Dieseltag
Ein Dieselmotor so groß wie ein Pkw hielt Fabrik am Laufen
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LVR-Industriemuseum führt Maschine von 1955 vor.
Von Tanja Alandt
Solingen. Für das Starten des historischen Dieselmotors waren einige Besucherinnen und Besucher im LVR-Industriemuseum mit einem Hörschutz ausgestattet. Kurz nachdem er mit Dampf aus dem Kessel betrieben wurde, setzte sich der 200-PS-Dieselmotor vor ihren Augen in Bewegung und schepperte mit einer Lautstärke von geschätzten 60 bis 70 Dezibel los. „Das ist kein Lärm, das ist ein richtiger Sound“, schwärmte Karl-Heinz Berger, als sich die ersten die Ohren zuhielten und gebannt auf die Maschine blickten.
1954 hatte Berger in der Gesenkschmiede Hendrichs seine Ausbildung zum Werkzeugmacher begonnen und wurde zudem zweiter Maschinist. „Er hat bis zum bitteren Ende gearbeitet und noch danach Aufträge abgearbeitet“, erzählte Andreas Hefer vom Industriemuseum. Sein Kollege Holger Maus ergänzte: „Ohne die Maschinisten lief gar nichts“. Erster Maschinist war Peter-Wilhelm Hendrichs.
1955 wurde der Schiffsdiesel mit 200 PS Leistung in Herford hergestellt. 1956 kam dieser in mehreren Einzelteilen in Paketen in der Gesenkschmiede an. Berger half damals mit, den Dieselmotor, der so groß ist wie ein Auto, zusammenzubauen. „Wir konnten uns vorher kein Bild davon machen. Ich war jung und interessierte mich dafür. Mit drei Mann haben wir angepackt und geholfen, die Maschine aufzubauen. Das war eine Knochenarbeit“, berichtete der 83-Jährige. „Nach Mitternacht, als es den ersten Anschluss gab, hat Frau Hendrichs ein Buffet aufgebaut. Dann haben wir ein paar Häppchen gegessen und gefeiert.“
Die Maschine war dem Inhaber wichtiger als die eigene Frau
Durch den Dieselmotor fiel das Kohleschaufeln weg. 1,5 Tonnen Kohle mussten täglich mit der Hand abgeschaufelt werden, die ein Lkw zunächst ohne Kipper brachte. „Der Dieselmotor war das Herzstück der Firma. Wir hatten eine einmalige Wasserversorgung“, so Berger. Die Maschine sei Peter-Wilhelm Hendrichs wichtiger gewesen als seine Frau, verriet Berger. „Das war der zentrale Antrieb der Fabrik. Jeden Tag ging das Herz auf, bis der Motor Anfang der 70er Jahre kaputt ging. Trotzdem konnte mit nur einer Seite bis zum Schluss weitergearbeitet werden“, erzählte er. Von 7 Uhr morgens bis zum Feierabend zwischen 16 und 17 Uhr lief der Motor und wurde mittags gedrosselt.
Berger führte seine Gruppe neben dem Maschinenraum ebenfalls in die Schmiede, Schneiderei, Werkzeugmacherei, in den Wasch- oder Umkleideraum und konnte zu jedem Winkel eine Anekdote aus früheren Zeiten erzählen.
Nächste Vorführung: Sonntag 18. Juni, 15 Uhr.