Beliebte Video-App

Aus Angst vor China-Spionage: US-Präsident Biden stellt sich hinter TikTok-Verbot

Das Weiße Haus hat sich hinter einen Vorstoß gestellt, TikTok zu verbieten. Die App bedrohe die nationale Sicherheit der USA: Denn die TikTok-Mutterfirma sitzt in China.

München/Peking/Washington – Ob sich die chinesische Außenamtssprecherin Mao Ning heimlich TikTok-Videos anschaut, ist nicht bekannt. Möglich wäre es, schließlich vertreiben sich Chinas Regierungsbeamte gerne die Zeit auf Apps und Internetseiten, die im eigenen Land eigentlich verboten sind. Auf Twitter etwa, dem wohl wichtigsten Propagandaorgan der Kommunistischen Partei im Ausland. Immer wieder jedenfalls sieht sich Mao veranlasst, TikTok zu verteidigen. Etwa am vergangenen Montag. Die USA würden „Technologie- und Handelsfragen politisieren“, polterte Mao auf einer Pressekonferenz in Peking – mit dem Ziel, „ihre Hegemonie aufrechtzuerhalten“. Kurz zuvor war bekannt geworden, dass der US-Senat an einem Verbot der beliebten Video-App strickt.

Wobei in dem überparteilichen Gesetzesvorschlag, den der demokratische Senator Mark Warner und sein republikanischer Kollege John Thune am Dienstag eingebracht hatten, der Name TikTok gar nicht explizit erwähnt wird. Muss er auch nicht, allen Beteiligten ist ohnehin klar, worum es geht. Das Gesetz, so hieß es aus Washington, erlaube den USA, „bestimmte ausländische Staaten daran zu hindern, technologische Dienste (...) in einer Weise zu nutzen, die die vertraulichen Daten der Amerikaner und unsere nationale Sicherheit bedroht“.

Chinas Staats- und Parteichef: So stieg Xi Jinping zum mächtigsten Mann der Welt auf

