Immer mehr Sichtungen in der Region

In Solingen wächst die Sorge vor dem Wolf

Der Wolf hat mittlerweile vier Gebiete in NRW – eines davon seit 2020 im Oberbergischen Kreis.
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Der Wolf hat mittlerweile vier Gebiete in NRW – eines davon seit 2020 im Oberbergischen Kreis.

In den vergangenen Wochen wurden immer wieder Wolfssichtungen gemeldet. Zuletzt auch in Solingens Nachbarstadt Wermelskirchen. Warum eine Ansiedlung des Wolfes hier dennoch eher unwahrscheinlich ist, erklärt ein Experte.

Von Björn Boch

Solingen. Eine Wolfssichtung in der Nachbarstadt Wermelskirchen sorgt bei Solinger Bauern für Aufregung. „Für uns ist das eine Katastrophe“, sagt Karl-Otto Dickhoven, Sprecher der Ortsbauernschaft, auf Tageblatt-Anfrage. Ein Wolf gefährde die Weidetiere, egal ob Rind, Pferd oder Schaf. „Die Tiere werden panisch, wenn sie den Wolf nur riechen. Dann rennen sie Zäune um und laufen auf die Straße. Dabei verletzen sie sich selbst und gefährden Menschen.“

Wie berichtet war eine 14-jährige Wermelskirchenerin Mitte Januar im Eifgen mit ihrem Pony und ihrem Labrador-Mischling im Wald unterwegs, als sie auf der anderen Seite eines Bachs einen Wolf entdeckte. Der Inhaber des dortigen Jagdreviers bestätigte Wolfssichtungen. Die gab es im Bergischen unter anderem in Radevormwald, Hückeswagen und Wipperfürth.

„In Ostdeutschland mag das mit dem Wolf funktionieren, hier ist es zu eng.“

Karl-Otto Dickhoven, Sprecher der Ortsbauernschaft

Karl-Otto Dickhoven, der Landwirt, Jäger und Reiter ist, spricht sich dafür aus, den Wolf „zu dezimieren und konsequent zu bejagen“. Im Ballungsgebiet Bergisches Land gebe es einfach zu viele Menschen, Pferde und Hunde. „In Ostdeutschland mag das mit dem Wolf funktionieren, hier ist es einfach zu eng.“

Karl-Otto Dickhoven spricht für die Solinger Ortsbauernschaft.

Das Landesamt für Natur und Umwelt weist darauf hin, dass der Wolf eine international streng geschützte Tierart ist. Es ist verboten, ihn zu fangen, zu verletzen oder zu töten. „Handlungsmöglichkeiten bestehen nur bei einzelnen Exemplaren, die dem Menschen aufgrund individueller Verhaltensauffälligkeiten zu nahe kommen – oder wiederholt gesicherte Zäune überwinden, um Nutztiere zu töten.“

Bauernsprecher Karl-Otto Dickhoven plädiert daher dafür, Wölfe einzufangen und im Osten wieder auszuwildern, wenn man sie nicht abschießen dürfe. „Oder muss erst etwas passieren?“

Dass sich Wölfe im bergischen Städtedreieck niederlassen, hält Dr. Jan Boomers von der Biologischen Station Mittlere Wupper für unwahrscheinlich. „Je dichter besiedelt der Raum ist, desto schwieriger ist eine Ansiedlung.“ Generell sei NRW wegen der hohen Bevölkerungsdichte für den störungsempfindlichen Wolf ein besonders schwieriges Terrain. Doch auch hier gebe es mittlerweile vier Wolfsgebiete. Eines davon liegt seit 2020 in Teilen des Oberbergischen und des Rhein-Sieg-Kreises. „Da Jungwölfe auf der Suche nach einem freien Revier lange Strecken von mehreren Hundert Kilometern überbrücken, ist die Sichtung durchziehender Wölfe im Städtedreieck in der Zukunft möglich.“

Dr. Jan Boomers von der Biologischen Station Mittlere Wupper.

Die Gefahr für Menschen sei aber gering. „Dass ein Mensch bei einer Wanderung im Bergischen Land einen Wolf zu Gesicht bekommt, ist äußerst unwahrscheinlich, denn Wölfe meiden in der Regel die Nähe des Menschen“, so Boomers, der Verständnis für die Landwirte hat. „Das Hauptproblem ist, dass Wölfe sich nicht nur von Rehen und anderen Wildtieren ernähren, sondern auch Nutztiere wie Schafe reißen.“

In einem Wolfsrevier müssten Nutztierhalter aufwendig aufrüsten, etwa mit speziellen Zäunen. „Innerhalb von Wolfsgebieten besteht die Gefahr, dass Kleinbetriebe die Tierhaltung aufgeben. Dies kann Auswirkungen auf unsere Kulturlandschaft und Landschaftsstruktur haben, wenn Wiesen und Weiden für die Biodiversität verloren gehen.“

Die Ausrottung des Wolfes habe allerdings eine Lücke ins Ökosystem gerissen. Der Wolf fresse häufig kranke und schwache Tiere. Boomers: „Durch die Rückkehr des Wolfes haben Wildtiere wie Hirsche, Rehe oder Wildschweine ihren natürlichen Kontrahenten zurück, der verhindern kann, dass die Rehpopulation zu groß wird.“ Zu große Rehbestände etwa stören durch starken Verbiss von jungen Bäumen die Verjüngung des Waldes. Jäger und Bauer Karl-Otto Dickhoven will das nicht gelten lassen. „Wir Jäger sind dafür da, die Bestände von Reh- und Schwarzwild im Zaum zu halten.“

Jan Boomers schlägt einen „Runden Tisch Wolf“ zur frühzeitigen Information der Bevölkerung und „Vermeidung unbegründeter Panik“ vor, gemeinsam mit der Land- und Forstwirtschaft. Wichtig sei ein koordiniertes Vorgehen. „Denn eines steht fest: Der Mensch muss wieder lernen mit dem Wolf zu leben.“

www.bsmw.de

Beratung

Wer Beratungsbedarf hat, etwa zum Schutz einer Herde, kann sich an Naturschutzbehörden, die Biologische Station oder an den Wolfsberater des Regionalforstamtes Bergisches Land in Gummersbach wenden: Tel. (0 22 61) 7 01 03 04.

tobias.kreckel@wald-und-holz.nrw.de

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