„Hier wird NS-Sprache benutzt“
Streitthema Doppelpass: Grünen-Politiker rastet während AfD-Rede aus
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Die Diskussion um die doppelte Staatsbürgerschaft hat im Bundestag schon während der ersten AfD-Rede die Emotionen hochkochen lassen. Grünen-Politiker fühlen sich an die NS-Zeit erinnert.
Berlin - Rund fünf Minuten stand Gottfried Curio an diesem Freitag am Rednerpult im Bundestag. Diese Zeit genügte dem AfD-Politiker locker, um nahezu alle Anwesenden - mit Ausnahme seiner Parteifreunde - gegen sich aufzubringen. Über welches Thema sich der gebürtiger Berliner in teilweise heftiger Wortwahl ausließ? Die doppelte Staatsbürgerschaft, an der sich Curio und Co. schon seit Monaten abarbeiten.
Nun wurde erstmals darüber beraten, ob und inwiefern das sogenannte Staatsangehörigkeitsgesetz geändert werden sollte. Für Curio gibt es keine Zweifel: „Die Verleihung der doppelten Staatsbürgerschaft ist (…) kein Integrationsbeschleuniger - eher im Gegenteil.“ Der 57-jährige studierte Physiker und Musiker findet: „Sie darf nur Antwort sein auf eine zu fordernde Integrationsleistung dessen, der deutscher Staatsbürger werden will. Eine Antwort auf ein definitives und ausschließliches Bekenntnis zu Deutschland.“
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Curio spricht von „entartetem Doppelpass“
Doch damit nicht genug der Curio'schen Warnungen: „Staatsvolk ist Wahlvolk und Wahlvolk kann Staat, Grundgesetz und Demokratie aus den Angeln heben. Ein zur Regel entarteter Doppelpass untergräbt Staat und Demokratie.“ Bereits hier - nach 80 Sekunden Redezeit - waren erste Zwischenrufe aus den Reihen der Grünen zu vernehmen. Claudia Roth konnte nicht mehr an sich halten, Anton Hofreiter redete sich mit hochrotem Kopf richtiggehend in Rage. „Sie, schämen Sie sich! Hier wird NS-Sprache benutzt und Sie klatschen“, wetterte der gebürtige Münchner in Richtung der eifrig applaudierenden AfD-Männer und -Frauen am rechten Rand (des Saals).
Curio ließ sich von den Reaktionen jedoch keineswegs aus der Ruhe bringen, legte sogar noch nach. Mit der doppelten Staatsbürgerschaft hätten Migranten einen „geistigen Rückfahrschein in der Tasche“.
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Berlin-Neukölln als Klein-Anatolien betitelt
Nachdem Curio die türkischstämmige Integrationsbeauftragte Aydan Özoguz in einem Nebensatz als „Musterbeispiel misslungener Integration“ betitelt hatte, stellte er fest: „Niemand kann zwei Herren dienen.“ Für die Zukunft der Bundesrepublik sieht der AfD-Politiker schwarz: „Wir kennen die Geburtenraten. Es bedarf keiner Phantasie, soll Klein-Anatolien - Berlin-Neukölln -, soll Syrien, soll Inner-Afrika (…) bald direkt die deutsche Politik bestimmen?“
Fehlen durfte da natürlich auch nicht der Verweis auf den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan, dem er eine „Ideologie einer feindlichen Übernahme“ vorwirft. In seinem Redeschwall war Curio da schon längst nicht mehr zu bremsen. Auch nicht von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble, dessen Bitte um eine Zwischenfrage er mit einem unmissverständlichen „Nein“ brüsk zurückwies.
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Denn für das große Finale hatte sich Curio noch einen Seitenhieb auf Angela Merkel und ihre Christdemokraten aufgehoben. „Auch die CDU wollte jüngst die Optionspflicht wiederhaben. Und? Die Schwarzen nehmen es hin, dass ihre rot-grüne Kanzlerin so einen Parteitagsbeschluss mal eben wegwischt als gäbe es ihn nicht“, schob der Doppelpass-Gegner der Polit-Konkurrenz den Schwarzen Peter zu. Bezeichnend auch sein flammender Appell an die CDU zum Abschluss: „Folgen Sie Frau Merkel nicht, sondern handeln Sie für Deutschland.“ Applaus gab's dafür nur vom rechten Rand. Von vielen anderen Abgeordneten wurde Curio für seinen Auftritt ausgebuht.
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mg
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