Chinas heutiger Staatschef Xi Jinping (2. von links) mit anderen Jugendlichen im Mao-Anzug
Xi Jinping wurde am 15. Juni 1953 in Peking geboren. Als Sohn eines Vize-Ministerpräsidenten wuchs er sehr privilegiert auf. Doch in der Kulturrevolution wurde er wie alle Jugendlichen zur Landarbeit aufs Dorf geschickt. Das Foto zeigt ihn (zweiter von links) 1973 mit anderen jungen Männer in Yanchuan in der nordwestlichen Provinz Shaanxi. Dort soll Xi zeitweise wie die Einheimischen in einer Wohnhöhle gelebt haben. © imago stock&people
Xi Jinping steht vor der Golden Gate Bridge in San Francisco
Xi Jinping 1985 vor der Golden Gate Bridge in San Francisco: Damals war er als junger Parteichef des Landkreises Zhengding in der nordchinesischen Agrarprovinz Hebei Delegationsleiter einer landwirtschaftlichen Studienreise nach Muscatine im US-Bundesstaat Iowa. Dort nahm die Gruppe nach offiziellen Berichten „jeden Aspekt der modernen Landwirtschaft unter die Lupe“. Anschließend reiste Xi weiter nach Kalifornien. Es war sein erster USA-Besuch. © imago stock&people
Xi Jingping und Peng Liyuan
Zweites Eheglück: Xi Jinping und seine heutige Ehefrau, die Sängerin Peng Liyuan, Anfang 1989. Zu dieser Zeit war Xi Vizebürgermeister der ostchinesischen Hafenstadt Xiamen. Die beiden haben eine gemeinsame Tochter. Xis erste Ehe war nach nur drei Jahren an unterschiedlichen Lebenszielen gescheitert. Seine erste Frau, die Diplomatentochter Ke Lingling, zog in den 1980er-Jahren nach Großbritannien. © imago
Xi Jinping gräbt mit Parteikollegen an einem Damm zur Verstärkung eines Deiches in Fujian
Aufstieg über die wirtschaftlich boomenden Küstenregionen: 1995 war Xi Jinping bereits stellvertretender Parteichef der Taiwan gegenüberliegenden Provinz Fujian – und noch ganz volksnah. Im Dezember 1995 arbeitet er mit an der Verstärkung eines Deiches am Minjiang-Fluss. © Imago/Xinhua
Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigt Chinas Vizepräsident Xi Jinping das Regierungsviertel in Berlin
Vizepräsident Xi Jinping 2009 im Kanzleramt bei Angela Merkel: Die deutsch-chinesischen Beziehungen waren unter Merkel relativ eng und von wirtschaftlicher Zusammenarbeit geprägt. Merkel und Xi reisten aus Berlin weiter nach Frankfurt, um die dortige Buchmesse zu eröffnen. China war als Ehrengast geladen. © GUIDO BERGMANN/Pool/Bundesregierung/AFP
Die Vizepräsidenten Xi Jinping aus China und Joe Biden aus den USA halten T-Shirts mit einer Freundschaftsbekundung in die Kamera
Ein Bild aus besseren Zeiten: Aus ihrer jeweiligen Zeit als Vizepräsidenten kamen Joe Biden und Xi Jinping mehrmals zusammen. Im Februar 2012 demonstrierten sie bei einer Reise Xis nach Los Angeles in einer Schule „guten Willen“ zur Freundschaft mit T-Shirts, die ihnen die Schüler überreicht hatten. Damals fehlten Xi nur noch wenige Monate, um ganz an die Spitze der Kommunistischen Partei aufzusteigen. © FREDERIC J. BROWN/AFP
Ein alter Mann in Shanghai schaut auf Xi bei seiner ersten Rede als Parteichef im Fernseher.
Xi Jinping hat es geschafft: Zum Ende des 18. Parteitags am 15. November 2012 wurde Xi als neuer Generalsekretär der Kommunisten präsentiert – und ganz China schaute zu. Xi gelobte in seiner ersten kurzen Rede als Parteichef, die Korruption zu bekämpfen und ein „besseres Leben“ für die damals 1,3 Milliarden Menschen des Landes aufzubauen.  © PETER PARKS/AFP
Der neue Staatschef Xi Jinping geht hinter seinem Vorgänger Hu Jintao zu seinem Platz in der Großen Halle des Volkes in Peking.
Übernahme auch des obersten Staatsamtes: Xi Jinping wurde auf dem Nationalen Volkskongress im März 2013 Präsident und schloß damit den Übergang von seinem Vorgänger Hu Jintao (vorn im Bild) zur Xi-Ära ab. © GOH CHAI HIN/AFP
Chinas Präsident und seine Ehefrau Peng Liyuan gehen über den Flughafen Orly in Paris.
Xi Jinpings Ehefrau Peng Liyuan ist die erste First Lady Chinas, die auch öffentlich in Erscheinung tritt. Hier kommt das Ehepaar zu einem Staatsbesuch in Frankreich an. Die Gattinnen von Xis Vorgängern hatten sich nie ins Rampenlicht gedrängt. Vielleicht auch, weil Maos politisch aktive dritte Ehefrau Jiang Qing nach dem Tod des „Großen Vorsitzenden“ als Radikale verurteilt worden war. © YOAN VALAT/Pool/AFP
Funktionäre der Kommunistischen Partei Chinas auf dem Weg zum Parteitag in Peking
So sehen KP-Funktionäre aus: Delegierte des 19. Parteitags auf dem Weg zur Großen Halle des Volkes in Peking im Oktober 2017. Auf diesem Parteitag gelang es dem Staats- und Parteichef, seine „Xi Jinping-Gedanken zum Sozialismus Chinesischer Prägung in der Neuen Ära“ in die Parteiverfassung aufzunehmen. Er war der erste nach Mao, der zu Lebzeiten in der Verfassung eine Theorie mit seinem Namen platzieren konnte. Einen Kronprinzen präsentierte Xi auf dem Parteitag nicht – entgegen den normalen Gepflogenheiten. © GREG BAKER/AFP
Xi Jinping nimmt in einer Staatslimousine „Rote Fahne“ die Parade zum 70. Jahrestag der Gründung der Volksrepublik China ab.
70 Jahre Volksrepublik China: Staatschef Xi Jinping nahm 2019 in einer offenen Staatslimousine Marke „Rote Fahne“ die Militärparade in Peking zum Jahrestag der Staatsgründung ab. © GREG BAKER/AFP
Wirtschaftsforum in Wladiwostok
Xi Jinping pflegt eine offene Freundschaft zu Russlands Präsidenten Wladimir Putin – bis heute, trotz des russischen Angriffskrieges in der Ukraine. Putin und Xi teilen die Abneigung gegen die von den USA dominierte Weltordnung. Hier stoßen sie 2018 bei einem gemeinsamen Essen auf dem Wirtschaftsforum von Wladiwostok, auf dem sich Russland als Handelspartner und Investitionsziel im asiatischen Raum präsentierte, miteinander an. © Sergei Bobylev/POOL TASS Host Photo Agency/dpa
Xi Jinping besucht im weißen Kittel ein Labor und lässt sich die Impfstoffentwicklung erklären
Ende 2019 brach in China die Corona-Pandemie aus. Im April 2020 informierte sich Xi Jinping in einem Labor in Peking über die Fortschritte bei der Impfstoffentwicklung. Xi ist bis heute überzeugt, dass China die Pandemie besser im Griff hat als der Rest der Welt. Seine Null-Covid-Politik beendet er nicht, wohl auch wegen der viel zu niedrigen Impfquote unter alten Menschen. © Ding Haitao/Imago/Xinhua
Xi Jinpings Konterfei lächelt von einem Teller mit rotem Hintergrund
Auf dem 20. Parteitag im Oktober 2022 ließ sich Xi Jinping zum dritten Mal zum Generalsekretär der Kommunisten ernennen. Damit ist er der mächtigste Parteichef seit Mao Zedong. © Artur Widak/Imago

