Klamroth-Talk in der ARD
Geht die Welt unter? Schriftsteller Schätzing sieht bei „Hart aber fair“ „Gefahr, dass unsere Lebenswelt kollabiert“
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Wenig Konzepte und Ideen, dafür viele Verbotsszenarien. In der Sendung „Hart aber fair“ waren sich im Kern alle einig: Die Welt geht unter.
Berlin – „Der Komapatient Deutschland ist nach Jahren des Dahindämmerns wieder ansprechbar und erkennt seine Umgebung“, konstatiert Frank Schätzung zu Beginn der Sendung „Hart aber fair“ am Montagabend. Doch jetzt müsse Gas gegeben werden. Der „Der Schwarm“-Bestsellerautor weiß, wie man Weltuntergänge beschreibt, doch der hier ist für ihn real. Wichtig sei jetzt, „dass man Arme und Geringverdienende mit Entlastungsplänen beruhigt. Und zwar, bevor man sie mit Umbauplänen zu Tode erschreckt.“
Dieser Gedanke zieht sich wie ein roter Faden durch die Sendung, die den Titel trug: „Heizen, Dämmen, Autofahren – Öko-Umbau mit der Brechstange“. Die Ampelkoalition plant immer mehr Verbote und immer mehr Ausgleichzahlungen, die wiederum der Steuerzahler zu tragen hat, also der Bürger selbst. Der jetzt geplante Zwang zur Gebäudemodernisierung betrifft mehr als sieben Millionen Bundesbürger und könnte viele in den finanziellen Ruin treiben, da ist sich die Runde einig. „Man kann schon sagen, dass das kein gutes politisches Handwerk war“, kritisiert Journalist Robin Alexander. Und FDP-Vizefraktionschef Johannes Vogel setzt nach: „Hier ist ein völlig unausgegorener Vorschlag rausgegangen.“
„Hart aber fair“: Diese Gäste diskutierten mit Louis Klamroth
- Robin Alexander (stellvertretender Chefredakteur, Welt)
- Katrin Göring-Eckardt (Bundestagsvizepräsidentin, Bündnis90/Die Grünen)
- Monika Hohlmeier (EU-Abgeordnete, CSU)
- Annabel Oelmann (Chefin Verbraucherzentrale Bremen)
- Frank Schätzing (Schriftsteller, „Der Schwarm“)
- Johannes Vogel (stellvertretender FDP-Bundesvorsitzender)
Schätzing mahnt: „Wir müssen uns in Erinnerung rufen: Es geht darum, dass wir in den nächsten zehn Jahren klimaneutral werden.“ Der Autor sehe sonst die „Gefahr, dass unsere Lebenswelt kollabiert.“
FDP-Politiker bei „Hart aber fair“ (ARD): „Funktionierende Heizungen verschrotten zu müssen, ist Quatsch“
Die CSU-Europaabgeordnete Monika Hohlmeier kritisiert, dass die Ampelpolitiker „die Menschen nicht mitgenommen, sondern abgeschreckt haben.“ Es werde zu viel verboten, statt den Weg freizumachen für neue Technologien und Erfindungen, beispielsweise bei der Batterietechnik. „Derjenige, der über Ideen spricht, wird immer als Verzögerer dargestellt. Sie müssen den Menschen ein bisschen mehr zutrauen.“ Auch Vogel ist unzufrieden: In den Heizvorschriften sei „faktisch ein Verschrottungsgebot drin“. So würden beispielsweise Fernwärmesysteme verboten, die mit Biogas heizen. „Funktionierende Heizungen verschrotten zu müssen, ist Quatsch“, sagt Vogel. Göring-Eckardt beschwichtigt: „Es ist ja nur ein Entwurf.“
Klamroths Co-Moderatorin Brigitte Büscher zeigt Zuschauer-Reaktionen. Die fallen verheerend aus. Ein Hausbesitzer ist völlig verzweifelt, weil er die 80.000 Euro für die geforderte Sanierung nicht aufbringen kann. Und eine Rentnerin sagt: „Die Ampel ist das größte Unglück für Deutschland.“ Göring-Eckardt kann solche Sorgen nicht nachvollziehen: „Noch viel mehr Sorgen müssen wir uns machen, was passiert, wenn wir nichts tun.“ Das Ergebnis einer „Politik der Verbote und der guten Vorsätze“ fasst Büscher so zusammen: Der Zentralverband Heizungsbauer verzeichnet aktuell einen Run auf fossile Heizsysteme, solange sie noch erlaubt sind. Büscher: „Bei den Heizungsbauern laufen die Telefone heiß.“ Sogar Schornsteinfeger machten bereits Energieberatung.
