Andacht im ST
Ein „Danke“ kann viel in Bewegung bringen
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Theologen laden im ST zur Andacht ein – heute der evangelische Pfarrer Matthias Clever.
Liebe Leserin, lieber Leser,
zu einem Danke-Fest hatte mich die Diakonie Bethanien aus unserer Nachbarschaft persönlich eingeladen, und ich bin gerne gekommen an diesem warmen Frühlingsabend. Über Anlass und Grund für dieses liebevoll gestaltete Fest berichtete auch das ST: „Bethanien sagt allen Corona-Helfern Danke“. Es gab Worte, die von Herzen kamen, von Menschen, denen man anmerkte: Ohne euch wären wir nicht so durch diese schwere Zeit gekommen! Ich gestehe, diese drei schweren Jahre hatte ich in meiner Wahrnehmung schon fast wieder verdrängt angesichts der längst zurückgewonnenen Normalität. Doch hier nahmen sich leitende Persönlichkeiten aus Bethanien, der Stadt und dem Gesundheitswesen noch einmal Zeit, um all diejenigen zu würdigen, die an unzähligen und unscheinbaren Stellen in der Pandemie für andere Menschen an die Grenzen ihrer Kräfte gegangen sind.
Noch einmal zurückkommen und ehrlich Danke sagen - warum nur im Blick auf die Corona-Zeit? Mir wurde bewusst, wie schnell das auch im Alltag in Vergessenheit gerät. Wenn wir gemeinsam etwas erreicht haben. Wenn ein Freund, eine Freundin für mich da gewesen ist, wo ich Begleitung und Unterstützung so nötig hatte. Wenn ich unerwartet beschenkt worden bin durch das, was mir ein Mensch von sich gibt. Und gerade bei denen, die uns täglich am nächsten stehen, versäumen wir oft, es nicht nur zu denken, sondern es einmal bewusst auszusprechen oder auch zu schreiben, mittendrin und nicht nur an besonderen Tagen im Jahr: Danke, dass es dich gibt!
So ein echter Dank, eine ernst gemeinte Wertschätzung beschränkt sich aber nicht nur auf warme Worte. Sie zeigt sich ebenso darin, wie wir auch danach miteinander umgehen, selber verbindlich werden, Strukturen und Rahmenbedingungen schaffen, die andere fördern und nicht behindern.
Dann kann ein ehrliches „Danke“ auf der anderen Seite viel in Bewegung bringen, kann beflügeln und neue Freude und Motivation schenken, die Herausforderungen anzugehen – weil jemand spürt: Ich werde gesehen, ernst genommen! Das prägt die Atmosphäre untereinander und wird auch in meinem eigenen Leben zu einer guten Kraft.
Dieser Blick ist umso wichtiger in einer Zeit, in der die Ansprüche und Forderungen viele Begegnungen bestimmen, in der es oft nur noch darum geht, selbst gut dazustehen. Wer dankt, setzt sich selbst und seine Leistung nicht absolut, sondern erkennt: Wir brauchen einander. Denn wir können nur geben, wenn wir auch empfangen. Natürlich ist ein kritischer Blick oft nötig, und er kann nicht einfach mit der Dankbarkeit verrechnet werden. Aber mit einer dankbaren Haltung können wir Defizite und Herausforderungen ganz anders angehen: nämlich gemeinsam.
Blickwechsel geht noch in eine andere Richtung
In der Bibel lese ich, wie dieser Blickwechsel noch in eine weitere Richtung geht. Der Apostel Paulus beginnt seine Briefe an die Gemeinden oft mit diesem Satz: „Ich danke meinem Gott immer wieder, wenn ich an euch denke“ (Brief an die Philipper 1,3). Ja, Menschen, denen ich dankbar bin, sind für mich auch ein Hinweis darauf, wie Gott an mich denkt und mich auch auf diese Weise versorgt. In unterschiedlichen Situationen hat er sie mir zur Seite gestellt, weil er nicht will, „dass der Mensch allein sei“, wie es schon auf den ersten Seiten meiner Bibel steht.
Und wenn ich wieder einmal eine gute Begegnung hatte, wenn ich Anteilnehmen und Unterstützung gespürt habe, wenn ich mich über Treue und Solidarität freue, dann geht es mir spontan durch den Kopf: Danke, Gott, dass Du mir diesen Menschen zur Seite gestellt hast! Ein großes Danke-Fest wie in Bethanien kann ich dann meistens nicht feiern. Aber einen kleinen Schritt kann ich gehen, der so viel bewirkt: Ich kann es diesem Menschen sagen! Nicht nur nach einer schweren Corona-Zeit.
Es grüßt Sie herzlich Ihr Matthias Clever