Flucht
Remscheid genießt bei Menschen aus der Ukraine einen guten Ruf
- 0 Kommentare
-
Feedback
schließen
- Weitere
Flüchtlinge: Der Betrieb in der Erstaufnahmeeinrichtung hat sich normalisiert.
Von Sven Schlickowey
Remscheid. Etwas mehr als 800 Geflüchtete aus der Ukraine leben aktuell in Remscheid - die allermeisten sind auf eigenen Wunsch in die Werkzeugstadt gekommen. „Von den 813 hier gemeldeten geflüchteten Menschen wurden uns 161 vom Land zugewiesen“, berichtet Stadtsprecherin Viola Juric. Ein Wert, der sich inzwischen seit zwei Wochen nicht verändert habe.
Dass auch ohne Zuweisung weiterhin Menschen aus dem vom Krieg gebeutelten Land ihren Weg nach Remscheid finden, liege nicht zuletzt daran, dass sich die Stadt einen guten Ruf unter den Ukrainern erarbeitet hat, hat Thomas Kugel, Leiter der Erstaufnahmeeinrichtung in der Halle Hölterfeld, beobachtet. Ehemalige wie aktuelle Bewohner der Übergangsunterkunft würden diese regelmäßig an Landsleute, die noch auf dem Weg sind, weiterempfehlen, berichtet Kugel. Das hätten unter anderem Umfragen unter den Bewohnern bestätigt.
„Diesen Werbeeffekt sehen wir mit einem lachenden und einem weinenden Auge“, sagt der Verwaltungsmitarbeiter. Zum einen verursache jeder Geflüchtete Kosten für die ohnehin klamme Stadt, zum anderen zeige die „verstärkte Nachfrage“, dass „wir hier nicht alles falsch machen.“
Tatsächlich hätten sich die Abläufe nach einem teilweise chaotischen Start (Kugel: „Wir haben ja schon im Aufbau mit der Belegung begonnen.“) bis heute gut eingespielt: „Wir sind inzwischen eine sehr routinierte Einrichtung.“ Die ersten Termine bei der Ausländerbehörde würden meist innerhalb von zwei bis drei Werktagen nach der Ankunft stattfinden, und auch das Jobcenter nehme stets zeitnah Kontakt mit den neuen Kunden auf. Ähnliches gelte für das Gesundheitsamt, das bei jedem Neuankömmling einen ersten Check durchführe. Kugel: „Wir haben hier alles, von einer Versorgung mit notwendigen Medikamenten bis zu unbehandelten Kriegsverletzungen.“
Zur Philosophie der Stadt gehöre aber nicht nur, die behördlichen Vorgänge abzuwickeln, betont Thomas Kugel: „Wir wollen die Menschen auch an das soziale und gesellschaftliche System andocken.“ So würden immer wieder Vereine und andere Institutionen aus Kultur und Sport ihr Angebot in der Einrichtung vorstellen. „Ziel sind aber keine geschlossenen Gruppen für Geflüchtete“, sagt Kugel. Stattdessen sollen die Ukrainerinnen und Ukrainer Anschluss an bestehende Gruppen finden.
Im Juli startet zudem ein erster Deutsch-Kurs in der Einrichtung. „Dafür konnten wir ein pensioniertes Lehrer-Ehepaar gewinnen“, berichtet Kugel. Und die benachbarte Kita Hölterfeld organisiert an vier Vormittagen eine Kinderbetreuung in der Einrichtung, für viele Geflüchtete die Voraussetzung, um solche Angebote nutzen können.
Maximal 124 Plätze bietet die Erstaufnahmeeinrichtung in Hölterfeld, belegt sei derzeit gut die Hälfte, sagt ihr Leiter. Bis es für die Geflüchteten in eine eigene Wohnung gehe, dauere es im Schnitt sechs bis acht Wochen, so Kugel. „Das liegt vor allem am Wohnungsangebot.“