„hart aber fair“

ARD-Eklat: Hitzige Debatte um Klimakleber-Idee zu Gesellschaftsrat - „Öffnet dem Willkürstaat Tür und Tor“

Gäste bei „Hart aber fair“: v.l.n.r. Aimée van Baalen (Aktivistin und Sprecherin der „Letzten Generation“), Sven Plöger, (Meteorologe, ARD-Wetterexperte), Konstantin Kuhle (FDP, Stellv. Fraktionsvorsitzender).
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Gäste bei „Hart aber fair“: v.l.n.r. Aimée van Baalen (Aktivistin und Sprecherin der „Letzten Generation“), Sven Plöger, (Meteorologe, ARD-Wetterexperte), Konstantin Kuhle (FDP, Stellv. Fraktionsvorsitzender).

Bei „hart aber fair“ liefert sich CDU-Politikerin Connemann einen Schlagabtausch mit „Letzte Generation“-Aktivistin van Baalen. Es geht um Lobbyismus.

Köln – Direkt vor „hart aber fair“ lief in der ARD noch eine 45-minütige Reportage des ehemaligen Ski-Rennfahrers Felix Neureuther über die Zukunft der Skigebiete. Besser gesagt: Darüber, wie sich die Schneelandschaften durch den klimatischen Wandel verändern. Diesen Ball schnappt Moderator Louis Klamroth anschließend auf und unterhält sich mit seinen Gästen zunächst über Kunstschnee, den dafür notwendigen Energiebedarf und den Tourismus. Schwere Kost, zumal jeder etwas zu sagen hat, aber keine Diskussion ins Rollen kommt.

Louis Klamroth möchte von Sven Plöger wissen, ob die uns bekannten Skigebiete nicht auch möglicherweise ohne menschliches Zutun verschwinden würden. Dazu nimmt der Meteorologe zunächst eine Unterscheidung zwischen Wetter und Klima vor. „Wetter ist das, was wir sehen, wenn wir aus dem Fenster schauen, das Klima ist allerdings die Auswertung. Da sehen wir Waldsterben, wir sehen Hitzerekorde, aber kaum noch Kälterekorde“, zählt Plöger auf.

„hart aber fair“ – diese Gäste diskutieren am 30. Januar mit:

  • Konstantin Kuhle (FDP) – stv. Fraktionsvorsitzender im Bundestag
  • Gitta Connemann (CDU) – Bundesvorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion
  • Aimée van Baalen – Sprecherin der „Letzten Generation“
  • Sven Plöger – Meteorologe
  • Hildegard Müller – Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie

Die Regierung muss das Klimaschutzgesetz beachten, zumindest sollte es so sein. Im Sektor Verkehr wurden die Ziele deutlich verfehlt. Das Gesetz fordert in dem Fall Sofortmaßnahmen. Deswegen stellte Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) im Sommer ein entsprechendes Paket vor, doch dieses hat nichts bewirkt. Klamroth dreht sich zu Konstantin Kuhle (FDP) und fragt unvermittelt: „Kann Volker Wissing nicht, oder möchte er nicht?“

Der provokanten Frage entgegnet Kuhle mit dem gerade beschlossenen 49-Euro-Ticket, das ab 1. Mai 2023 in Kraft treten wird. „Dafür, dass Volker Wissing vor einem Jahr von Andi Scheuer übernommen hat, kann sich das schon sehen lassen“, scherzt Kuhle, um dann wieder ernster zu werden. Der Verkehr sei generell ein Bereich, der sehr träge ist. „Wenn ich mir ein Auto zulege, dann für zehn bis 15 Jahre. Ich kann nicht sofort auf Elektromobilität wechseln, wenn ich mir gerade einen Verbrenner gekauft habe“, erklärt Kuhle.

Tempolimit-Debatte: Plöger argumentiert für Umsetzung – „Es ist schizophren“

Mit dem Wechsel von Schnee zum Auto nimmt dann auch endlich die Debatte an Fahrt auf. Das liegt aber auch an Sven Plöger, der trotz seiner immer zu freundlichen Art mit großem Eifer argumentiert: „Es ist schizophren, dass wir es in Deutschland nicht schaffen, ein Tempolimit umzusetzen. Damit können wir nicht die Welt retten, aber wir können so viel CO₂ einsparen.“ Laut dem Bundesumweltamt seien es 47 Millionen Tonnen bis 2030.

Die Klimaaktivistin Aimée van Baalen schlägt den gleichen Ton an: „Hier geht es nicht nur im Skifahren, hier geht es um das Leben. Wie sollen wir denn Vertrauen in die Regierung haben, wenn nicht mal solche Maßnahmen umgesetzt werden?“ Hildegard Müller wird zusehends unruhiger. „Es gibt keine einfachen Antworten auf komplexe Themen“, sagt die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie.

Damit wischt sie das Tempolimit einfach beiseite und sagt, dass die Umfahrung von maroden und nicht befahrbaren Brücken auch für unnötigen CO₂-Ausstoß sorge. Damit liegt Müller ohne jeden Zweifel richtig, doch lässt sie offen, warum man sich der Wirkung des Tempolimits nicht bedienen sollte.