 USA: TikTok stellt „Bedrohung für nationale Sicherheit“ dar

Dazu muss man wissen: TikTok gehört zum chinesischen Privatkonzern Bytedance, der in der Volksrepublik die Schwester-App Douyin betreibt. Schon länger gibt es Befürchtungen, die chinesische Regierung könnte auf TikTok zugreifen – und damit auf die Daten von Hunderten Millionen Nutzerinnen und Nutzern in den USA und anderswo. Zudem wurden Sorgen laut, Peking könnte die Inhalte, die über die App ausgespielt werden, steuern – und so etwa Wahlen beeinflussen oder unliebsame Themen unterdrücken.

„Es wird weitgehend anerkannt, dass TikTok eine Bedrohung für unsere nationale Sicherheit darstellt“, erklärte Senator Thune bei der Vorstellung des Gesetzestextes, der parteiübergreifend bereits von einem Dutzend anderer Senatoren unterstützt wird. Auch das Weiße Haus hat sich mittlerweile hinter das geplante Gesetz gestellt, das der Handelsministerin Gina Raimondo ein Verbot der App erleichtern würde. Der Entwurf würde die Fähigkeiten der USA stärken, auf bestimmte „systemische Risiken“ zu reagieren, „an denen Länder beteiligt sind, die in sensiblen Technologiesektoren Anlass zur Sorge geben“, sagte Joe Bidens Sicherheitsberater Jake Sullivan.

TikTok fühlt sich derweil zu Unrecht an den Pranger gestellt und kritisierte das geplante Verbot seiner App scharf. Aus Chinas Außenministerium hieß es zudem, ein Verbot würde „gegen die Grundsätze der Marktwirtschaft und des fairen Wettbewerbs“ verstoßen.

Nicht nur wegen TikTok: USA und China auf Konfrontationskurs

Der Streit um die App, die von mehr als 100 Millionen Menschen in den USA und rund einer Milliarde Menschen anderswo genutzt wird, kommt in einer Zeit der zunehmenden Spannungen zwischen Peking und Washington. China sieht sich von den USA wirtschaftlich unter Druck gesetzt. Staats- und Parteichef Xi Jinping erklärte erst am Montag ungewöhnlich offen: „Die westlichen Länder, allen voran die Vereinigten Staaten, haben eine umfassende Eindämmung und Unterdrückung Chinas betrieben, was die Entwicklung des Landes vor nie dagewesene Herausforderungen gestellt hat.“ Dabei hat Xi Jinping vor allem ein US-Exportverbot für hochmoderne Mikrochips nach China im Blick. Aber auch das Vorgehen der USA und anderer westlicher Länder gegen den Mobilfunkausrüster Huawei sorgt für Beunruhigung in China.

Zwei junge Frauen nehmen in Miami ein TikTok-Video auf.

In den USA hingegen wird die Angst vor dem politischen Einfluss der Volksrepublik immer größer und nimmt bisweilen fast paranoide Züge an. Zuletzt etwa warnten US-Beamte laut Wall Street Journal, Hafenkräne des chinesischen Herstellers ZPMC, die auch in den USA häufig eingesetzt werden, könnten als Spionagewerkzeuge benutzt werden.

Mehrere Länder verbieten ihren Behörden die Nutzung von TikTok

Mit Angst vor TikTok ist die US-Regierung indes nicht alleine. Nachdem das Weiße Haus Ende Februar angeordnet hatte, die App müsse von allen Dienstgeräten der Bundesbehörden gelöscht werden, zogen später die EU-Kommission sowie Dänemark und Kanada mit ähnlichen Regelungen nach. Zuletzt warnte auch die Behörde für Cyber- und Informationssicherheit des China-kritischen Tschechien vor TikTok und stufte die App als „Bedrohung“ ein. Um zumindest den Sorgen der Europäer zu begegnen, kündigte TikTok erst am Mittwoch an, zwei weitere Rechenzentren in Irland und Norwegen bauen zu wollen. So sollen die Daten der europäischen App-Nutzer schrittweise von Singapur und den USA auf Rechner innerhalb Europas umziehen.

In Deutschland hat TikTok rund 19 Millionen Nutzende. Ein generelles Verbot erscheint hierzulande (noch) äußerst unwahrscheinlich. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber warnt allerdings schon länger vor der App und fordert, dass zumindest Bundesministerien und -behörden TikTok auf Diensthandys verbieten. Noch gibt es eine derartige Anweisung nicht; dennoch blockieren einem Bericht des Tagesspiegels zufolge alle Ministerien mit Ausnahme des Bundesgesundheitsministeriums die Nutzung der App.

Rubriklistenbild: © Eva Marie Uzcategui/AFP

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