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Uni-Rektorin: „Wuppertal wird total unterschätzt“
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Rektorin Birgitta Wolff berichtete über ihre Pläne für die Bergische Uni.
Von Michael Bosse
Wuppertal. Als Wissenschaftlerin wie als Ministerin gilt das Motto: Auf die Mischung kommt es an. So zumindest sieht es die neue Rektorin der Bergischen Universität, Prof. Dr. Birgitta Wolff, die seit dem 1. September die Hochschule leitet. Sie sei von den Eltern her eine Mischung aus Rheinland (Mutter) und Westfalen (Vater), erzählt die 57-jährige Wirtschaftswissenschaftlerin bei einem Podiumsgespräch in der evangelischen City-Kirche in Elberfeld.
Diesen persönlichen Hintergrund teile sie mit ihrem Arbeitsort Wuppertal, der ja auch an der Grenze von Westfalen und Rheinland liege. „Diese Kombination verträgt sich sehr gut – da finde ich mich schon wieder“, erklärt die gebürtige Münsteranerin bei der von der Journalistin Michaela Heiser moderierten Veranstaltung. Insofern sehe sie ihre neue Aufgabe durchweg positiv, setze auf den „Spirit“ der vor allem mittelständisch geprägten Wirtschaftsregion und die Kooperation der Uni mit Unternehmen, anderen Hochschulen und außeruniversitären Instituten.
Die Entwicklung der Bergischen Uni unter der Führung ihres Vorgängers Lambert T. Koch zeichnet sie auf jeden Fall in leuchtenden Farben. Kaum eine Uni in Deutschland habe sich in den vergangenen 15 Jahren „so toll und dynamisch entwickelt wie diese“.
Dass Wolff gleichwohl noch einiges am Image des Standortes – sowohl in Fremd- wie Selbstwahrnehmung – optimieren kann, weiß sie. „Ich werde täglich gefragt, ob ich es schon wieder bereue“, sagt sie mit Blick auf ihre Entscheidung, die Führungsposition an der Bergischen Uni zu übernehmen.
Mit Regionen, denen mitunter das Attribut „provinziell“ angeheftet wird, kennt sich die Rektorin allerdings aus: So war sie als Parteimitglied der CDU von 2010 bis 2013 zunächst Kultusministerin und später Ministerin für Wissenschaft und Wirtschaft des Landes Sachsen-Anhalt. „Wuppertal hat eine Sache mit Magdeburg gemeinsam – es wird total unterschätzt“, erklärt sie.
Das sollte und muss sicherlich nicht immer so bleiben und ist nach Ansicht der Rektorin mit Blick auf die Uni auch nicht gerechtfertigt. So verweist Wolff auf die Tatsache, dass die Hochschule bei ihren Forschungen auf Drittmittel in Höhe von fast 50 Millionen Euro zurückgreifen könne. Berücksichtige man, dass es an der Bergischen Uni keine medizinische Fakultät gebe, sei diese finanzielle Ausstattung schon sehr beachtlich. Vor allem die Ingenieure seien „Drittmittelkönige“, geschuldet sei das auch der Tatsache, dass es hier sehr gute Kooperationen mit heimischen Unternehmen gebe.
Wichtig ist aus ihrer Sicht zudem, dass sich die Uni weniger mit der Analyse von Problemen beschäftige, sondern mehr der Lösung derselben zuwenden sollte.
Eingeladen zu dem Abend in der City-Kirche hatte der Soroptimisten-Club Bergisch-Land/Wuppertal, eine Servicevereinigung berufstätiger Frauen. Und so geht es in dem Gespräch denn auch um die Frage, wie Birgitta Wolff als Frau Karriere gemacht hat und ob sie an „gläserne Decken“ stieß. Dabei wählte die 57-Jährige zum Start ins Berufsleben zunächst eine Banklehre, der sich ein Studium der Wirtschaftswissenschaften und Philosophie an der Privat-Uni Witten/Herdecke anschloss. Anschließend folgten unter anderem Promotion und Habilitation an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität, mehrere Gastprofessuren etwa in Washington DC sowie der Einsatz als Ministerin in Sachsen-Anhalt.
Von 2015 bis 2020 war Wolff dann Präsidentin der Goethe-Universität Frankfurt. Zudem ist sie in mehreren Gremien vertreten – unter anderem beim Essener RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung, der Volkswagen-Stiftung und dem ZDF-Verwaltungsrat.
Ein beeindruckender Lebenslauf, der aber auch seine „Dellen“ aufweist, wie es Moderatorin Heiser nennt. Da sei zum einen die Entlassung als Ministerin in Sachsen-Anhalt und zum anderen die gescheiterte Bewerbung um eine Fortsetzung ihres Amtes als Uni-Präsidentin in Frankfurt. Wolff geht offen mit diesen Phasen ihres Lebens um: „Eine Karriere verläuft nicht immer linear.“ Statt sich immer nur nach den Erwartungen anderer zu richten, solle Mann oder Frau lieber dem eigenen Kompass folgen. Ihre Erfahrungen zeigten ihr auf jeden Fall, „dass es sich lohnt, sich nicht verbiegen zu lassen“. Da beruft sich Wolff auf das Familienerbe, das sei eben ihr „westfälischer Dickschädel“.