Stadtentwicklung
In Wuppertal werden zu wenige Wohnungen gebaut
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Wuppertal. Nur 281 Neubauten wurden 2021 in Wuppertal fertiggestellt – 1000 würden den Bedarf decken.
Von Alexandra Dulinski
281 – das ist laut dem Anfang Mai herausgekommenen Neubauatlas des Statistischen Landesamtes die Zahl der im Jahr 2021 fertiggestellten Wohnungen in Wuppertal. Dagegen hatte die Stadt im Februar erklärt, dass die Zahl der baufertiggestellten Wohnungen im Jahr 2021 bei 604 lag.
Woher die Diskrepanz zwischen den beiden Zahlen kommt, kann sich Servet Köksal (SPD), Vorsitzender des Ausschusses für Stadtentwicklung und Bauen, nicht erklären, es spiele aber auch keine entscheidende Rolle, denn: „Schon vor Jahren haben wir festgestellt, dass der Bedarf an Wohnungen in Wuppertal bei 1000 pro Jahr liegt. Damit liegt ein enormes Defizit zwischen dem Bedarf und den tatsächlich fertiggestellten Wohnungen vor, egal ob nun 604 oder 281.“ Zumal die Zahl der fertiggestellten Wohnungen im Jahr 2022 nach den Angaben der Stadt vom Februar auf nur noch 188 gesunken ist.
Die Anzahl der fertiggestellten Wohnungen je 1000 Einwohner lag 2021 in Wuppertal laut dem Neubauatlas bei 0,79, in Solingen bei 1,13 und in Remscheid bei 1,03. In Mettmann liegt diese Zahl sogar bei 1,52 und in Düsseldorf bei 3,17. Insgesamt liegt Wuppertal bei der Zahl der fertiggestellten Wohnungen deutlich hinter den formulierten Zielvorgaben zurück. Das zeigt auch ein Blick auf die erteilten Baugenehmigungen. Laut den Angaben der Bauverwaltung aus dem Februar lag diese im Jahr 2021 bei 569 und im Jahr 2022 bei 634. Warum es eine solche Diskrepanz zwischen Baugenehmigungen und Bautätigkeit gebe, konnte die Bauverwaltung im Februar nicht erklären und verwies auf Faktoren wie Lieferengpässe, Inflation und Fachkräftemangel.
„Wenn es hier keine geeigneten Wohnungen für sie gibt, wandern die Menschen ins Umland ab.“
Ähnlich sah es Ludger Kineke (CDU), Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses: „Die Baugenehmigungen liegen auf einem vergleichsweise hohen Niveau. Lieferprobleme, Handwerkermangel, auch gestiegene Anforderungen verschärfen das Problem.“
„Wir haben das Ziel von 1000 Wohnungen eigentlich nie erreicht“, kritisiert dagegen Köksal. „Wir haben immer maximal die Hälfte geschafft. Das sind 400 bis 500 Wohnungen weniger, als der Bedarf hergibt. Die Verwaltung wirkt mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln dem angespannten Wohnungsmarkt nicht mit der notwendigen Priorisierung und Entschlossenheit entgegen“, so Köksal. „Wir haben eine Menge an Potenzialflächen identifiziert, zum Beispiel das Nissen-Gelände und den Steinbecker Bahnhof.“
Im Pflanzenhof-Quartier auf dem ehemaligen Nissen-Gelände sollen 300 neue Wohnungen entstehen. Am Barmer Sedansberg sind 84 Wohnungen geplant (Bahnhof Heubruch) und im Bereich Barmer Bogen/Siegesstraße 300 Wohnungen. Dagegen fällt der Steinbecker Bahnhof aus der Planung, da die Bahn dort eigene Pläne verfolgt. „Die Verwaltung hätte aus der umfangreichen Liste an Potenzialflächen mindestens eine weitere für den Steinbecker Bahnhof nachrücken lassen können“, moniert Köksal. „Wir haben die Verwaltung immer wieder erinnert, doch geschehen ist nichts.“ Im Rahmen der Möglichkeiten der Verwaltung wäre dies eine wichtige Stellschraube gewesen, so der SPD-Politiker.
Durch die fehlenden Neubauten drohe der Stadt der Verlust von Einwohnern, warnt Köksal. „Wenn es hier keine geeigneten Wohnungen für sie gibt, wandern die Menschen ins Umland ab.“ Das betreffe Menschen mit gutem Einkommen ebenso wie „Menschen, die ein Leben lang hier gearbeitet haben und jetzt ihre Rente beziehen“. Nötig sei ein Wohnungsangebot für alle.
Bedarf an altersgerechtenWohnungen steigt weiter
Das treffe auch auf den Bereich altersgerechtes Wohnen zu, der aufgrund des demografischen Wandels immer wichtiger werde. „Wir haben enorme Schwierigkeiten, im Bestand barrierearme, geschweige denn barrierefreie Wohnungen zu schaffen“, erklärt Köksal. „Wir kommen um Neubauten nicht herum.“ Auch hier werde eine Bauoffensive benötigt, die jedoch nicht umgesetzt werde. Auch aus Sicht der GWG (Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft Wuppertal) wird der Bedarf an altersgerechten Wohnungen immer weiter steigen, erklärt Lea Micus, Assistenz der Geschäftsführung. „Schon jetzt ist erkennbar, dass die Einwohnerinnen und Einwohner immer länger in eigenen Wohnungen leben.“ Je besser die Wohnung von Beginn an ausgestattet sei, desto besser sei das für die Zeit im Alter. Die GWG besitze circa 1600 Mietwohnungen, die für Senioren geeignet sind, weil sie barrierearm erreichbar seien.
„288 Wohnungen werden dabei explizit als Seniorenwohnungen deklariert. Diese besitzen zum Beispiel breite Türöffnungen, bodentiefe Duschtassen und verfügen teilweise über Hilfsmittel wie zum Beispiel Haltegriffe.“ Die GWG schaffe zudem im Rahmen von Wohnungsmodernisierungen laufend Barrieren ab, um das Angebot an barrierearmen Wohnungen weiter auszubauen. „Ich persönlich gehe davon aus, dass der Bedarf an altersgerechten Wohnungen weiter steigen wird“, erklärt auch Paul Yves Ramette (Bündnis 90/Die Grünen), Vorsitzender des Sozialausschusses. „Allgemein ist im Wohnungsmarkt der Bedarf in den letzten zwei Jahren gestiegen.“ Bundesweit lebten fünf Prozent aller Senioren in barrierefreien Wohnungen. „In Wuppertal werden die Zahlen ähnlich sein.“ Wuppertal sei eine sehr „treppenreiche Stadt“, erklärt Ramette im Blick auf zahlreiche Altbauten. Eine Möglichkeit, Wohnungen entsprechend umzubauen, bestehe in der Innenstadt. „Dort könnte eine ‚Stadt der kurzen Wege‘ entstehen.“ So hätten es ältere Menschen dann nicht so weit zum Einkaufen oder auch zum Arzt.