Forschung
Die Wuppertaler sind bereit zu helfen
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Wuppertal. Universität legt erste Ergebnisse einer großen Studie vor.
Von Anne Palka
Die Menschen in Wuppertal halten zusammen: Sie schätzen die Hilfsbereitschaft tendenziell als gut ein – wobei sie selbst besonders hilfsbereit sind, wenn sie denken, dass ihre Nachbarn auch ihnen helfen. Das sind die ersten Ergebnisse einer Studie der Bergischen Universität Wuppertal. An der Befragung haben mehr als 1500 Menschen teilgenommen.
„Bereits im Vorläuferprojekt zeigte sich, dass die eigene Bereitschaft in Krisen und Katastrophen Hilfe zu leisten größer ist, je besser man die Unterstützungsbereitschaft innerhalb der Nachbarschaft einschätzt“, erklärt der wissenschaftliche Mitarbeiter Bo Tackenberg. „Je höher wir zudem den Zusammenhalt in unserem Wohngebiet empfinden, desto eher sind wir bereit, unseren Mitmenschen in Krisen- und Katastrophensituationen zu helfen.“ Und die Wuppertaler halten es für wahrscheinlich, von Krisen betroffen zu sein. „Die hohe Risikowahrnehmung führen wir ein Stück weit auf die multiplen Krisen der vergangenen Zeit zurück“ – zum Beispiel das Hochwasser, die Pandemie, die Inflation.
Katastrophenschutz schon vor der Katastrophe
Ein guter sozialer Zusammenhalt sei eine wichtige Ressource, um solche und andere Krisen gemeinsam besser bewältigen zu können, sagt Bo Tackenberg. Die Ergebnisse der Umfrage werden nun detailliert ausgewertet, um sagen zu können, wie groß die Hilfsbereitschaft in einzelnen Stadtteilen, Quartieren und Nachbarschaften ist. Im Fall der Fälle können Hilfsorganisationen so besser einschätzen, wo die Nachbarschaft sich gegenseitig gut unterstützt – und wo die professionell organisierte Hilfe am dringendsten benötigt wird.
Am Ende soll ein Sozialkapitalradar stehen
Bo Tackenberg ist besonders der Aspekt der Prävention wichtig: „Der Katastrophenschutz wird in der Regel im Ereignisfall aktiv. Unser Ansatz sieht vor, dass er bereits Ereignis unabhängig im Vorfeld von Krisen und Katastrophen tätig wird. Indem er auf kleinräumiger Ebene Wissen darüber aufbaut, wie es um die soziale Infrastruktur und das Zusammenleben der Menschen im Quartier bestellt ist, kann er gezielt die Unterstützungsbereitschaft und Selbsthilfefähigkeit der Menschen verbessern.“ Zum Beispiel in Zusammenarbeit mit Wohlfahrtsverbänden, Quartierbüros, Bürgervereinen und Nachbarschaftsinitiativen.
„Wir formulieren Empfehlungen für die Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz, bei denen es weniger um den Zustand von technischem Gerät, der Anzahl verschiedener Fahrzeugtypen oder der personellen Beschaffenheit von Organisationen geht“, sagt Bo Tackenberg. „Vielmehr sollen sie zu einer stärkeren Orientierung des Bevölkerungsschutzes an dem Bedarf der Menschen in den Stadtteilen und der Einbindung der Bevölkerung in Bewältigungsprozesse beitragen.“
Am Ende des Forschungsprojekts soll ein Sozialkapital-Radar stehen: eine Karte mit den Ergebnissen, um den Katastrophenschutz in Wuppertal zu verbessern. Auch, wenn die Befragung in Wuppertal durchgeführt wurde, sollen die Zusammenhänge für andere Städte übertragbar sein. Wenn dort Sozialdaten erhoben werden – zum Beispiel, wie Alter und Wohndauer in bestimmten Quartieren zusammengesetzt sind – lassen sich daraus Vergleiche ziehen.
Die Forscher suchen nun Interviewpartner
Die Wissenschaftler wissen nun, wie Wuppertaler die Hilfsbereitschaft einschätzen. Um mehr über die Gründe für diese Einschätzungen zu erfahren, suchen sie Interviewpartner. „Wir interessieren uns für die Erfahrungen und gesammelten Eindrücke der Wuppertalerinnen und Wuppertaler, die sich im Rahmen der Coronakrise, des Hochwassers 2021 oder in der Hilfe für Geflüchtete aus der Ukraine ehrenamtlich engagieren oder engagiert haben“, sagt Tim Lukas, Leiter der Forschungsgruppe.
„Jedes Interview, egal ob es um Einkäufe, Essensausgabe, Aufräumarbeiten oder Spendenaktionen geht, hilft uns dabei, Empfehlungen zu formulieren, die zu einer stärkeren Orientierung des Bevölkerungsschutzes an den Bedürfnissen der Menschen in den Stadtteilen und der Einbindung der Bevölkerung in Bewältigungsprozesse beitragen“, sagt Bo Tackenberg. „Im Gespräch und direkten Austausch mit den Menschen können wir mehr darüber erfahren, warum die Zusammenhänge so sind. Aber vor allem über die Herausforderungen und Probleme, denen sich Betroffene und Helfende während der Bewältigung von Katastrophen ausgesetzt sehen und welche Bedarfe daraus erwachsen.“