Neue Möglichkeiten

Insektenmehl in Backwaren? So sieht es im Bergischen aus

Kundin Ulrike Beeckmann kauft Brot ohne Insektenmehl – auch wenn die Verarbeitung nun erlaubt ist.
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Kundin Ulrike Beeckmann kauft Brot ohne Insektenmehl – auch wenn die Verarbeitung nun erlaubt ist.

Wuppertal. Bäckereien dürfen nach einer Erweiterung der Lebensmittelverordnung nun Grillen und Getreideschimmelkäfer verarbeiten. Ob sie dies tatsächlich tun, steht im Text.

Von Friedemann Bräuer

Das Zirpen der Grille nimmt man in lauen Sommernächten als romantische Begleitmusik wahr. Aber sie in einem leckeren Snack als wohlschmeckende, gesunde „Bereicherung“ verzehren? Eher nicht, ebenso wenig wie man Getreideschimmelkäfer oder Mehlwürmer zu den Delikatessen zählt. Falls man nicht gerade im Dschungel-Camp mit der Aufgabe betraut worden ist, die „niedlichen“ Insekten oder eine Hand voll Regenwürmer zu verzehren, wenn man nicht die Heimreise antreten will.

Doch hat die EU-Kommission jetzt einige „Novel-Food-Anträge“ genehmigt, die Proteinalternativen zum Inhalt haben. Die „Durchführungsverordnung der EU 2023/5 der Kommission“ besagt nämlich, dass ausgewählte Unternehmen zunächst für fünf Jahre die „novel food“ (neue Lebensmittel) in bestimmten Produkten in den Verkehr und den Verzehr bringen dürfen.

Die Verordnung, die die Hausgrille und den Getreideschimmelkäfer seit 2022 und Mehlwürmer in pulverisierter Form seit dem 24. Januar in Nahrungsmitteln erlaubt, bringt sowohl das Backhandwerk wie auch die Verbraucher zum Nachdenken. Bäckereien im Land haben sich von dieser Verordnung distanziert und der vorsichtig fragenden Kundschaft entschieden erklärt, dass in den von ihnen hergestellten Produkten keine Insekten verarbeitet worden sind.

Bei Wuppertaler Bäckereien und Verbrauchern erhält man differenzierte Antworten. So lässt die Bäckerei Evertzberg durch ihren Geschäftsführer Oliver Platt verlauten: „Es geht für uns in diesem Zusammenhang weniger darum, ob wir es unseren Kunden zumuten können oder nicht. Für uns gibt es grundsätzlich keine Verwendung für solche Zutaten, weswegen wir diese nicht einsetzen werden.“

Platt fordert für zu diesem Thema anders denkende Mitbewerber: „Wir sind der Meinung, dass der Lebensmittelproduzent, der eine solche Zutat verwendet, klar dazu verpflichtet werden sollte, dieses direkt am Produkt zu kennzeichnen. Etwa durch ,Insektenzusatz enthalten‘.“ Für das Unternehmen Evertzberg zeigt Oliver Platt „klare Kante“ und sagt: „Es gibt bei uns eine eindeutige Vorgabe bei der Entwicklung von Rezepturen. Es wird nur verwendet, was wir als Produzent verstehen und was wir bereit sind, unseren Kunden gegenüber zu verantworten. Insektenzusätze gehören nicht dazu.“

Für mehr Proteine greifen Bäckereien zu anderen Zutaten

Nils Behmann, Bezirksverkaufsleiter der Großbäckerei Steinbrink, sieht es recht gelassen: „Die Thematik wird aktuell größer gemacht, als sie für uns ist. Es ist lediglich die Grundlage geschaffen worden, um Insekten in Lebensmitteln verarbeiten zu können. Aktuell ist dies aber noch ein extrem teures Nischenprodukt“, meint Behmann und führt im Detail aus: „Auch wenn wir Neuerungen immer aufgeschlossen gegenüberstehen, ist das für uns als traditionsreiches Familienunternehmen derzeit nicht relevant, und auch mittelfristig ist diesbezüglich nichts in Planung.“

Die Frage, ob dieser Lebensmittelzusatz bei der Vollkornmühle und Bäckerei Myska demnächst Verwendung findet, antwortet Detlef Myska mit einem klaren „Nein“. „Brötchen schmecken auch ohne Zusatz tierischer Lebensmittel im Teig. Wir führen zwar Schinkenschnecken und Wurst im Brotmantel aus Bio-Herstellung. Aber das sollte auch genügen.“Allerdings gibt Myska zu bedenken: „Wer Krabben und Schnecken isst, der sollte keine Probleme mit diesem in unseren Ländern ,neuen Genuss‘ keine Probleme haben.“ Zum Stichwort „proteinreich“ meint Myska: „Da gibt es andere, dem Bäcker näher liegende proteinreiche Zutaten, die mich eher ansprechen und mindestens ebenso umweltverträglich sind.“

Aus Policks Backstube meldet sich Tim Polick, Mitglied der Geschäftsleitung, und stellt klar: „Wir verarbeiten kein Insektenmehl. Das hat mehrere Gründe. Der wichtigste Grund zuerst: Wir haben für unsere Backwaren einen Qualitätsstandard, den wir für unsere Kundinnen und Kunden und auch für uns selbst aufrechterhalten möchten. Durch Zugabe von Insektenmehl können wir diesen Qualitätsstandard auch im Hinblick auf unsere vegetarischen und veganen Backwaren nicht garantieren.“ Dazu gibt Polick zu bedenken: „Wir haben weder als Verarbeiter noch als Konsument Erfahrung mit der Verwendung von Insektenmehl.“

Ein weiterer Grund: „Bisher hat noch niemand bei uns nach Backwaren mit Insektenzusatz gefragt.“ Für die Zukunft sieht Polick wegen des hohen Eiweißgehaltes von Insekten in anderen Kontinenten einen wichtigen Beitrag zur Nahrungsmittelversorgung.

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