Konzert
Rock-Legende Mitch Ryder aus Detroit brilliert in der Cobra
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60 Jahre im Musikgeschäft, gestützt auf die Bühne - aber dann spielte Mitch Ryder ein grandioses Konzert. Fazit: Wenn man die Kraft von Musik erleben möchte, war dies der perfekte Abend.
Von Julian Müller
Solingen. Rund 60 Jahre Musikgeschäft hat der 77-jährige Mitch Ryder schon in den Knochen, als er am Samstagabend die Bühne der Cobra betritt. Er muss gestützt und zu seinem Stuhl gebracht werden. Ein verschmitztes Grinsen ist hinter seiner rotgetönten Sonnenbrille zu erkennen, als sich die Band in den ersten Song vortastet. „Take Me To The River“ – im Original ein Al Green-Stück, von Mitch Ryder erstmals 1981 auf „Live Talkies“ dargeboten.
Man bangt etwas – ist die Stimme noch da? Ryder schnappt sich sein Tamburin, unterlegt den Beat von Drummer Olli Kunze und beginnt die erste Strophe. Kraftvoll und vom ersten Moment an ausdrucksstark, füllt sein Gesang den Raum.
Man atmet auf in diesem Moment. Ryder pirscht sich an den Refrain heran, nimmt Anlauf und lässt eine Urgewalt los, die man nicht für möglich gehalten hätte. Überall zufrieden glänzende Gesichter. Spätestens jetzt ist jedem klar, dass ein ganz großer Konzertabend folgt.
Ryders Stimme hat mit ihrer Energie eine magische Sogwirkung, die vom Publikum augenblicklich Besitz ergreift. Nach dem ersten Kraftakt folgt das wunderbar gediegene „Red Scar Eyes“ samt Piano-Intro von Boddi Bodag, der Ryder mit seiner Band Engerling schon seit den 90er Jahren begleitet.
Mitch Ryders Stimme fesselt das Publikum in Solingen magisch
Mit dem autobiografischen „Tough Kid“ zieht er das Tempo wieder gewaltig an. Bodag greift zur Mundharmonika und Drummer Kunze vereint in seinem Spiel brillant Energie und Subtilität. Die Balladen „All The Fools It Sees“ und „Freezin‘ In Hell“ sind Sprungbretter für Ryders stimmliche Dynamik.
Es ist kaum zu fassen, welche Kraft er zu jedem Zeitpunkt entfesseln kann. Mit „The Thrill Of It All“ und „When You Were Mine” von seinem 1983er Hit-Album, wird es kurzzeitig pop-affin, was dem Set eine weitere willkommene Dimension verleiht. Ryder ist einen Tag vor seinem 78. Geburtstag gut aufgelegt – seine Ansagen sind voller Witz und er hat sichtlich Spaß an dem warmen Applaus.
Dass die mit rund 200 Menschen angenehm gefüllte Cobra doch nicht bis zum letzten Platz ausverkauft ist, ist mehr als schade. Als Schlusspunkt der zweistündigen Offenbarung steht „Soul Kitchen“. In mehr als 10 Minuten machen sich die Musiker den psychedelischen Blues der Doors ganz zu eigen und Ryder lässt ein letztes Mal seine mächtige Stimme erklingen. Wenn man die Kraft von Musik erleben möchte, war dies der perfekte Abend.