Radverkehr, Parkplatznot, Verkehrsberuhigung

Wuppertal soll mobiler und dabei klimaschonender werden

Martin Gehr
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Dynamische Diskussion um die Möglichkeiten der Verkehrswende (von links): Henner Pasch (Bergische IHK), Jochen Stiebel (Neue Effizienz gGmbH), Ulrike Reutter (Bergische Universität), Oberbürgermeister Uwe Schneidewind sowie Ruth Mörschel (Klimamanagerin der Stadt).

Wuppertal. Es gibt viele Ideen, aber auch viel Kritik zur Initiative des Oberbürgermeisters. 

Von Martin Gehr

Wuppertals Oberbürgermeister Uwe Schneidewind hat am Donnerstagabend 25 Projekte vorgestellt, mit denen innerhalb der nächsten zwei Jahre die Mobilität in Wuppertal verbessert werden soll. Die Initiative „25 für 25“ hatte im Vorfeld im Stadtrat Kritik ausgelöst und war als „Missachtung der Entscheidungskompetenz“ des Rates charakterisiert worden.

Rund 140 Bürger waren der Einladung in die Elberfelder Citykirche gefolgt. Dort präsentierte Uwe Schneidewind einen Querschnitt an Maßnahmen. Sie reichen von einer Tempo-30-Initiative über den Ausbau der Radverkehrsnetze bis zum Umbau der Heckinghauser Straße. Auch auf dem Gehweg parkende Autos sollen aus Schlüsselquartieren bis 2025 verbannt werden, darunter in der Elberfelder Nordstadt, der Südstadt, auf dem Rott und am Kothen. „Das illegale Gehwegparken soll künftig konsequent geahndet werden.“

Schneidewind will zeigen, dass die Verkehrswende in Wuppertal nicht nur aus zwei Fahrradstraßen bestehe: „Wir werden zum Ende des Jahres einen umfassenden Maßnahmenkatalog haben.“ Dazu gehören unter anderem zehn weitere Mobilstationen mit Fahrradgaragen samt Reparaturwerkstatt sowie Haltestellen für Buslinien und Carsharing. Parallel zur B7 soll eine Fahrradachse entstehen, auch überregional sind Radwege mit Düsseldorf und Mettmann geplant. Zwischen den Barmer Anlagen und dem Nordpark soll eine Promenade entwickelt werden, der Arrenberg wird als Vorzeigequartier ausgeweitet; vorgesehen sind der barrierefreie Ausbau weiterer Haltestellen sowie ein kostenfreies Job-Ticket für die Mitarbeiter der Stadtverwaltung.

Auch ein Reallabor für „Autonomes Fahren“ sei möglich, bei dem autonom gesteuerte Fahrzeuge testweise durch Wuppertal fahren. Basierend auf der Maßnahme im Luisenviertel sollen weitere Parkplätze für eine gastronomische Nutzung geöffnet werden. Die Vorschläge wurden von prüfenden Blicken der Zuschauer begleitet.

In einer Podiumsdiskussion analysierten Vertreter der Industrie- und Handelskammer, der Bergischen Universität und der Wirtschaftsforschung die Pläne. So fragte Henner Pasch, Präsident der Bergischen IHK, ob bei dem Vorhaben, 25 weitere Bänke aufzustellen, „wohl ein oder zwei Nullen fehlen“. Schneidewind betonte, dass diese Bänke „zu deutlich günstigeren Kosten“ realisiert würden als es bei den neuen Bänken in der Fußgängerzone der Fall sei.

Ulrike Reutter, Leiterin des Forschungsgebietes Öffentliche Verkehrssysteme und Mobilitätsmanagement der Uni Wuppertal, stellte klar: „Es gibt Städte, die Maßnahmen nicht nur planen, sondern auch umsetzen. Karlsruhe, Wien, Bremen. Das ist eine Messlatte, an der sich auch Wuppertal orientieren muss.“ Bundesverkehrsminister Volker Wissing habe in dieser Woche 110 Millionen Euro für die Einrichtung von Fahrradparkhäusern versprochen. „Hebt die Hand und beantragt Fördermittel.“

Schneidewind gestand ein, „dass wir unglaublich stark darin sind, immer wieder zu erklären, warum etwas nicht funktioniert“. Henner Pasch bezog diese Gewohnheit auch auf die Bürger: „Wenn wir das 49-Euro-Ticket im Portemonnaie haben, aber kaum mit dem ÖPNV fahren, ist es das Gleiche, als wenn ich einen Mitgliedsausweis vom Fitnessstudio besitze, aber nie hingehe. Es bringt nichts.“

In einer Publikumsbefragung wurden einzelne Konzepte als notwendig, das gesamte Paket aber teilweise als „strukturlos“ bezeichnet. Nach dem Slogan „Keine Lust, kein Personal, kein Geld“ bewertete Dieter Hofmann, Vorsitzender des Vereins „Offene Kommunen NRW“ die Projekte für die Verwaltung als schwer realisierbar. Auch andere Zuhörer zweifelten an der Umsetzbarkeit, etwa Vohwinkels Bezirksbürgermeister Georg Brodmann: „Der Burgholz-Express ist schon seit Jahren im Gespräch, wird aber immer mit der Kostenkeule plattgemacht.“ Das Konzept soll Vohwinkel per Schnellbus mit den Südhöhen verbinden. Axel Windram vom Fahrgastverband Pro Bahn erwähnte: „Wir haben schon vor zwei Jahren 50 Maßnahmen vorgeschlagen, die pro Jahr fünf Millionen Euro einsparen könnten.“

Verkehr vermeiden: „Die Quartiere selbst müssen attraktiver werden“

Schneidewind verteidigte die Initiative damit, dass sie „ein Lustmacher auf die Vielfalt sein soll, mit der Mobilität gestaltet werden kann“. Der Ansatz liege auch darin, das Vertrauen in die Gestaltungskraft der Stadt zu stärken. Vielfach seien Partner aus der Wirtschaft beteiligt. So sollen bis zum Sommer E-Bikes und E-Roller auf Grundlage eines Leihsystems im Stadtgebiet verfügbar sein.

Lorenz Hoffmann, sachkundiger Bürger im Verkehrsausschuss, brachte schließlich einen Aspekt ein, der gar nicht berücksichtigt werde: „Man muss die Attraktivität der Quartiere steigern, auch im Einzelhandel, um Verkehr zu vermeiden. Viele Ladenlokale etwa an der Kaiserstraße stehen leer, sodass die Anwohner woanders hinfahren.“

Auch wenn der Plan ambitioniert ist, 25 Projekte innerhalb von zwei Jahren anzugehen, müssen bestimmte Vorhaben spätestens bis 2031 funktionieren: „Dann werden wir zwei Millionen Menschen zur Bundesgartenschau begrüßen“, prognostizierte Oberbürgermeister Schneidewind.

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