Journalist Alexander kritisiert im ARD-Talk „Hart aber fair“ grüne Weltuntergangs-Rhetorik
Göring-Eckardt antwortet mit einem Angst-Szenario: „Ich möchte nicht in einem Land leben, wo wir Verwüstungen haben. Wo wir bei über zwei Grad sind und Leute in Städten alle möglichen zusätzlichen Krankheiten bekommen, wo es Wassermangel gibt.“ Etwas später fügt sie hinzu: „Oder die Kinder, die heute in (den) Kindergarten gehen, die haben dann keine wirklich belebbare Erde mehr.“ Alexander fasst zusammen: „Weltuntergangs-Rhetorik“. Der Journalist kritisiert, dass die Grünen ihr politisches Handeln an Lobbyisten delegiert haben: „Es gibt einen Mann, der heißt Patrick Graichen, der ist jetzt Staatssekretär bei Herrn Habeck. Der war vorher in einer NGO, die heißt Agora, und die haben schon vor Jahren ein Papier gemacht, das heißt ‚Die große Wärmepumpen-Offensive’. Das wird jetzt administrativ durchgezogen.“
Schätzing fragt unbekümmert, ob vielleicht ein neues Sondervermögen sinnvoll sei. Alexander stöhnt: „Boah, schon wieder ein Sondervermögen!“ Göring-Eckardt sieht die Schuld ausschließlich in der Vergangenheit und attackiert Hohlmeier. Sie fährt ihre Kontrahentin geradezu an: „Wir müssen in sehr kurzer Zeit das System, wie wir Energie verbrauchen, ändern. Weil Sie und ihre Partei und alle, die vor uns regiert haben, es versemmelt haben, es richtig versemmelt haben.“ Hohlmeier kontert: „Wer hat denn die ganzen Förderprogramme eingestellt? Das war Herr Habeck, das waren Sie, das war diese Koalition.“ Man habe sie einfach beendet, weil zu viele Anträge gestellt wurden.
„Egal ob Ordnungspolitik oder Verbote – ich glaube gar nicht, dass der Staat das besser kann“, sagt Alexander. „Ich nenne es lieber Ordnungspolitik, statt über Verbote zu reden“, mahnt Göring-Eckardt. Klamroth übersetzt: „Ein anderes Wort für Verbote, ja.“ Alexander ist enttäuscht: „Dass es jetzt bei den Grünen eine Bewegung gibt, dass man sagt, wir müssen verbieten und fördern, also Verbot und Subvention, das ist eine erstaunliche Entwicklung. Ich weiß gar nicht, woher das kommt. Es kann sein, dass man sich von der eigenen Weltuntergangs-Rhetorik hat anstecken lassen. Ich finde das eine erstaunliche Entwicklung und eine, die ein bisschen Sorgen machen muss.“
Als das Thema Tempolimit aufs Tapet kommt, hat FDP-Mann Vogel einen interessanten Vergleich: „Fünfmal so viel wie ein Tempolimit bringt, dass wir nicht in einem Monat drei Kernkraftwerke abschalten.“ Doch Klamroth würgt ihn unwirsch ab: „Die Atom-Diskussion will ich gerade nicht führen, sondern die Tempolimit-Diskussion.“
Fazit des „Hart aber fair“-Talks
Schon zum zweiten Mal in diesem Monat war Katrin Göring-Eckardt zu Gast bei „Hart aber fair“. Erneut ging es vornehmlich darum, wie sinnvoll Verbote zum Schutz der Umwelt sind. Ein einziges, von Klamroth eingespieltes Bild zeigte die Diskrepanz zwischen Sender und Empfänger: 67 Prozent der Deutschen sind gegen das Verbrenner-Verbot ab 2035. (Michael Görmann)