Zum Hochwasser im Sommer 2021

Wie sehr schlägt die Flut auf die Seele?

Neben materiellen Schäden kämpfen viele Betroffene im Bergischen auch psychisch mit den Folgen der Flut 2021.
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Neben materiellen Schäden kämpfen viele Betroffene im Bergischen auch psychisch mit den Folgen der Flut 2021.

Bergische Universität startet Umfrage unter Hochwasserbetroffenen und Rettern.

Von Alexandra Dulinski

Wuppertal. Die Flut im Sommer 2021 hat Schäden hinterlassen – die sichtbaren, materiellen, aber auch die unsichtbaren, psychischen. Noch immer berichten Betroffene von Angstzuständen, wenn es eine Nacht lang durchregnet und der Pegel der Wupper und der Nebenbäche langsam steigt.

Die Bergische Universität in Kooperation mit dem Kreis Euskirchen will nun herausfinden, wie die psychische Belastung unter Betroffenen und Helfern rund zwei Jahre nach der Flut aussieht. Bis 31. März ist dafür eine anonyme Online-Umfrage verfügbar, die nach den Bedürfnissen der Menschen fragt. Welche Hilfsangebote im psychosozialen Bereich hat es unmittelbar nach der Flut gegeben? Wie wurden sie genutzt? Und was hätte man anders machen können?

Katastrophenschützer sollen aus den Erkenntnissen lernen

„Ziel ist es, Handlungsempfehlungen zu entwickeln, die durch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe veröffentlicht werden“, erklärt Francesca Müller. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Wuppertaler Lehrstuhl für Bevölkerungsschutz, Katastrophenhilfe und Objektsicherheit und hat die Umfrage ins Leben gerufen. Das Projekt „Flut-Perspektive PSNV“ (Psychosoziale Notfallversorgung) soll Aufschluss darüber geben, ob Hilfsangebote bekannt waren und angenommen wurden – sowohl auf der Helferseite als auch auf seitens der Hilfsempfänger.

„Die Flut hat sowohl die Einsatzkräfte wie auch die Bevölkerung extremen psychischen Belastungen ausgesetzt“, sagt Martin Fehrmann, der Leiter Gefahrenabwehr beim Kreis Euskirchen. „Wir mussten damals in kürzester Zeit Entscheidungen treffen, um den Menschen in dieser Ausnahmesituation bestmöglich zu helfen. Jetzt wollen wir im Nachhinein die Situation und unsere Reaktion darauf in Ruhe untersuchen und klären, ob die damaligen Angebote passgenau waren oder wo es Verbesserungsbedarf gibt.“

Wie soziale Medien in der Flutnacht informiert haben

Die Umfrage richtet sich an betroffene Menschen im Kreis Euskirchen. Teilnehmen können und sollen aber auch Menschen, die in Euskirchen geholfen haben, selbst wenn sie dort nicht wohnen.

Für Francesca Müller steht noch eine weitere Frage im Mittelpunkt, über die sie sich Erkenntnisse erhofft: Wie wurden soziale Medien genutzt? Das aktuelle Forschungsprojekt „#sosmap“ hat im August an der Uni Wuppertal begonnen und analysiert die Kommunikation sozialer Medien, um psychosoziale Lagebilder in Krisen und Katastrophen anzufertigen. So wird am Ende der Umfrage danach gefragt, ob der Teilnehmer den sozialen Medien eine Information entnommen hat, die schwer zu ertragen gewesen sei. Oder ob und wie oft ein Teilnehmer selbst Inhalte während der Flutkatastrophe geteilt hat.

„Wir wollen wissen, wie sich die Katastrophe auf das Nutzungsverhalten ausgewirkt hat“, sagt Francesca Müller. Für Feuerwehren und andere Hilfsorganisationen soll so ein Methodenhandbuch entwickelt werden. „Wir dürfen die digitale Kommunikationsebene nicht ignorieren“, sagt Müller. Beispielsweise gebe es auch über Facebook Hilferufe und Hilfeaufrufe – sie geben ein Lagebild ab, das das Krisenmanagement nutzen kann.

Wissenschaftlerin hofft auf mehr  als 1000 Teilnehmer

Schon mehr als 400 Antworten hat Francesca Müller in einer Woche gesammelt. „Ich würde mich freuen, wenn es 1000 würden, um valide Aussagen treffen zu können“, sagt sie. Einige Erkenntnisse seien auch schon sehr aufschlussreich, deutet sie an. Darüber sprechen wolle sie noch nicht, um Antworten künftiger Teilnehmer nicht zu verzerren. Voraussichtlich Ende April werden die Ergebnisse dann aber feststehen. „Für Mitte bis Ende April planen wir Workshops mit den Teilnehmern. Bei einer Umfrage können wir viel statistisch analysieren, aber im Gespräch können wir noch mehr über die Hintergründe erfahren“, erklärt Müller. Spannend sei so beispielsweise die Frage, ob eine Einsatzkraft, die selbst persönlich betroffen war und Spontanhilfe geleistet hat, auch eine hohe psychische Betroffenheit zeigt – und was der Auslöser dafür ist. „Erzählen tut man das eher mal, als es in ein Textfeld zu schreiben.“

Die Erkenntnisse aus Euskirchen sollen auch anderen Kommunen zur Verfügung gestellt werden.

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