Handball
Aufstieg! Ganz besondere HSV-Glücksmomente
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Solingen-Gräfrath steigt nach einem dramatischen 23:22-Sieg in Buchholz vorzeitig in die 1. Liga auf.
Von Lutz Clauberg
Die Zweitliga-Saison 2022/23 trägt nur einen Namen: den des HSV Solingen-Gräfrath. Seit Samstagabend um 20.25 Uhr nämlich ist es amtlich – das als Außenseiter mit Chancen auf das obere Tabellendrittel gestartete Team von Kerstin Reckenthäler vollstreckte in Buchholz in der Nordheide den ersten Matchball und feierte dank des an Dramatik kaum zu überbietenden 23:22-Sieges Meisterschaft und Erstliga-Aufstieg.
Nach dem Abpfiff des Schiedsrichtergespanns Martin Thöne/Marijo Zupanovic, das seinen dritten Einsatz binnen vier Tagen souverän über die Bühne brachte, brachen im „Luchsbau“ alle Dämme – mit reichlich Tränen und Emotionen, Humba und Freudengesängen mit den Anhängern. „Wir sind so was von verdient aufgestiegen“, brachte Lara Karathanassis den allgemeinen Tenor auf den Punkt und schob die Begründung gleich nach: „Wir sind eine absolute Kampftruppe.“
„Dass wir das geschafft haben, ist unglaublich“, sagte Kerstin Reckenthäler. „Ich bin extrem stolz und überwältigt.“ Dass die Gefühle so überschwappten bei allen direkt oder auch nur indirekt Beteiligten, lag am Zustandekommen des 21. Saisonsieges, der am seidenen Faden hing. Die Luchse und der HSV lieferten sich eine furiose Abwehrschlacht, die an Intensität Maßstäbe setzte. Da lag wiederum auch an der großzügigen Leitung der Referees – anders ausgedrückt: Es ging knallhart und extrem körperbetont zur Sache. Ganz nach dem Geschmack des neuen Zweitliga-Meisters. „Davon lebt der Handball“, meinte die beste Gräfrather Werferin Pia Adams, die vor zwei Jahren bereits mit Sachsen Zwickau den Aufstieg in die 1. Bundesliga bejubelte.
„Ich bin extrem stolz und überwältigt.“
Über weite Stecken der ersten Halbzeit war der HSV der Herr im Haus. Vor offiziell 531 Zuschauern sorgte Cassandra Nanfack mit spektakulären Einzelaktionen für reichlich Furore. Carina Senel spielte eine starke Partie am Kreis, Pia Adams vollstreckte ordentlich, Lucy Jörgens gelangen zwei wichtige Tore, Natascha Krückemeier hielt gut. Zumindest bis zur 10:6-Führung (17. Minute) sprach alles für einen souveränen Auswärtssieg. Weit gefehlt: Die Luchse kamen mit viel Willen und viel Druck aus dem Rückraum heran, der 13:15-Pausenstand ging deshalb auch in Ordnung. Pia Adams versenkte, weil sie einen Pfiff vom Zeitnehmertisch als Pfiff des Schiedsrichters wahrnahm, einen Strafwurf unmittelbar vor der Pause – und wurde zurückgepfiffen. Den zweiten Versuch entschärfte die immer stärker werdende Mareike Vogel.
Die Luchse stellten mit Wiederanpfiff Cassandra Nanfack kalt. Die knallharte Abwehr brachte den kompletten HSV in große Schwierigkeiten. Vanessa Brandt zum Beispiel ließ sich den Schneid abkaufen. Franziska Penz sprang in die Bresche. Ihr drittes Tor zum 20:20 (53.) war unfassbar wichtig. Pia Adams und Jule Polsz legten nach, den Schlusspunkt setzte Vanessa Brandt. Mandy Reinarz' verworfener Siebenmeter 41 Sekunden vor dem Ende, bei dem sie die bereits auf dem Hosenboden liegende Torhüterin Mareike Vogel anwarf, spielte keine Geige mehr: Selbst eine Punkteteilung hätte dem HSV zum Titel gereicht.
HSV: Krückemeier, Gün, Grewe (nicht eingesetzt = n.e.); Adams (7, 2), Nanfack (4), Penz (3), Polsz (2), Senel (2), Jörgens (2), Reinarz (2, 1), Brandt (1), Kamp, Karathanassis, Müller (n.e.), Weyh (n.e.), Kunert (n.e.)
2. Liga
Im Rennen um den Relegations-Platz hinter dem HSV hat Frisch Auf Göppingen die besten Karten. Letzter Gegner ist der Drittletzte Mainz-Bretzenheim, der allerdings unbedingt gewinnen muss: um womöglich noch die TG Nürtingen abzufangen. Frisch-Auf-Jäger Füchse Berlin steht in Regensburg unter Zugzwang, um im Falle eines Göppinger Patzers parat zu stehen.
Kommentar von Jürgen König: Solingen ist Hauptstadt
Die Frauen des HSV Gräfrath haben es geschafft und Solinger Sport-Geschichte geschrieben. Mit dem Aufstieg in die 1. Bundesliga, wo die Männer des Bergischen HC schon seit Jahren eine feste Größe sind, hat das Team der großartig agierenden Trainerin Kerstin Reckenthäler die Klingenstadt zur Hauptstadt im Profi-Handball gemacht. Nirgendwo anders – Göppingen oder Berlin können allerdings noch nachziehen – gibt es derzeit diese herausragende Konstellation. Sie verdient allerhöchsten Respekt. Und das weit über die Vereins- und Sportartgrenzen hinaus.