist ein Künstler der ersten Güterhallen-Stunde, der nach wie vor sein Rahmen-Kunst-Atelier betreibt. „Zuletzt stellte Thomas Willis hier aus“, ergänzt Karen Ulrich. „Von ihm haben wir die Galerie übernommen und nach unseren Vorstellungen verändert.“
Im hinteren Teil des angrenzenden Ateliers, in dem bis Anfang Januar Régis Noël lebte und arbeitete, tut sich ebenfalls etwas. Auch wenn die neue Inhaberin der Räume noch nicht endgültig mit der Umgestaltung fertig ist, so prangt der Ateliername „Nadelgör“ bereits deutlich lesbar an der Eingangstür. Die 52-jährige Grafikerin Bettina Stuhr möchte hier arbeiten und ausstellen. Seit einer Erkrankung hat sie ihre Passion aus Kindheitstagen, das Sticken, intensiviert, weil ihr dieses Werken mental gutgetan hat.
Bei den Fadenbildern ist konzentriertes Arbeiten erforderlich
Aber auch gesellige Formate schweben ihr als Idee vor, wie zum Beispiel Lesungen, Mini-Konzerte oder kleine Gesprächskreise: An ihrem großen gemütlichen Holztisch an der langen Küchenzeile könnte man gut miteinander über tief gehende Themen sprechen und zeitgleich handarbeiten, überlegt sie laut. Das Tun mit Nadel habe ja durch aus oft kontemplativen Charakter. Bei ihren Fadenbildern, grafisch durchkomponierte „String Art“ dagegen, ist höchste Konzentration gefordert, um das gewünschte allein mit dünnen Industriefäden entstehen zu lassen. Erholsamer dagegen sei das sogenannte Zentanglen, das sie mit dem unbewussten Kritzeln bei Telefongesprächen erklärt. „Man lässt Kreativität fließen, während man sich auf etwas ganz anderes umso intensiver fokussiert“. Auch solche Arbeiten füllen ihre Schaufenster.
Für die Zukunft in der Galerie, in der sie, wir ihr Vorgänger Régis Noël wohnt und arbeitet, wirbeln ihr noch viele Gedanken durch den Kopf, darunter Ideen für kommende Arbeiten, aber auch Projekte mit Nachbar-Galerien „Wir machen eins nach dem anderen“, sagt sie und meint mit wir ihren Mann Thomas. Die erwachsene Tochter steht längst auf eigen Füßen. Zunächst müsse zu Ende renoviert werden, damit auch das Obergeschoß publikumstauglich werde.
Galerien
Märzhase: Michael Boeck, Alexander-Coppel-Straße 36a, Tel. (02 12) 336875, Mobil 01 71/ 5 41 83 26
hallo@galerie-maerzhase.de
www.galerie-maerzhase
Galerie Nadelgör: Bettina Stuhr, Alexander-Coppel- Straße 36, Tel. (02 12) 22 55 13 73