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Ein Kreuzworträtsel machte Wuppertal bekannt
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Wuppertal. Ernst-Andreas Ziegler erinnert an Coups aus der Vergangenheit des Stadtmarketings.
Von Alexandra Dulinski
„Ausgerechnet Wuppertal hat goldene Bänke aufgestellt. Es folgte: ein Eklat“, schrieb die Süddeutsche Zeitung. „Realer Irrsinn“, titelte der NDR. Auch die Bild griff Wuppertals Dauer-Peinlichkeitsthema auf, nachdem die Sendung „extra 3“ sich über die goldenen Bänke in Elberfeld lustig gemacht hat. Im „ZDF Magazin Royale“ griff Moderator Jan Böhmermann erst kürzlich Wuppertals Nahverkehrsplanung als Negativbeispiel auf. Kurzum: Viele negative Schlagzeilen. Doch wie schafft es Wuppertal, auch mal positiv in die Presse zu kommen?
Martin Bang, Geschäftsführer von Wuppertal Marketing, weiß um die Herausforderungen. „Die Negativ-Schlagzeilen sind größer. Sie kommen aus einer Stimmungsmache heraus, das hat man nicht mehr in der Hand“, erklärt er. Die Kommunikation in sozialen Netzwerken verselbstständige sich. „Welchen positiven Bericht hat Jan Böhmermann über das Schwebodrom, das Visiodrom oder den Skulpturenpark gemacht?“, stellt Martin Bang die Gegenfrage. Imagekampagnen hätten eher eine Wirkung nach innen. Wer, fragt er, habe schon mal Werbung für eine andere Stadt in Wuppertal gesehen? Bei Touristen bestehe die Chance, ihre Sicht auf die Stadt zu verändern.
Ein Blick zurück in vergangene Zeiten ermöglicht zumindest eine Idee, was möglich sein kann. Ehrenbürger und Junior-Uni-Gründer Ernst-Andreas Ziegler, einst Presseamtsleiter der Stadt Wuppertal, erinnert sich noch gut an alte Erfolge. In einem Kreuzworträtsel des Zeit-Magazins sei einst eine Stadt gesucht worden, die „in dem Wahn lebt, sie sei attraktiv, nur weil die Bahn schwebt“, berichtet er. „Das hat die Stadt beleidigt.“ Was tat er? Er schrieb an die Chefredaktion und lud die Reporter nach Wuppertal ein – ein Großteil der Zeit-Redaktion kam. „Es folgte ein Riesen-Aufmacher: Wuppertal ist ganz anders, grün und lebendig“, erzählt Ziegler.
Von Slogans hielt er zwar nie viel: „Das ist heiße Luft“. Und doch entstand der Autoaufkleber mit dem Spruch „Wuppertal grüßt aus dem Bergischen Land“. Die Wuppertaler seien stolz gewesen, in einer Woche fuhren mehr als 40 000 Autos mit dem Aufkleber durch die Stadt. „Das war einfach nur ein Gruß, das machte Wuppertal sympathisch“, sagt Ernst-Andreas Ziegler.
Er erinnert sich aber auch an einen Flop, der zum Erfolg wurde. So schlug das Presseamt damals T-Shirts vor, mit denen die Wuppertaler ausgerüstet werden sollten. „Mit einem irrsinnig kitschigen Design“, wie Ziegler findet: Eine Krawatte, die auf das Shirt gedruckt ist. Kein Mensch habe die T-Shirts gekauft. Durch einen Zufall traf Ziegler dann auf einen Kollegen, der unbedingt zwei Exemplare haben wollte. Warum? „Für Weiberfastnacht. Die Krawatte auf dem T-Shirt kann man schließlich nicht abschneiden“, erklärt Ziegler lachend. Der Flop wurde als das kreativste Marketing dargestellt, deutschlandweit gingen die T-Shirts für Weiberfastnacht in den Verkauf.
„Wenn es in Wuppertal einen Job gibt, der vergleichbar ist mit dem von Hansi Flick, dann der des Marketingschefs. Jeder denkt, dass er es besser kann.“
Auch Feierlichkeiten zogen Menschen von auswärts an. Zum 60. Geburtstag der Stadt Wuppertal 1989 sollte Ziegler eine Veranstaltung organisieren, die weder Barmen noch Elberfeld bevorzugt, an der die gesamte Stadt teilnehmen konnte und die günstig sein sollte: Der Lange Tisch war geboren. Die Talachse wurde gesperrt, die Anwohner wurden zu Gastgebern, stellten ihre eigenen Möbel auf.
Zwei Verbote gab es: So war eine Eröffnungsrede untersagt sowie eine gesponserte große Band, die Menschen an einen Ort locken würde. „Die Überlegung war, dass jeder sein Stück Straße so wichtig macht, dass es nirgends interessanter ist“, sagt Ziegler.
Obwohl kurz vorher Zweifel aufkamen, war der Lange Tisch „ein Traum“, wie Ziegler ihn heute beschreibt. Rund 390 000 Menschen feierten mit. „Die Stadt wuchs in dieser Nacht zusammen.“ Die Wuppertaler könne man nur begeistern, indem man sie persönlich mitnehme, weiß er. Ziegler: „Stadtmarketing – das müssen die Wuppertaler selbst machen.“
Jede Zeit habe aber ihre besonderen Herausforderungen. „Wenn es in Wuppertal einen Job gibt, der vergleichbar ist mit dem von Hansi Flick, dann der des Marketingchefs. Jeder denkt, dass er es besser kann.“ Er ist der Meinung, dass Martin Bang einen guten Job macht.
Für Martin Bang ist klar: Es braucht eine stetige Kommunikation über positive Themen. „Wir brauchen die Buga, wir brauchen diesen Nukleus mit Reichweite, wir müssen nach außen hin strahlen, damit Wuppertal anders wahrgenommen wird“, sagt er. Aufmerksamkeit von außen gebe es nur über solch große Projekte. Wuppertal müsse ein Narrativ bekommen.