ÖPNV
Normaler Busfahrplan erst wieder im Herbst
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Weil Personal fehlt, haben die Wuppertaler Stadtwerke seit November Fahrten gestrichen.
Von Anne Palka
Wuppertal. Eigentlich sollten die Busse ab Frühjahr wieder nach dem normalen Fahrplan unterwegs sein. Im November hatten die Stadtwerke wegen Personalmangels Fahrten gestrichen. Nun steht fest, dass der Fahrplan bis auf Weiteres ausgedünnt bleibt. „Wir fahren weiterhin mit dem verminderten Angebot, weil trotz zusätzlichen Fahrerinnen und Fahrern die Personaldecke im Busbereich für eine Rückkehr zum ‚normalen‘ Fahrplan zu dünn ist“, sagt Stadtwerke-Sprecher Holger Stephan. Das neue Ziel: Nach den Herbstferien soll wieder der alte Fahrplan gelten. „Da das Fahrpersonal schrittweise eingestellt und ausgebildet wird, ist vorgesehen, nach den Sommerferien 2023 bereits Teile des früheren Fahrplanangebots wieder zu fahren.“
Kritik kommt aus Cronenberg. Bezirksbürgermeisterin Miriam Scherff (SPD) sagt: „Sowohl die Grundversorgung durch die Linie 625 als auch eine schnelle Anbindung an die Innenstadt durch den CE64 sind nicht mehr gewährleistet.“ Beide Linien fahren ab 9.30 Uhr nur noch alle 30 statt 20 Minuten. Die Situation sei für viele Bürger untragbar. „Das unterstützen wir in vollem Umfang, Cronenberg ist besonders betroffen“, bestätigt Axel Sindram vom Fahrgastverband Pro Bahn im Bergischen Land. Miriam Scherff fordert von den Stadtwerken „einen konkreten Zeitplan, wie in Zukunft wenigstens die Grundsicherung im ÖPNV gewahrt werden kann und welche Maßnahmen ergriffen werden, um dem Fahrermangel entgegenzuwirken.“ Die Bürger in Cronenberg hätten ein Recht auf eine verlässliche und bezahlbare öffentliche Verkehrsanbindung.
Der reduzierte Fahrplan betrifft auch die anderen Wuppertaler Stadtteile. Seit November fallen manche Linien ganz aus (CE62 und CE65 ab 8.30 Uhr, 620 zwischen Wüstenhofer Straße und Kuckelsberg), auf manchen kommen die Busse seltener (beispielsweise auf den Linien 643 und 644 alle 30 statt 20 Minuten, auf den Linien 603 und 613 gilt das ab 9.30 Uhr, auf den Linien 621 und 631 kommt der Bus nachmittags alle 30 statt 15 Minuten).
„Es geht auf keinen Fall, dass die WSW auf Gewöhnung an den Schrumpf-Fahrplan setzen“, sagt Axel Sindram. „Wir hoffen, dass die Fahrgäste nicht resignieren und sich Autos kaufen.“ Lars Liefke von Pro Bahn, der selbst auf Küllenhahn wohnt, berichtet, dass er insbesondere im Cronenberger Süden von Abo-Abbestellungen gehört habe. „Dass Leute vom Auto zum öffentlichen Nahverkehr wechseln, ist ohnehin schwierig“, sagt er mit Blick auf die Mobilitätswende. „Deshalb müssen wenigstens die treuen Kunden gehalten werden. Jetzt werden sie verprellt.“
Einen Vorteil habe der neue Fahrplan aber, sagt Lars Liefke: „Seitdem kann man sich auf die Busse verlassen.“ Vorher habe es zig für die Fahrgäste spontane Ausfälle gegeben. Dennoch sei das keine endgültige Lösung. Diese Einschätzung teilt Sedat Ugurmann (SPD), Vorsitzender des Verkehrsausschusses. „Es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder wechseln die WSW zurück zum ursprünglichen Fahrplan, bei dem es für die Fahrgäste wie eine Tombola ist, ob der Bus kommt oder nicht.“ Oder es bleibt beim angepassten Fahrplan, in den die Defizite schon eingerechnet sind und bei dem die Stadtwerke Rücksicht darauf genommen haben, wie die Linien zusammenhängen. „Einfach machen die WSW es sich sicherlich nicht.“
„Wenn es keine Menschen gibt, die die Busse lenken, können sie nicht fahren“, sagt Sedat Ugurman. Der Personalmangel bei den Stadtwerken habe sich leider nicht so entspannt wie gewünscht. „Für das Jahr 2023 haben wir 30 Personen eingestellt, damit konnte die Fluktuation aber leider nicht komplett ausgeglichen werden“, sagt Holger Stephan. „Plan ist: Noch im Jahresverlauf mindestens die gleiche Anzahl zusätzlicher Fahrerinnen und Fahrer einzustellen.“ Dazu beginnen die Stadtwerke jetzt eine neue Kampagne und sind auf Messen und Veranstaltungen aktiv. „Planung, hohe Fluktuation und schwierige Arbeitsmarktlage machen die Rekrutierung von neuem Fahrpersonal weiterhin anspruchsvoll.“ Außerdem prüfen die Stadtwerke, zusätzliche externe Dienstleister zu beauftragen.
Während also überlegt wird, wie der Fahrplan wieder vom reduzierten auf den normalen Umfang gebracht werden kann, diskutiert die Politik sogar über einen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs in Wuppertal. Experten haben drei Szenarien erarbeitet, von einer „verkehrlichen Optimierung“ über eine „Offensive“ bis zum „ÖPNV-Maximum“. Dabei geht es zum Beispiel um einen dichteren Takt auf den Linien und weitere Express-Verbindungen. „Was in den vergangenen zehn Jahren ausgedünnt wurde, widerspricht eigentlich dem noch gültigen Nahverkehrsplan“, sagt Axel Sindram.
In Bezug auf den neuen Plan sei das erst recht kontraproduktiv. Sedat Ugurmann sagt: „Da kann man sich den tollsten Nahverkehrsplan wünschen – was hilft es, wenn man ihn eh nicht erfüllen kann? Der Plan muss auch verlässlich sein. Was hilft ein 15-Minuten-Takt, wenn jede dritte Fahrt ausfällt.“