Antrag im Bundestag
„Bundestag verneigt sich“ - Parlament stuft Verbrechen an Jesiden als Völkermord ein
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Einstimmig verabschiedet der Deutsche Bundestag eine Resolution zum Völkermord an den Jesiden - als erstes Parlament in Europa. Der Newsticker.
- Entscheidung gefallen: Bundestag stuft Verbrechen an Jesiden als Völkermord ein
- Debatte im Bundestag: Ampel-Koalition kontert Vowürfe der Union
- CDU/CSU wirft Scholz Panzer-Blockade vor: Olaf Scholz lasse die Ukraine durch Alleingang im Stich
- Dieser News-Ticker zur Bundestags-Debatte am Donnerstag (19. Januar) wird laufend aktualisiert.
Update vom 19. Januar, 13.40 Uhr: Der Bundestag hat die Verbrechen der radikalislamischen IS-Miliz an den Jesiden als Völkermord eingestuft. Die Abgeordneten des deutschen Parlaments votierten einstimmig für die von der Ampel-Koalition und der Union vorgelegte Resolution. Damit hat erstmals ein europäischer Staat die Gräueltaten an den Jesiden im Nordirak und Syrien im Jahr 2014 als Völkermord eingestuft.
„Der Deutsche Bundestag verneigt sich vor den Opfern der durch den IS begangenen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, heißt es in der Resolution. Rechtlich bindenden Charakter hat die verabschiedete Vorlage nicht. Der Bundestag nimmt damit aber eine klare historische Positionierung vor und richtet politische Forderungen an die Bundesregierung. Auch die Fraktionen von Linken und AfD, die nicht an der Ausarbeitung der Resolution beteiligt waren, stimmten dafür.
Update vom 19. Januar, 11.55 Uhr: Die Bundestags-Debatte zum Antrag der Union auf Lieferung von Kampfpanzern ist beendet. Es war eine emotionale Debatte, die Argumente allerdings auf beiden Seiten nicht neu. Ohnehin dürfte in Sachen Kampfpanzer demnächst eine Entscheidung von Kanzler Scholz kommen, wie es auch SPD-Politiker Nietan am Rednerpult anklingen ließ: Zur Stunde trifft sich der frisch vereidigte Verteidigungsminister Boris Pistorius mit seinem US-amerikanischen Kollegen Austin, zudem steht morgen das Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe in Ramstein an.
Kampfpanzer für Ukraine: Ralf Stegner (SPD) wirft Union „Fixierung auf militärischen Aspekt“ vor
Update vom 19. Januar, 11.31 Uhr: Ralf Stegner (SPD) wirft der Union angesichts ihres Kampfpanzer-Antrags vor: „Ihre Fixierung, ja geradezu Verengung auf den militärischen Aspekt, bleibt falsch.“ Gerade für Deutschland mit seiner Geschichte sollte gelten, dass militärische Alleingänge unbedingt zu vermeiden seien, „genau das tut der Bundeskanzler“.
Scholz liege genau richtig, wenn er „besonnen“ handle und sich nicht „von aufgeregten Debatten auf Twitter“ treiben lasse. Der Kanzler müsse jeden Tag aufs Neue abwägen, wie er die Ukraine bestmöglich unterstütze, ohne die Gefahr zu provozieren, dass der Ukraine-Krieg sich ausweite.
Deutschland sei nach den USA der zweitgrößte Unterstützer der Ukraine im Krieg gegen Russland, so der SPD-Abgeordnete. Der Vorwurf der Union, die Bundesregierung lasse die Ukraine in Stich, sei daher „ein Märchen“. Stegner weiter: „Ich bin froh, dass wir einen Bundeskanzler haben, der die Nerven behält in Fragen von Krieg und Frieden.“
SPD konstatiert Unionbei Panzern „Torschlusspanik“: „Sie müssen heute nochmal Radau machen“
Update vom 19. Januar, 11.12 Uhr: Dietmar Nietan spricht für die SPD zum Antrag der Union auf die Lieferung von Kampfpanzern - und wirft der Union Kalkül vor. „Wir hören von der Union immer nur die gleiche Schallplatte“, schimpft er. „Sie müssen sich fragen, ob in dieser existenziellen Situation Parteipolitik oder ein gemeinsames Miteinander auf der Tagesordnung steht.“ Denn man sei sich ja grundsätzlich parteiübergreifend einig, dass die Ukraine Kampfpanzer zur Verteidigung gegen Russland brauche.
„Ich habe den Eindruck, dass das so eine Art Torschlusspanik ist, weil Sie wissen, dass es morgen substanzielle Beschlüsse in Ramstein geben wird“, so Nietan mit Blick auf das Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe am Freitag (20. Januar) am US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein. „Und heute müssen Sie nochmal Radau machen, damit sie wahrscheinlich sagen können, ohne uns hätten das die Amerikaner und Deutschen und anderen Nato-Partner nicht beschlossen.“ Dies sei eine „kleinkarierte parteipolitische Vorgehensweise“, wirft Nietan der Union vor.
Update vom 19. Januar, 10.40 Uhr: Wadephul geht auch auf das jüngste Argument von Scholz ein, er wolle nur Kampfpanzer an die Ukraine liefern, wenn auch die USA dies tue: Die USA hätten längst erklärt, dass die Entscheidung darüber eine rein nationale Angelegenheit sei, so Wadephul. „Die Nicht-Lieferung von Abrams-Panzern durch die USA hat allein technische Gründe“, so der Vize-Fraktionschef außerdem. Dies erkläre US-Verteidigungsminister Lloyd Austin in diesen Minuten auch dem neuen Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD).
