Biografie
Eine Solinger Lebensgeschichte auf 250 Seiten
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Vom Krieg bis zur Gegenwart: „Wurzelbehandlung“ heißt die Biografie von Hannelore Peitzmann.
Von Jutta Schreiber-Lenz
Solingen. Es war die interessierte Bitte ihrer auswärts lebenden Nichte Corinna, die Hannelore Peitzmann dazu brachte, ihre Erinnerungen aufzuschreiben. „Wir hatten lange keinen Kontakt und sie wollte gerne die familiären Zusammenhänge kennen“, sagt die 84-jährige Solingerin. „Also hab ich mich hingesetzt und geschrieben und ihr immer die aktuell fertigen Seiten geschickt. Sie hat begierig gelesen und mich immerzu ermuntert, weiterzumachen.“
Knapp 250 Buchseiten sind es schließlich geworden, in denen die fitte Seniorin auf ihren Werdegang zurückschaut und den Leser mitnimmt auf eine Zeitreise. Zu Weihnachten hat ihr Sohn Ralph, von Beruf Mediengestalter, sie mit der gebundenen Version ihres Werkes mit Hardcover überrascht.
Berührend nimmt Hannelore Peitzmann mit durch ihr Leben und setzt dieser Erzählung einen kurzen Schlenker in die Herkunft ihrer Eltern voran. Schildert schließlich farbig und plastisch ihre Kindheit im und nach dem Krieg. Besonders prägend war das traumatische Erlebnis, durch einen Bombenangriff von jetzt auf gleich kein Zuhause mehr zu haben und in Baracken auf dem ehemaligen „Exerzierplatz“ am Gräfrather Wasserturm hausen zu müssen.
Sie berichtet von engen Wohnverhältnissen, bitterer Armut, Hunger und Kälte.
Ihre Eltern seien ihr gegenüber, dem jüngsten Kind und Mädchen der Familie, sehr streng gewesen – sie habe damals ein eher geringes Selbstwertgefühl gehabt. Jugend, erste Verliebtheiten und die pubertäre Neugierde aufs Leben und auf Sexualität folgten – alles vor dem Hintergrund der 50er und 60er Jahre, als Frauen nur der zweite Platz in der Gesellschaft eingeräumt wurde.
Selbst die Berufsausbildung zur Verkäuferin musste den Eltern abgerungen werden, ihrem Mann die spätere Berufstätigkeit, die sie aber gegen den gängigen Zeitgeist durchsetzte. Das ging mit der ihr eingeimpften Sorge einher, darüber Kinder und Haushalt nicht zu vernachlässigen.
Hannelore Peitzmann gelingt mit „Wurzelbehandlung“ ein lebendiges und faszinierendes literarisches Stück Zeitgeschichte, das man am liebsten in einem Stückdurchlesen möchte. Derzeit ist das Buch ausschließlich über die Autorin zu erhalten.