CDU-Politikerin Connemann spricht sich für AKW-Weiterbetrieb aus – Kritik an „Symbolpolitik“

Auch Gitta Connemann (CDU) stört sich sehr an der „Symbolpolitik mit dem Tempolimit“. Stattdessen solle man lieber die „big points“ einfahren: „Wir könnten einfach unsere drei AKW weiterbetreiben und würden damit jeden Tag mehr emissionsfreie Energie gewinnen.“ Doch Plöger fährt ihr gekonnt in die Parade. Frankreich erzeuge einen Großteil seines Stroms durch Atomkraftwerke. „Warum Frankreich im Sommer dauernd Strom aus Deutschland gekauft hat, liegt daran, dass die Pegelstände in den Flüssen so niedrig waren und die AKW nicht gekühlt werden könnten. Da darf man sich die Welt nicht schönreden.“

Vor einigen Wochen machten erstmals die sogenannten Klimakleber auf sich aufmerksam. Nun kündigte die Klimabewegung „Letzte Generation“ an, dass diese Protestform auf kleinere Städte ausgeweitet wird. Auch Aimée van Baalen klebte bereits auf einer Straße. Ihr sei es zwar nicht egal, wenn sie dadurch unbescholtene Bürger behindere, „doch so lange die Regierung die Verfassung bricht, haben wir keine andere Wahl“. Connemann lehnt sich über den Tisch und wirkt bei ihrer Ansprache gegenüber van Baalen wie die erzürnte Mutter, die ihr Kind zur Vernunft bringen will. Mit weit aufgerissenen Augen fordert Connemann von der Aktivistin, sie möge sich lieber in die Demokratie einbringen und kandidieren.

Connemann gerät ins Wortgefecht mit van Baalen – Kuhle deckt CDU-Politikerin und warnt Aktivistin

In der Show lieferte sich van Baalen einen hitzigen Schlagabtausch mit CDU-Politikerin Connemann. Es ging dabei um Lobbyismus im Bundestag. Der Vorschlag der Aktivistin nach einem sogenannten „Gesellschaftsrat“ stieß auf Ablehnung sowohl bei Connemann als auch bei Kuhle. Die Vorstellung der „Letzten Generation“ laut van Baalen: In dem Rat sollen geloste Bürger zusammenkommen und über Maßnahmen beraten, die die Regierung anschließend umsetzen soll.

„Das macht doch der Bundestag“, sagt FDP-Politiker Kuhle. Zudem seien die Abgeordneten dort nicht gelost, sondern gewählt, ergänzt die CDU-Politikerin. Bürger „wie du und ich“ würden sich aber im Gesellschaftsrat treffen, hakt van Baalen nach, worauf Connemann erwidert, dass die Abgeordneten ja auch Bürger seien. Als sich van Baalen schließlich über zu viele Lobbyisten im Bundestag beschwert, kontert Connemann prompt: „Sie sind auch Lobbyistin.“

Kuhle gibt Connemann Rückendeckung und fügt hinzu: „Das öffnet doch dem Willkürstaat Tür und Tor. Das ist undemokratisch. Das hat mit unserem Grundgesetz nichts zu tun.“ Connemann flüstert noch kurz: „Das ist Anarchie.“ Dennoch bleibt van Baalen bei ihrer Position. Ihr Vorschlag sei immer noch Demokratie, allerdings eben in einer neuen Form. „Passen Sie auf, dass Sie sich nicht weiter radikalisieren. Denn so werden Sie Ihre Ziele nicht erreichen. Ich bin dafür, dass man sich auf die demokratischen Mittel konzentriert“, mahnt Kuhle die Aktivistin.

Van Baalen wird bei „Letzte Generation“ bezahlt – „Für Bildungsarbeit, Vorträge, Gespräche in Schulen“

Interessant war gegen Ende der Sendung dann noch ein Randaspekt. Klamroth fragte van Baalen, ob sie hauptberuflich Aktivistin sei. Überraschenderweise bejaht sie. Auch wenn die Sprecherin der „Letzten Generation“ es anders ausdrückt: „Man kann es nennen, wie man will, aber ich bekomme Geld für Bildungsarbeit, für Vorträge, für Gespräche in Schulen.“

Nachdem der Vorwurf aus der Runde laut wird, betont van Baalen, dass sie kein Geld für das Demonstrieren erhalte, sondern für ihre Bildungstätigkeiten. Die Finanzierung erfolgte durch Spender und Organisationen, was allerdings transparent sei.

„Hart aber fair“ – Das Fazit der Sendung:

Nach der anfänglichen Schnee-Diskussion, die im Anschluss an die Reportage eher aufgesetzt wirkt, kommen auch die Gäste richtig in Schwung. Auch wenn schon zigfach diskutiert, bleibt das Tempolimit ein emotional aufgeladenes Thema. Der Sendung tut es an diesem Abend gut. Danach entwickelt sich eine launige Diskussion, die verschiedene Facetten zu Tage fördert. (Christoph Heuser)

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