Zielscheiben für Kriminelle
Gesprengte Geldautomaten: Wer sorgt für Schutz?
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Politik will neue Auflagen für Kreditinstitute. Experten sehen einheitliche Regeln skeptisch.
Von Björn Boch , Martin Gehr und Andreas Weber
Solingen. Mit 496 Sprengungen von Geldautomaten registrierte die Polizei 2022 einen historischen Höchststand in Deutschland – er lag um 27 Prozent höher als im Vorjahr. Solingen dagegen blieb von Automatensprengungen nun längere Zeit verschont. Zuletzt hatten Täter Aufsehen erregt, als Ende März 2020 gleich zwei Geldautomaten der Stadt-Sparkasse Solingen in Ohligs und Unterburg an einem Tag gesprengt wurden.
Aufgrund der hohen Zahlen bundesweit nimmt aber auch im Bergischen die Debatte um die Geldautomaten wieder Fahrt auf. Um eine möglichst hohe Sicherheit zu gewährleisten, „unterziehen wir unsere Automatenstandorte regelmäßig Sicherheitsüberprüfungen und sind in enger Abstimmung mit der Kriminalpolizei“, erklärt Sebastian Assé von der Unternehmenskommunikation der Stadt-Sparkasse. Für jeden Standort würden individuelle Absicherungsstrategien erarbeitet – zudem werde in passende Maßnahmen investiert.
Auch die Solinger Sparkasse spricht sich gegen die Tatsache aus, dass Kreditinstitute von Bund und Ländern in die Pflicht genommen werden sollen. Die Innenminister drohen mit strengeren Vorschriften und wollen den Geldinstituten einen besseren Schutz von Automaten vorschreiben. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband hatte heftig protestiert. Mit dieser Forderung würden „die Geschädigten zu Tätern gemacht“.
Der Gesetzgeber legt der Kreditwirtschaft unter anderem nahe, Verklebe- und Färbetechniken zu nutzen, um Überfälle für die meist aus den Niederlanden heraus operierenden Kommandos unattraktiv zu machen. Eingefärbte Noten, entgegnen Experten der Banken, könnten jedoch von Profis gewaschen werden – mit Verlusten zwar, die Scheine ließen sich aber wieder herstellen. Und für die Verklebetechnik gebe es noch keine Rechtsgrundlage – somit ist auch die Erstattung der Geldkassetten nicht geklärt.
Außerdem sehen viele einheitliche Regelungen sehr kritisch. „Wenn alle Automaten gleich gesichert sind, können die Täter sich wunderbar darauf einstellen und üben“, heißt es aus dem Umfeld der bergischen Kreditinstitute. Christian Fried, Vorstand der Volksbank im Bergischen Land, betont deshalb: „Eine große Lösung kann es nur in Zusammenarbeit zwischen Polizei, Politik und Banken geben.“
Deutsche Bank verzichtete auf Wiedereröffnung in Wald
Sprengungen treffen oft einen Standort innerhalb eines Wohngebäudes – in Solingen-Wald beispielsweise hatte es 2019 die dritte Sprengung eines SB-Automaten-Standorts der Deutschen Bank innerhalb von zweieinhalb Jahren gegeben. Die Bank verzichtete auf die Wiedereröffnung – nicht zuletzt hatten Walder Anwohner massive Sicherheitsbedenken geäußert.
Aufgrund solcher Fälle kommt immer wieder die Frage auf, ob Geldautomaten außerhalb der Innenstadt – etwa in Pavillons – sicherer seien. Fried erklärt: Zwar gehe ein Schaden bei Sprengungen in Wohngebäuden „in den sechs- bis siebenstelligen Bereich“. Viele schätzten es aber, „dass sie oft nur um die nächste Straßenecke gehen müssen, um Geld abheben zu können“.
Absolute Sicherheit gebe es nur, wenn es die Automaten nicht mehr gibt, erklärt Sebastian Assé. Das stehe im Widerspruch zum Bestreben der Stadt-Sparkasse, die Kunden möglichst gut mit Bargeld zu versorgen. Kompromisse seien allerdings bereits gemacht worden. „Neben den nicht nach außen sichtbaren Absicherungsmaßnahmen haben wir den Empfehlungen der Kriminalpolizei folgend in der Vergangenheit bereits Außenautomaten abbauen und die Öffnungszeiten unserer SB-Foyers auf 6 bis 23 Uhr beschränken müssen.“