Er kam mit dem Zug aus Frankreich
Anis Amri an Bahnhof in Mailand erschossen
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Mailand - Der mutmaßliche Attentäter von Berlin, Anis Amri, wurde in der Nähe von Mailand erschossen. Das italienische Innenministerium bestätigte mehrere Medienberichte am Freitag.
Der wegen des Berliner Lastwagen-Anschlags europaweit gesuchte Tunesier Anis Amri ist auf seiner Flucht von einer Polizeistreife bei Mailand erschossen worden. Generalbundesanwalt Peter Frank betonte am Freitag, nach dem Tod des mutmaßlichen islamistischen Terroristen sei „von großer Bedeutung“, ob er ein Unterstützernetzwerk, Mitwisser oder Gehilfen hatte. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kündigte eine rasche Überprüfung an, „inwieweit staatliche Maßnahmen verändert werden müssen“. Sie dringt auf schnellere Abschiebungen nach Tunesien.
Der 24-Jährige habe am Freitagmorgen bei einer Routineüberprüfung durch zwei junge Polizeibeamte „ohne zu zögern“ seine Waffe gezogen und gefeuert, sagte Italiens Innenminister Marco Minniti in Rom. Der Tunesier soll zuvor mit dem Zug über Frankreich nach Italien gereist sein. Am Bahnhof Sesto San Giovanni im Großraum Mailand begegnete er um etwa 03.30 Uhr den Polizisten, die ihn beim Schusswechsel töteten. Ein an der Schulter getroffener 36-jähriger Polizist schwebe nicht in Lebensgefahr, sagte Minniti. Amri hatte jahrelang in Italien gelebt, zeitweise in Haft.
IS-Agentur veröffentlicht Bekennervideo von Anis Amri
Das IS-Sprachrohr Amak veröffentlichte am Freitag ein Video, auf dem der mutmaßliche Berlin-Attentäter zu sehen sein soll. In der knapp dreiminütigen Aufnahme schwört Amri dem Anführer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS), Abu Bakr al-Bagdadi, die Treue. Die Echtheit der des Videos, das in Berlin aufgenommen worden sein könnte, konnte zunächst nicht unabhängig bestätigt werden.
Vom Anschlag in Berlin zum Tod in Mailand: Chronologie der Ereignisse
Für die Bundesanwaltschaft sei „vor allem auch von Interesse, ob die Waffe, die bei Anis Amri in Mailand gefunden wurde, die Tatwaffe von Berlin ist“, sagte Frank. Nach dem Mann war seit Donnerstag mit deutschem Haftbefehl gefahndet worden. Amri soll am Montagabend in Berlin mit einem gestohlenen Lastwagen in den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche gerast sein. Dabei starben mindestens zwölf Menschen, 53 wurden teilweise lebensgefährlich verletzt. Amris Fingerabdrücke wurden mehrfach an dem Lkw sichergestellt.
Justizminister Heiko Maas (SPD) und Innenminister Thomas de Maizière (CDU) kündigten rasche Beratungen über Konsequenzen aus dem Terroranschlag an. Bei den Gesprächen werde es im Januar „insbesondere um die Fragen gehen, wie Ausreisepflichtige so schnell wie möglich abgeschoben werden und wie Gefährder noch besser überwacht werden können“, sagte Maas. Deutsche Sicherheitsbehörden hatten den Tunesier als Gefährder im Blick. De Maizière verwies auf seinen „längst“ vorliegenden Gesetzentwurf zur Abschiebehaft bei ausreisepflichtigen Gefährdern und zur Ausgestaltung der Duldung. „Darüber hinaus werde ich mir vorbehalten, weitere Vorschläge zu unterbreiten, um Deutschland noch sicherer zu machen.“
Merkel verspricht Konsequenzen aus Fall Amri
Merkel erklärte, sie habe mit dem tunesischen Präsidenten Beji Caid Essebsi telefoniert. „Ich habe dem Präsidenten gesagt, dass wir den Rückführungsprozess (...) noch deutlich beschleunigen und die Zahl der Zurückgeführten weiter erhöhen müssen.“ Bei der Frage der Rückführungen habe es im laufenden Jahr bereits Fortschritte gegeben. Nach dem Anschlag war bekannt geworden, dass eine Abschiebung Amris gescheitert war, weil er keinen Pass hatte. Merkel würdigte das Eingreifen der italienischen Behörden. „Unser großer Dank geht an die italienische Polizei und die übrigen Kräfte von Sicherheit und Justiz für die denkbar engste Zusammenarbeit in diesem Fall.“
Auf Amris Spur waren die Berliner Ermittler gekommen, als sie in dem Lastwagen seine Duldungspapiere fanden. Der 2015 über Freiburg nach Deutschland eingereiste Tunesier war Medienberichten zufolge in Italien und seinem Heimatland zu Haftstrafen verurteilt worden.
Merkel betonte am Freitag, bei aller momentanen Erleichterung bestehe die Gefahr des Terrorismus „wie seit vielen Jahren weiter“. Für sie selbst wie für die gesamte Bundesregierung sei es oberste Pflicht des Staates, die Bürger zu schützen. Merkel fügte hinzu: „Unsere Demokratie, unser Rechtsstaat, unsere Werte, unsere Mitmenschlichkeit - sie sind der Gegenentwurf zur hasserfüllten Welt des Terrorismus. Und sie werden stärker sein als der Terrorismus.“
Behörden arbeiten europaweit zusammen
Die deutschen Behörden überprüften nach dem Anschlag von Berlin Sicherheitsmaßnahmen auf allen Ebenen und verstärkten sie vielfach, bekräftigte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums. „Gehen Sie ganz generell davon aus, dass alle Behörden in Bund und Ländern nach solchen Anschlägen alle möglichen Sicherheitsvorkehrungen noch einmal durchgehen, sozusagen jeden Stein umdrehen.“ Welche Schritte nach dem Anschlag im Detail ergriffen worden seien, wolle er nicht sagen - damit Menschen, die etwas planten, davon nichts erführen.
Mehr Informationen bekommen Sie in unserem News-Ticker zum Anschlag in Berlin sowie auf unserer Themenseite. Neue Zeugenaussagen weißen außerdem darauf hin, dass Amri von ganz „oben“ unterschätzt wurde.
Bilder: Hier wurde Anis Amri erschossen



