Buchstaben- und Zahlencodes
Nazikennzeichen führen zu Streit
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Auf dem rechten Auge blind? Grüne macht Stadtverwaltung schweren Vorwurf – CDU reagiert prompt.
Remscheid. NS (Nationalsozialismus), KZ (Konzentrationslager), SS (Schutzstaffel), SA (Sturmabteilung), HJ (Hitlerjugend) sind als amtliche Kennzeichen im Straßenverkehr verboten. Seit dem 30. Mai 1988 greift der bis heute gültige Runderlass des NRW-Ministeriums für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr. Die Anordnung war auf den Weg gebracht worden, weil Ende der 80er-Jahre Rechtsextreme durch Nummernschilder versucht hatten zu ersetzen, was anderswo als Tragen verfassungsfeindlicher Symbole strafbar hätte sein können.
Damals war allerdings nicht berücksichtigt worden, dass nationalsozialistische Kürzel mit versteckten Zahlencodes (wie 88 – als achter Buchstabe des Alphabets für HH) am Kennzeichen umgangen werden können. So steht es in der Antwort aus dem Rathaus auf eine Anfrage von Ratsmitglied Lars Jochimsen (Grüne).
Grundsätzlich, teilte Rechtsdezernentin Barbara Reul-Nocke im Ausschuss für Bürgerservice, Ordnung und Sicherheit (BOS) mit, regele § 8, Absatz 1, Satz 3 der Fahrzeugzulassungsverordnung, dass die Kombination aus Unterscheidungszeichen und Erkennungsnummern (Buchstaben und Zahlen) nicht gegen die guten Sitten verstoßen dürfen.
Was nicht durch die Bundesländer geregelt sei, liege im Ermessen der jeweiligen Zulassungsbehörde. Doch was ist anstößig, was Ausdruck einer politischen Gesinnung? Ordnungsamtsleiter Arndt Liesenfeld verwies auf ein Gerichtsverfahren, bei der einer Dame zugestanden worden war, „HH 88“ zu behalten, weil es für ihren Namen und ein Geburtsdatum stehe. Andererseits ist „HH 1933“ als offensichtliche Nazi-Referenz verboten worden. HH könne für Heil Hitler stehen, 1933 für das Jahr der Machtergreifung. Im schleswig-holsteinischen Kreis Steinburg darf derweil kein Nummernschild die Buchstabenkombination „AN“ tragen, denn das Ortskürzel lautet „IZ“ – für Itzehoe. Ein Kennzeichen mit „IZAN“ könnte für Nazi rückwärts gelesen stehen.
Barbara Reul-Nocke verwies auf die Schwierigkeit, in solchen Fällen abzuwägen. „Wer der Zahlencodes der Szene nicht mächtig ist, wird unter einen Allgemeinverdacht gestellt“, erläuterte sie.
Susanne Fiedler (Grüne) fand die Antwort der Stadtverwaltung „harmlos und unsensibel“. Wenn man wisse, dass Neo-Nazis über geheime Zahlencodes kommunizieren, könnten Kfz-Kennzeichen genutzt werden, unsere demokratische Gesellschaft zu demontieren. Die Grüne brandmarkte das als „Schande“ und wertete den Inhalt der städtischen Antwort als „bürokratische Gleichgültigkeit“. Abschließend unterstellte sie der Verwaltung: „Man könnte folgern, sie sind auf dem rechten Auge blind.“
Eine „abscheuliche Anschuldigung“ nennt das die CDU. „Diese Äußerung ist unangemessen und unbegründet“, erklärt ihr Sprecher Roland Gedig und fordert eine öffentliche Entschuldigung von der Grünen. „Die Koalitionspartner SPD und FDP müssen sich entscheiden, auf welcher Seite sie stehen: auf der von Frau Fiedler oder auf der der städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“
OB weist Vorwurf entschieden zurück¶
Die Unterstellung der Stadträtin Susanne Fiedler (Grüne) im Ausschuss für Bürgerservice, Ordnung und Sicherheit (BOS) bei einer möglichen Vergabe von Autokennzeichen mit rechtsradikaler Symbolik, „man könne meinen, die Verwaltung sei auf dem rechten Auge blind“, wiesen nicht nur Rechtsdezernentin Barbara Reul-Nocke und Ordnungsamtsleiter Arndt Liesenfeld im BOS entschieden zurück, auch Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz reagiert sehr deutlich. „Diese Behauptung von Frau Fiedler ist völlig unangemessen“, stellt sich der OB schützend vor seine Mitarbeiter.
Z steht für Krieg
Der jüngste Verbotsfall ist das Z. In Russland steht es für den Angriff auf die Ukraine. Auf Kennzeichen ist das Z in Deutschland nicht verboten. Ein russischstämmiger Deutscher aber wurde jüngst verurteilt, weil er das Z auf dem T-Shirt trug.