Nach tödlichen Schüssen in Dortmund
Bodycams bei der Polizei: Gewerkschaft befürwortet Tragepflicht
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Eine Videoüberwachung im Einsatz kann Vorteile haben, beinhaltet aber auch kritische Aspekte für die Polizeiarbeit.
Von Kristin Dowe
Solingen. Erst 2019 hatte der Fall eines Polizeibeamten für Aufsehen gesorgt, der in Solingen im Zuge eines Einsatzes tödliche Schüsse gegen einen 46-jährigen Familienvater abgegeben hatte. Die Behörden erkannten in seinem Vorgehen Notwehr, doch gerade in solchen Fällen kann eine Bodycam für die spätere Analyse und mögliche rechtliche Konsequenzen wohl wertvolle Dienste leisten. Geht es nach NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU), sollen Polizisten in NRW die Geräte bald verbindlich im Einsatz tragen müssen. Eine Pflicht, die Kamera auch einzuschalten, gibt es hingegen nicht – diese Entscheidung dürfen die Beamten je nach Situation selbst treffen.
„Was soll das Gesetz dann bringen?“, fragt sich Björn Lüdtke, stellvertretender Vorsitzender der Kreisgruppe Bergisches Land der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Aus Gewerkschaftssicht sehe er den Vorstoß mit gemischten Gefühlen. „Auf der einen Seite schützt eine Bodycam im Einsatz den Kollegen, der tadellos einschreitet. Schließlich müssen wir uns nicht verstecken. Auf der anderen Seite sehe ich es kritisch, dass die Kameras als Überwachungsinstrumente gegen die Kollegen verwendet werden könnten.“ Derweil gebe es bei den Polizeibeamten im Bergischen Städtedreieck insgesamt bereits eine hohe Akzeptanz der Bodycams.
Kameras wirken abschreckend auf Angreifer
Auch hätten die Kameras im Einsatz erwiesenermaßen eine abschreckende Wirkung auf gewaltbereite Personen. „Die Hemmschwelle, uns anzugreifen oder zu beleidigen, sinkt deutlich. Das ist schon ein klarer Vorteil“, betont Lüdtke. Gleichzeitig bringe das geplante Gesetz rechtliche Grauzonen und ein hohes Maß an Eigenverantwortung für die Beamten mit sich, da längst nicht immer klar sei, ob das Einschalten der Kamera sinnvoll oder eher kontraproduktiv wäre. Diese Entscheidung müsse in schwierigen Einsatzsituationen blitzschnell getroffen werden. „Wir erleben ja Bürgerinnen und Bürger auch in höchst sensiblen Momenten“, gibt Björn Lüdtke zu bedenken. „Da kann das Filmen auch problematische Folgen haben.“ Mit Blick auf solche Fragen sehe er noch Fortbildungsbedarf für die Beamten. Die Geräte könnten generell problemlos an der Uniform angebracht werden und seien einfach zu bedienen.
Hintergrund von Reuls Ansinnen ist ein Fall aus Dortmund, bei dem ein Polizeibeamter einen 16-jährigen Flüchtling aus dem Senegal im Einsatz erschossen hatte. Die Polizisten waren wegen Suizidgefahr eingeschritten – der Jugendliche hatte gedroht, sich mit einem Messer umzubringen.