Wegen des Treffens der beiden Verteidigungsminister ist Pistorius bei der Kampfpanzer-Debatte im Bundestag nicht anwesend.
CDU/CSU wirft Scholz folgenschwere Panzer-Blockade vor
Update vom 19. Januar, 10.32 Uhr: Johann Wadephul (CDU), stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion, eröffnet die Debatte zum Unions-Antrag für Panzer-Lieferungen. Er wirft Kanzler Scholz vor, eine Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine scheitere derzeit einzig und allein an Deutschland.
Der Kanzler betone stets, er wolle keinen Alleingang - diese Weigerung sei aber der einzige Alleingang des Kanzlers, „und es ist ein Alleingang, der falsch ist, und der die Ukraine in einer entscheidenden Situation in Stich lässt.“ In deutschen Industriebeständen gebe es fast 200 Leopard-Kampfpanzer, die sofort der Ukraine zur Verfügung gestellt werden könnten, behauptet er. Dass Deutschland dies nicht tue „halten wir für einen Fehler“: „Russland bereitet eine Großoffensive vor, jetzt ist die Zeit, um die Ukraine wirkungsvoll zu unterstützen.“
Ampel soll an Ukraine Kampfpanzer liefern: Union stellt Antrag im Bundestag
Vorbericht: Berlin – Die Debatte um die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern geht weiter – und erreicht heute auch den Bundestag. Ab 10.25 Uhr diskutieren die Abgeordneten über einen Antrag, den die CDU/CSU dort gestellt hat. Das Papier ist auf der Homepage des Parlaments veröffentlicht worden.
Darin fordert die Union die Ampel-Koalition auf, die „Genehmigung für die Ausfuhr von Kampfpanzern, vorrangig des Typs Leopard 1, aus Industriebeständen an die Ukraine umgehend zu erteilen“. Neben der Lieferung eigener Panzer solle die Bundesregierung „Anfragen von Drittstaaten, die Kriegsgerät aus deutscher Produktion an die Ukraine liefern wollen“, zustimmen und die Ausbildung ukrainischer Soldaten an Kampfpanzern und Kriegsgerät aus deutscher Produktion sicherstellen.
Antrag im Bundestag: Union fordert von Scholz die Bereitstellung von älteren Leopard-1-Panzern
Die Union nennt in ihrem Antrag ausdrücklich das ältere Leopard-Modell 1. Im Bestand der Industrie befänden sich „weit über 100 Panzer“ dieses Typs, heißt es. Es gelte, die Rüstungsfirmen schnell mit der Wiederherstellung dieser Panzer zu beauftragen und sie schnellstmöglich im Ukraine-Krieg zu liefern.
Deutschland solle darüber hinaus „aktiv die Koordinierung einer Leopard-2-Allianz übernehmen“, also sich für die Verfügungsstellung der neueren Leopard-Modelle für die Ukraine starkmachen.
Zuletzt hatte Kanzler Olaf Scholz (SPD) erklärt, er wolle seine Entscheidung, Kampfpanzer in die Ukraine zu liefern, von der Entscheidung der USA anhängig machen. Diese solle im Gegenzug Kampfpanzer des Typs „Abrams“ zur Verfügung stellen.
Bundestag will Jesiden-Verfolgung im Irak als Völkermord einstufen
Ein weiteres Thema steht am Donnerstag (19. Januar) im Bundestag zur Abstimmung: Die Einstufung der Jesiden-Verfolgung im Irak im Jahr 2014 als Völkermord in einer überparteilichen Resolution. Die Glaubensgruppe wird im Nordirak durch die radikalislamische IS-Miliz verfolgt.
„Mit dem Beschluss sorgen wir für den notwendigen Verfolgungsdruck“, sagte die SPD-Bundestagsabgeordnete Derya Türk-Nachbaur, die zu den Initiatorinnen des Antrags zählt. „Die Täter von damals müssen mit einer Strafverfolgung rechnen.“ Deutschland sei das Land mit der größten jesidischen Diaspora außerhalb des Siedlungsgebiets. Als solches habe man eine „besondere Verantwortung“, so die Menschenrechtsexpertin.
Brutale Verfolgung der Jesiden im Nordirak
Die religiöse Minderheit der Jesiden wurde unter der Herrschaft der Miliz Islamischer Staat (IS) im Nordirak besonders brutal verfolgt. Die Dschihadistenmiliz hatte 2014 das nordirakische Sindschar-Gebirge erobert, wo die Jesiden seit Jahrhunderten leben. Sie zwang Frauen und Mädchen in die Sklaverei, rekrutierte Jungen als Kindersoldaten und tötete hunderte Männer. Seitdem flohen tausende Jesiden aus der Region.
Der Bundestag ist Vorreiter bei Anerkennung der Jesiden-Verfolgung als Völkermord
Der Bundestag ist das erste Parlament eines großen europäischen Staats, das die Verfolgung der Jesiden im Nordirak 2014 als Völkermord anerkennt. Die Parlamente der Niederlande, Belgiens und Australiens hatten bereits ähnliche Resolutionen verabschiedet. Die Bundestagsresolution wurde von den Ampelfraktionen gemeinsam mit der oppositionellen CDU/CSU-Fraktion vorgelegt.
Er beinhaltet auch eine Reihe von Forderungen an die Ampel-Koalition: Sie solle die Strafverfolgung von Verdächtigen in Deutschland ausbauen, die Beweiserhebung im Irak finanziell stärker unterstützen, ein Dokumentationszentrum in Deutschland fördern, den Irak zum Schutz der Rechte von Jesiden drängen und beim Wiederaufbau zerstörter jesidischer Siedlungen helfen. (smu)
Rubriklistenbild: © Carsten Koall/dpa