Correctiv-Recherchen decken auf
Bergische Universität: Darum ist die Kooperation mit China umstritten
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Die Bergische Universität ist eine von 50 befragten Universitäten in Deutschland, die aktiv mit akademischen Einrichtungen in China zusammenarbeiten.
Von Kristin Dowe
Solingen/ Wuppertal. Deutsche Universitäten, die im Wissenschaftsbetrieb in der oberen Liga mitspielen möchten, kommen an internationalen Kooperationen mit anderen Forschungseinrichtungen kaum vorbei. Was aber, wenn sich die jeweilige Partner-Universität in einem Land wie China befindet, in dem eine fragwürdige Menschenrechtslage herrscht und zudem die Gefahr besteht, dass sensibles Wissen aus gemeinsamen Forschungsprojekten seitens der Regierung für militärische Zwecke missbraucht werden könnte?
Der Umgang mit dieser Frage ist auch für die Bergische Universität Wuppertal eine ständige Gratwanderung, wie in einer Untersuchung des Recherchenetzwerks Correctiv, mit dem auch das Solinger Tageblatt zusammenarbeitet, und weiteren beteiligten Medien deutlich wird.
Demnach ist die Bergische Universität eine von 50 befragten Universitäten in Deutschland, die aktiv mit akademischen Einrichtungen in China zusammenarbeiten. Zwar verzichtet sie den Angaben zufolge auf eine Kooperation mit „Seven Sons of National Defense“, eine chinesische Hochschulvereinigung bestehend aus sieben Universitäten, die alle eng mit der chinesischen „Volksbefreiungsarmee“ zusammenarbeiten. Dennoch sehen politische Beobachter auch andere gemeinsame Forschungsprojekte mit Skepsis, bei denen es zu sogenannten „Dual-Use“-Fällen kommen könnte und Forschungsergebnisse somit sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke genutzt werden könnten.
„Die Forschungs-freiheit beinhaltet auch die freie Wahl der Kooperations- partner.“
Folgt man Sprecherin Corinna Dönges, hat sich die Bergische Universität bereits eingehend mit der Problematik beschäftigt. „Grundsätzlich beinhaltet die Forschungsfreiheit auch die freie Wahl der Kooperationspartner“, hält sie fest. „Es gilt allerdings, die Mitglieder der Bergischen Universität zu sensibilisieren und überdies interne Prüfmechanismen und Verfahren des Risiko- und Sicherheitsmanagements zu etablieren.“ Auf diese Linie lege auch Rektor Lambert T. Koch großen Wert, der sich im August aus dem Amt verabschieden wird; seine Nachfolge wird die Wirtschaftswissenschaftlerin und Hochschulmanagerin Prof. Dr. Birgitta Wolff antreten.
Aktuell unterhalte die Bergische Universität Kooperationsverträge mit fünf chinesischen Universitäten, bei denen es schwerpunktmäßig um den inhaltlichen Austausch zwischen Studierenden und Lehrenden gehe. Während diese Zusammenarbeit vornehmlich in Fächern wie Psychologie, Wirtschafts- oder Geisteswissenschaften stattfinde, gebe es zudem eine Kooperation in zwei Projekten innerhalb von „Horizon“, einem Rahmenprogramm der Europäischen Union für Forschung und Innovation. Die jeweiligen Arbeitsgruppen bezögen sich auf physikalische und theoretische Chemie sowie auf Zellbiologie. Dönges gibt sich optimistisch: „Der Missbrauch von Wissen für militärische Zwecke ist bei den betreffenden Inhalten und Fächern sehr unwahrscheinlich.“ Zudem müssten die Universitäten bei den beiden Horizon-Projekten zu den Zwecken eines Forschungsvorhabens ausführlich Stellung beziehen. „Die Anträge wurden durch die Europäische Kommission im Hinblick auf ethische Fragestellungen vor Unterzeichnung der EU-Finanzhilfevereinbarung geprüft. Kooperationsbeziehungen und Einzelaktivitäten der Bergischen Universität mit chinesischen Partnern sind grundsätzlich auf Gegenseitigkeit ausgerichtet und an europäischen Werten orientiert“, führt Dönges weiter aus.
Bei Expertinnen und Experten stoßen solche Kooperationen dennoch auf Skepsis. „Man gibt im Grunde genommen Wissen weiter und lässt zu, dass andere das eigene offene System nutzen und es für ganz andere Zwecke einsetzen“, wird die Wissenschaftlerin und China-Kennerin Didi Kirsten Tatlow von Correctiv zitiert. „Wir füttern damit ein System, das uns im Grunde genommen verdrängen will.“
Hintergrund
Die Bergische Universität führt weitere Präventionsmaßnahmen bezüglich der Zusammenarbeit mit China an. Dazu gehören u. a. der Einsatz eines Sicherheitsbeauftragten, Zutritts- und Zugriffsberechtigungen, Firewalls und Virenscanner. Den Correctiv-Artikel gibt es online.