Verkehr
Ist eine Rückkehr der Straßenbahn möglich?
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Planungsbüro entwickelt Szenario in Wuppertal.
Von Christian Töller
Wuppertal. Kehrt die Straßenbahn nach Wuppertal zurück? In einem der Szenarien, die ein externes Planungsbüro für die Fortschreibung des Nahverkehrsplans entwickelt hat, wird ein Wechsel vom Bus auf die Straßenbahn skizziert. Dadurch könnte der ÖPNV-Anteil deutlich gesteigert werden. Gleichzeitig schränken die Planungsexperten aber auch ein: „Der damit verbundene Finanzierungsbedarf für Investitionen und Betriebskosten wäre voraussichtlich mit den aktuellen finanziellen Möglichkeiten der deutschen Großstädte im Allgemeinen und der Stadt Wuppertal im Speziellen nicht zu leisten.“ So beziffern die Planer den Investitionsbedarf für dieses sogenannte Szenario 3 auf bis zu 1,22 Milliarden Euro.
Zu den Vorteilen eines Wechsels auf die Straßenbahn gehört laut dem Planungsbüro, dass diese mehr Fahrkomfort biete. Diesen Vorteil sieht auch Rainer Widmann (Bündnis 90/Die Grünen), Mitglied im Verkehrsausschuss. „Das Fahren in der Straßenbahn ist viel angenehmer.“ Er selbst sei 1970 nach Wuppertal gekommen und habe das damalige Straßenbahnnetz „noch weitgehend mitbekommen“. 1983 hatte der Rat beschlossen, die Straßenbahn stillzulegen, da die Fahrgastzahlen zurückgegangen und die Kosten für Diesel niedriger waren. Die Stilllegung erfolgte am 30. Mai 1987. „Heute würde man sich die Straßenbahn wieder zurückwünschen“, so Widmann. „Eine Straßenbahn gehört außerdem zu einer Großstadt.“ Zudem böten Straßenbahnen mehr Platz für Fahrgäste.
Jedoch räumt er auch ein, dass sich die Grünen zwar die Rückkehr der Straßenbahn wünschen würden: „Wir halten es unter den jetzigen Bedingungen – finanziell, organisatorisch – aber nicht für sehr realistisch“. Aus seiner Sicht „ist es nicht so, dass wir wieder ein großes Straßenbahnnetz bekommen“. Jedoch könne er sich einzelne Linien auf den am stärksten befahrenen Strecken vorstellen. Als Beispiele nennt Widmann die Strecke Cronenberg – Dönberg, die Talachse und Heckinghausen – Carnaper Straße. „Ich erwarte und erhoffe, dass solche einzelnen Linien im Entwurf für den Nahverkehrsplan konkret berechnet werden.“ Allerdings sei klar, dass eine Umsetzung nur realistisch würde, „wenn wir erheblich mehr Mittel von Bund und Land bekommen“, so Widmann: „Nur mit städtischen Finanzmitteln ist eine Realisierung ausgeschlossen.“ Auch müsse bei einer Rückkehr der Straßenbahn nach Wuppertal bedacht werden, dass dann mehr Personal benötigt werde. Außerdem müssten die Straßenbahnen einen eigenen Gleiskörper bekommen, was eine Umgestaltung der Straßen bedeuten würde.
Kosten müssen verglichen werden
Axel Sindram vom Fahrgastverband Pro Bahn und dem „Bündnis Mobiles Wuppertal“ nennt es bedauerlich, dass die Verwaltungsspitze der Stadt das Szenario 3 nicht prüfen wolle. Eine Aussage zur finanziellen Vertretbarkeit könne „seriöserweise erst getroffen werden, wenn zum Vergleich die Kosten ermittelt werden, die die Stadt zugunsten des Individualverkehrs regelmäßig aufwendet“.
Die für das Szenario 3 genannten Kosten „können um 60 bis 70 Prozent gesenkt werden, wenn anstelle einer Straßenbahn ein hochwertiges Bussystem nach französischem Vorbild (BHNS) mit gleicher Bedienungsqualität und Einsatz von Gelenkbussen unterstellt wird“, so Sindram weiter. Bestandteile eines solchen Systems seien wie bei der Straßenbahn „ein hoher Anteil eigener Fahrwege, konsequente Ampelvorrangschaltung, Zuflussbegrenzung des Individualverkehrs, hochwertige Fahrzeug- und Haltestellenausstattung“. Die Maßnahmen zur Einführung eines solchen BHNS-Systems könnten im Gegensatz zu einem neuen Straßenbahnsystem auch kleinteilig aus dem vorhandenen Busnetz entwickelt werden und dem Bussystem unmittelbar zur Verfügung stehen, erklärt Sindram. „Die Umsetzung kann somit zeitlich und finanziell flexibler gehandhabt werden.“
Bei den anderen Parteien im Verkehrsausschuss stößt die Idee, in Wuppertal wieder ein Straßenbahnsystem einzuführen, auf wenig Gegenliebe. „Ich halte das nicht für realistisch“, erklärte Sedat Ugurman (SPD), Vorsitzender des Ausschusses. „Es ist jetzt schon schwer, den Status quo im ÖPNV aufrechtzuerhalten.“ Eine Wiedereinführung der Straßenbahn sei daher utopisch. „Auch glaube ich, dass das der Bevölkerung nur schwer zu vermitteln wäre“, so Ugurman. Auch Hans-Jörg Herhausen (CDU), stellvertretender Vorsitzender, sieht keine Möglichkeiten für eine Umsetzung dieses Szenarios. „Wir bekommen schon den aktuellen Status kaum finanziert.“
Vorschlag sei nicht realisierbar
Zwar würde eine Straßenbahn „dem einen oder anderen ins Gedankengut passen“, aber diese müsse auch finanziert werden können. „Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Es wäre schon schön, wenn wir das Defizit von 60 bis 70 Millionen Euro bei der WSW finanziert bekämen.“Auch René Schunck von der FDP hält den Vorschlag für nicht realisierbar. „Eine Diskussion über das Szenario 3 ist Zeitverschwendung.“ Vielmehr müsse man weg von dem bisherigen starren System im ÖPNV und hin zu On-Demand-Systemen und autonomem Fahren. „Wir werden den ÖPNV auf eine ganz andere Art und Weise bewältigen müssen.“