Millionenprojekte
Was kann sich Wuppertal noch leisten?
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Wuppertal. Manche Politiker zweifeln an den Millionenprojekten Gartenschau und Tanzzentrum.
Von Bernhard Romanowski
Die Materialkosten haben sich vervielfacht, Bau- und Handwerker sind derzeit kaum zu bekommen und die Stadtkasse ist weiterhin wenig prall gefüllt: Die Zeichen für ambitionierte Projekte, die der Stadt in sich und nach außen hin die richtige Strahlkraft verleihen sollen, stehen nicht gut. Auch wenn die Umsetzung von Prestigeprojekten wie der Bau des Pina-Bausch-Zentrums oder die Bundesgartenschau nicht gleich morgen auf der Agenda steht, wird manchem Zeitgenossen schon ein wenig mulmig bei der Frage: Wird Wuppertal sich das bei der derzeitigen Kostenentwicklung noch leisten können?
Anfang Juni geht esin die zweite Bewertungsphase
Bis zum 15. Dezember lief der erste Teil des Architektenwettbewerbs zum Pina-Bausch-Zentrum, das im ehemaligen Wuppertaler Schauspielhaus entstehen soll. „An dessen Ende wird nur noch eine einstellige Zahl an Kandidaten übrig bleiben“, sagt Kulturdezernent Matthias Nocke. Anfang Juni gehe es in die zweite Bewertungsphase, bei der ein Büro mit seinem Siegerentwurf übrig bleibt. „Über die Kosten und deren Bewilligung sagt das noch gar nichts.“ Um den finanziellen Part gehe es anschließend, so der Dezernent. Und zwar bei der „Leistungsphase 3 nach DIN 276 der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI)“, wie das auf Amtsdeutsch heißt und schlicht die Kostenberechnung meint.
Die Kostenberechnung dient als Grundlage für die Entscheidung über die Entwurfsplanung. Diese umfasst die Planungsunterlagen wie etwa durchgearbeitete, gegebenenfalls auch Detailpläne mehrfach wiederkehrender Raumgruppen, Erläuterungen zur organisatorischen und terminlichen Abwicklung des Bauprojekts. Dazu werden den politischen Gremien und auch den Bürgern noch Informationen zu gegebener Zeit geliefert, wie Nocke ankündigt. „Insgesamt sind wir auf einem guten Weg“, sagt er, nachdem er im Januar noch bei zuständigen Stellen in Düsseldorf positive Signale erhalten habe. Auch mit dem Bund sei man im Gespräch. Bund und Land sind wichtige Fördergeldgeber. Es gebe Überlegungen, den Prozess zu beschleunigen. „Aber das ist ein anspruchsvolles Vorhaben, und wir dürfen keine Fehler machen“, betont Nocke.
Der Wuppertaler Interims-Kämmerer Stefan Kühn ist sich des in vielfacher und auch finanzieller Hinsicht ambitionierten Anspruchs beider Projekte – Pina-Bausch-Zentrum und Buga – durchaus bewusst. Er verweist ebenfalls auf den Umstand, dass eine genaue Kostenberechnung derzeit noch gar nicht seriös wäre und zeigt sich optimistisch, dass seinem Amtsnachfolger die Durchführung der beiden geplanten Projekte gelingen kann.
Politiker wollen Projekte mit Strahlkraft für die Stadt
Für die CDU-Fraktion ist wichtig, dass die beiden Projekte – Bausch-Zentrum und Buga – nicht gegeneinander ausgespielt werden. „Wir sind davon überzeugt, dass durch die Projekte unterschiedliche Zielgruppen erreicht werden sollen und dementsprechend beide entscheidend sind für die Entwicklung unserer Stadt“, teilen die Fraktionsvorsitzenden Caroline Lünenschloss und Ludger Kineke mit. Während das Pina-Bausch-Zentrum globale Strahlkraft haben werde, ziehe die Buga Publikum aus ganz Deutschland an. Deshalb setze sich die CDU-Fraktion für beide Projekte ein.
Dabei habe die Fraktion einen besonderen Fokus auf die Finanzierung und verfolge aktuell verschiedene Projekte, um die Wirtschaft zu stärken, damit sich die städtischen Finanzen wieder besser entwickeln. „Außerdem werden wir die Entwicklung der Kosten weiter im Auge behalten und – wenn nötig – gegensteuern. Klar ist: Die dringend notwendige Entwicklung unserer Stadt ist ohne Investitionen nicht möglich“, meinen die Christdemokraten. „Beide Projekte wollen wir realisieren. Ein gegeneinander Ausspielen würden wir nicht mitmachen“, teilt Alexander Schmidt als Fraktionschef der FDP im Stadtrat mit. „Natürlich wird es eine herausfordernde Aufgabe, beide Projekte zu finanzieren. Dieser Aufgabe müssen wir uns unter Hilfe durch Land und Bund stellen.“
Linke sieht sich in ihrer Auffassung bestätigt
Und wie steht die Linke zu der projektbezogenen Gretchenfrage? Die Fraktion hatte im Rat gegen die Buga 2031 gestimmt, weil die Stadt Wuppertal sich die Veranstaltung nicht leisten könne. „Bekanntlich war das auch die Einschätzung des damaligen Kämmerers Johannes Slawig“, erläutert Gerd-Peter Zielezinski als Fraktionsvorsitzender der Wuppertaler Linken. „Wegen der immensen Steigerung der Baukosten sehen wir uns in unserer Auffassung bestätigt. Wenn die Stadt an diesem Projekt weiter festhält, kann das nur zulasten anderer wichtiger Projekte gehen.“
Das Pina-Bausch-Zentrum werde indessen international wahrgenommen. „Sollte die Stadt statt des Zentrums eine Buga finanzieren, würde das national und international auf Unverständnis stoßen“, meinen die Linken und geben zu bedenken: „Eine Buga hatten schon viele Städte, und sie ist nur ein Halbjahresprojekt. Das Pina-Bausch-Zentrum aber ist dauerhaft und einzigartig und wird Wuppertal international bekannt machen.“
Ralf Geisendörfer von der Ratsgruppe der Freien Wähler sagt: „Die finanziellen Gestaltungsmöglichkeiten werden immer schwieriger. Diese Spinnerei Buga ist mit dem neuen Baupreisindex nicht zu stemmen. Zwei Großprojekte in dieser Dimension schaffen wir nicht.“ Er verweist zudem auf eine weitere Wuppertaler Institution: „Der Zoo will eine Elefantenanlage für mindestens schlappe 30 Millionen. Eine Gesamtschule, die rund 100 Millionen kosten wird, wollen wir in Wuppertal auch.“
Während viele andere Schulen in einem desolaten Zustand seien und im Kindergartenbereich Nachholbedarf herrsche, könne es keine andere Entscheidung geben, als „die Buga fallen zu lassen“, so Geisendörfer. „Gehen wir den Weg von Rostock – ein Weg mit Courage. Alles andere ist dumm und nicht finanzierbar“, so die Einschätzung des gebürtigen Franken mit Blick auf die Entscheidung der Rostocker Bürgerschaft, die Bundesgartenschau 2025 abzusagen.
Dabei handelt es sich um die erste Absage der Veranstaltung in ihrer sieben Jahrzehnte währenden Geschichte. Die SPD-Fraktion, die Fraktion der Grünen und Oberbürgermeister Uwe Schneidewind haben auf unsere Anfrage bislang nicht geantwortet.