30. Jahrestag am 29. Mai
Brandanschlag-Gedenken: Mahngänge und Demonstrationen sorgen für Einschränkungen
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Zum 30. Jahrestag des Brandanschlags an der Unteren Wernerstraße in Solingen wird es am Pfingstwochenende zahlreiche größere und kleinere Veranstaltungen geben. Darunter wohl auch eine Kundgebung eines bekannten Rechtsextremisten. Ein Überblick.
Von Verena Willing und Björn Boch
Solingen. Am Pfingstwochenende - ganz konkret am Sonntag und Montag - müssen sich die Solinger in der Innenstadt auf Verkehrsbehinderungen einstellen. Grund sind die zahlreichen Veranstaltungen rund um den 30. Jahrestag des Brandanschlags. Bei dem rassistischen Mordanschlag auf das Haus der Familie Genç an der Unteren Wernerstraße wurden fünf Frauen und Mädchen ermordet. Die Tat ereignete sich in der Nacht auf den 29. Mai 1993.
Brandanschlag-Gedenken: Welche Einschränkungen gibt es Pfingstsonntag?
Am Pfingstsonntag wird um 16.30 Uhr der Mercimek-Platz in Mevlüde-Genç-Platz umbenannt. Im Anschluss um 17.30 Uhr wird es von dort aus einen Mahngang zur Unteren Wernerstraße geben. „Dabei kann es zu Verkehrsbehinderungen kommen“, so Stadtsprecher Daniel Hadrys. Die Polizei erklärt, sie wolle die Auswirkungen für Verkehrsteilnehmer gering halten. An der Unteren Wernerstraße wird es um 18 Uhr ein Gebet geben. Die Anwohner, die unmittelbar betroffen sind, wurden im Vorfeld von der Stadt Solingen über Einschränkungen und Parkverbote an Pfingstsonntag und Pfingstmontag informiert.
Brandanschlag-Gedenken: Festakt und angemeldete Demonstrationen am Pfingstmontag
Am Pfingstmontag, 29. Mai, gibt es zunächst wieder eine Veranstaltung an der Unteren Wernerstraße. Dort werden die Gedenkstelen, die die Jugendhilfewerkstatt angefertigt hat, eingeweiht. In diesem Zusammenhang findet von 11 bis 12.30 Uhr eine Andacht statt. 750 Teilnehmer werden erwartet. Im Anschluss wird es einen gemeinsamen Aufzug zur Hauptveranstaltung im Theater und Konzerthaus geben.
Sperrungen, Parkverbot - das müssen Autofahrer wissen
Autofahrer sollten den Bereich zwischen Untere Wernerstraße/ Kuller Straße und Schlagbaum in der Zeit zwischen 11 und 12.30 Uhr meiden, da es immer wieder zu kurzzeitigen Sperrungen kommen kann.
Zwischen 12 und 14 Uhr und nach 16 Uhr wird es – wegen des Festaktes für geladene Gäste – rund um das Theater zu Einschränkungen kommen, absolute Halteverbote sind bereits eingerichtet. Während sich die Gäste einfinden, ziehen Teilnehmer einer anderen Gedenkveranstaltung vom Neumarkt in Richtung Untere Wernerstraße. Zu diesem Gedenken, das „Solingen 93 – Unutturmayacağiz! Niemals vergessen!“ veranstaltet, werden 500 Teilnehmer erwartet.
Zum Gedenken wird es erstmals eine Fahrradsternfahrt geben, bei der etwa 20 Teilnehmer erwartet werden. Sie startet am Hauptbahnhof in Ohligs und soll über innerstädtische Straßen bis zur Merianstraße führen. In diesem Zusammenhang rechnet die Polizei nicht mit Einschränkungen.
Brandanschlag-Gedenken: Polizei ist an beiden Tagen mit zahlreichen Kräften in Solingen im Einsatz
Grundsätzlich erwarte die Polizei einen störungsfreien Verlauf, hieß es noch am Montag auf Tageblatt-Nachfrage. Nun kursiert eine Meldung im Internet, die für Unruhe sorgt: Der Rechtsextremist, verurteilte Holocaustleugner und Antisemit Nikolai Nerling hat für 29. Mai in Solingen eine Demonstration angemeldet, zu der er laut Polizei „etwa 10 Teilnehmende“ erwartet. Dazu Alexander Kresta, Sprecher der Polizeibehörde Wuppertal: „Die Versammlung ist bislang weder bestätigt noch verboten worden. Weitere Entscheidungen im Verwaltungsverfahren der Polizei stehen noch aus.“
In einem Video, das der gebürtige Niedersachse Nerling veröffentlicht hat, erklärt er, dass er den Brandanschlag für eine Inszenierung hält – und die vier rechtskräftig verurteilten Täter für unschuldig. Nerling ist kein Unbekannter: Der ehemalige Grundschullehrer taucht seit vielen Jahren auf Veranstaltungen von Neonazis auf, teils als Redner. Auch bei Corona-Protesten machte Nerling mit Verschwörungsmythen auf sich aufmerksam.
Als Reaktion auf Nerlings Ankündigung ruft die Partei Die Linke dazu auf, sich an der Kundgebung auf dem Neumarkt zu beteiligen. Die Bundesvorsitzende Janine Wissler sowie die Bundestagsabgeordnete Kathrin Vogler wollen dazu nach Solingen kommen.
Alle Informationen und Artikel zum Brandanschlag in Solingen haben wir auf einer Themenseite für unsere Leser zusammengefasst.
Kommentar von Verena Willing: Unerträglich
Dass ausgerechnet ein Rechtsextremist, verurteilter Holocaust-Leugner und Antisemit am 29. Mai für eine Demonstration nach Solingen kommen will, ist unerträglich. Die Stadt trauert an diesem Tag gemeinsam mit Familie Genç um fünf Angehörige, die wohlgemerkt durch die Tat von vier jungen Neonazis zu Tode kamen. Und nun möchte einer, der eben dieser Ideologie anhängig ist, das Gedenken stören.
Ja, ein Rechtsstaat muss auch so etwas aushalten, sofern sich der Mann an die Regeln hält. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass es wütend macht. Wütend, weil Familie Genç auch 30 Jahre nach der schrecklichsten Nacht in ihrem Leben mit rassistischen Verschwörungserzählungen und Lügen über die Tatnacht konfrontiert wird – nicht nur, aber vor allem in sozialen Netzwerken.
Umso wichtiger ist es, dass wir alle in der Realität als Stadtgesellschaft an der Seite der Familie Genç stehen – und das nicht nur zum Gedenken einmal im Jahr.