Podiumsdiskussion
Clankriminalität ist auch in Solingen Thema
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Essen ist eine Hochburg krimineller Großfamilien. Doch auch in Solingen ist das Thema angekommen. Ein Essener Polizeipräsident und der Solinger Ordnungsdezernent tauschten sich deshalb aus.
Von Anja Kriskofski
Razzien im Mai und Dezember 2022 machten deutlich: Clankriminalität ist auch in Solingen ein Thema. Eine der Hochburgen krimineller Großfamilien ist Essen. Wie die dortige Polizei in enger Zusammenarbeit mit anderen Behörden dagegen vorgeht, stellte jetzt der ehemalige Essener Polizeipräsident Frank Richter bei einer Podiumsdiskussion mit dem Solinger Ordnungsdezernenten Jan Welzel (CDU) in der Bergischen Volkshochschule vor. „Der Staat ist stark, wenn er will“, sagte Richter, der 47 Jahre im Polizeidienst war.
Die Clankriminalität zum Thema der Diskussionsreihe zu machen, sei bei den Veranstaltern VHS, Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) und Katholisches Bildungswerk durchaus umstritten gewesen, bekannte Moderator Prof. Dr. Jörg Becker vom DGB. Die Befürchtung: Der Begriff könne als ausländerfeindlich wahrgenommen werden. „Wir sehen aber auch, was hier passiert.“
„Wenn wir das verschweigen, wird es zu einem politischen Wechsel kommen“, sagte Frank Richter. Es gehe um kriminelle Großfamilien, „die unsere Wertvorstellungen komplett ablehnen. Das sind nicht nur arabische.“ Zu ihren Delikten zählten etwa manipulierte Geldspielautomaten, illegaler Tabakhandel, fingierte Verkehrsunfälle und Sozialhilfebetrug. Dazu lieferte Richter mitunter flapsig Geschichten aus dem Polizeialltag: zum Beispiel von einem 24-jährigen Fahrer eines Mercedes AMG, der ein Bußgeld aus einer Plastiktüte voller Geld auf dem Beifahrersitz bezahlt habe.
Bei Einsätzen sei es jedoch auch zu „Tumultlagen“ gekommen, bei denen Beamten von bis 200 Menschen umlagert worden seien. Und: Die zunehmende Kriminalität im Essener Norden sorgte bei den Bürgern für ein „stark gestörtes Sicherheitsempfinden“.
Gemeinsame Kontrollen von Stadt und Polizei
Als Maßnahmen seien ganze Straßenzüge als gefährliche Orte eingestuft worden, Videoüberwachung, verstärkte Kontrollen und eine Null-Toleranz-Politik schon bei kleineren Vergehen kamen hinzu. Außerdem sei die Zusammenarbeit mit Stadt, Steuerfahndung und anderen Behörden intensiviert worden, schilderte Richter: „Aber schnelle Lösungen gibt es nicht.“
In Solingen gebe es diese Intensität an Straftaten noch nicht, berichtete Ordnungsdezernent Welzel in der anschließenden Diskussion. „Wir haben keine No-Go-Areas, aber es gibt auch hier Menschen aus diesem Milieu.“ Deshalb fänden auch hier gemeinsame Aktionen mit der Polizei statt, bei denen unter anderem Shisha-Bars und Kneipen überprüft werden. Der Staat müsse deutlich machen, dass er das Gewaltmonopol habe, betonte Welzel. „Eine Kameraüberwachung wollen wir hingegen nicht, weil der Aufwand auch aus Sicht der Polizei nicht gerechtfertigt ist.“
„Wir haben den Fehler gemacht, dass wir unsere Regeln nicht erklärt haben“, sagte Bürgermeister Carsten Voigt (CDU), einer der Zuhörer der schwach besuchten Veranstaltung. Dabei müsse man schon bei den Jüngsten ansetzen. Dafür plädierte auch Frank Richter: Schon im Kindergarten müsse man versuchen, Kinder aus dem Teufelskreis der Kriminalität in ihren Familien herauszuholen.