Mein Blick auf die Woche
Der Dürpel-Ärger reicht tiefer
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Das Dürpelfest wackelt bedenklich – und erneut gibt es Kritik an der Informationspolitik der Stadtverwaltung. Die Zeit für eine Lösung wird knapp. Dass Solingens größtes Fest auf der Kippe steht, liegt aber längst nicht nur an den Bauarbeiten auf der Düsseldorfer Straße, betont ST-Lokalchef Björn Boch in seinem Blick auf die Woche.
Ohligs lässt aufhorchen. Ausnahmsweise aber nicht mit spektakulären Projekten oder guten Entwicklungen. Das Dürpelfest steht auf der Kippe. Zwar war schon lange klar, dass nur eine abgespeckte Version würde stattfinden können. Zu umfangreich sind die Arbeiten rund um die Düsseldorfer Straße. Doch jetzt droht eine Absage, weil Ausweichmöglichkeiten in Nebenstraßen wegfallen – und die von der Stadt vorgeschlagene Obere Hildener Straße bei den Dürpel-Machern für Missmut sorgt. Kaum Infrastruktur und eine symbolisch schlechte Lage: Offenbar solle das Stadtteilfest aus dem Kern des Stadtteils gedrängt werden, unken manche.
Die Stadtverwaltung hat wohl erneut Fehler in der Kommunikation gemacht. Anders ist die harsche Reaktion auf den Ausweichort nicht zu erklären. Vielleicht lag der Fehler schon darin, zu lange von einer „abgespeckten Variante“ zu reden und die Hoffnung auf den ursprünglichen Ort des Geschehens zu erhalten. Zumindest den Experten hätte klar sein müssen – angesichts von Löchern, Zäunen und einer Menge Baugerät –, dass es ein Nebeneinander von Umbauarbeiten und Volksfest nicht geben kann. Jedenfalls nicht im Deutschland der Genehmigungen, Prüfaufträge, Vorschriften, Ab- und Versicherungen.
Zumal Teile des Solinger Ordnungsamts in Veranstalterkreisen inzwischen dafür bekannt sind, die Regeln und Gesetze sehr eng auszulegen. Ja, der Spielraum ist bundesweit kleiner geworden, etwa aufgrund der Loveparade-Katastrophe. Aber es gibt ihn noch. Die Frage ist, ob er genutzt wird. Erst vor kurzem beklagte Falk Dornseifer vom Brauchtumsverein das „Damoklesschwert“ immer höherer Kosten alleine für das Sicherheitskonzept des Zöppkesmarkts. Von der Umsetzung mit Personal, Absperrungen und Kontrollen ganz zu schweigen.
In Ohligs sprach die Werbe- und Interessengemeinschaft OWG noch vor zwei Wochen von einem Fest, das „etwas kleiner werde“. Unwahrscheinlich, dass sie das wider besseres Wissen tat. Sondern vielmehr, weil sie entscheidende Informationen nicht hatte. Sollte das Fest nun gar nicht stattfinden, wäre das ein herber Schlag. Gerade weil der Dürpel die Corona-Zwangspause gut überstanden hatte und 2022 zu neuer Höchstform aufgelaufen war.
Das Millionen-Investment in die Ohligser Fußgängerzone samt Marktplatz ist richtig, wichtig und wird viel Freude machen – wenn endlich alles fertig ist. Bis dahin aber gilt für das „Integrierte Stadtteilkonzept“: Ärger pflastert seinen Weg. Schon beim Marktplatz gab es Verzögerungen und Mehrkosten in Millionen-Höhe. Und noch bevor es auf der Düsseldorfer Straße richtig losgeht, liegt man auch dort schon hinter dem Zeitplan. Die Ohligser haben immer wieder ihre grundsätzliche Freude über die Maßnahmen betont. Und dennoch hatten sie schon vermutet, was da auf sie zukommt. Nicht wenige fürchten jetzt, dass angesichts der Verzögerungen selbst das Dürpelfest 2024 in Gefahr sein könnte.
Sollte der Dürpel in diesem Mai tatsächlich ausfallen müssen, braucht es sofort einen Plan für das Folgejahr. Beziehungsweise zwei: einen mit, einen ohne Düsseldorfer Straße. Es braucht frühere und bessere Informationen. Und es braucht mehr Toleranz für Veranstaltungen dieser Art. So hieß es in einer E-Mail zu den Ausweichplänen, dass es schlicht nicht möglich sei, in Nebenstraßen der Fußgängerzone umzuziehen. Einstweilige Verfügungen von Anwohnern drohten, etwa, weil diese sich gestört fühlten oder nicht in ihre Einfahrten kämen.
Auch das mag von Paragraphen gedeckt sein. Es kann und darf doch aber nicht sein, dass Solingens größtes Fest ausfallen muss, weil jemand mal drei Tage nicht an sein Auto kommt. Immer vorausgesetzt, er ist rechtzeitig und umfassend informiert worden. Wenn Feste nur dort stattfinden, wo sie niemanden stören, finden sie nicht mehr statt. Für Baustellen gilt das analog: Würde nur dort gebaut, wo niemand eingeschränkt oder behindert wird, gäbe es keine Bauarbeiten mehr.
Die Debatte um den Dürpel zeigt zudem ein weiteres gesellschaftliches Phänomen: Viele spüren nach dem Gefühl der Ohnmacht während Corona nun einen schier unbändigen Tatendrang. Dieses Engagement, positiv kanalisiert, braucht die Stadt, braucht diese Gesellschaft. Sollte der eine oder die andere jetzt mit Kritik übers Ziel hinausschießen, liegt das mit an dieser Ungeduld, die sich aufgestaut hat. Und an der Enttäuschung, dass es nicht mit Vollgas weitergehen kann. Das ist aber allemal besser, als unschöne Nachrichten einfach stillschweigend hinzunehmen.
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