Tennis
Noor hat hohe Ziele – nicht nur im Tennis
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Zwölfjährige Ägypterin schlägt seit wenigen Monaten für die TSG Solingen auf.
Von Sonja Bick
Noor Zein liebt Tennis. Am liebsten würde die Zwölfjährige, die im November ihren 13. Geburtstag feiert, Profi werden. Das war schon in Ägypten so, und das ist auch in Deutschland so geblieben. Aber davon abgesehen, hat sich für die Achtklässlerin eine Menge verändert: Vor genau einem Jahr kam sie mit ihrer Mutter Mai und ihren drei jüngeren Geschwistern nach Solingen. Ihr Vater Ahmed, der als Arzt arbeitet, war zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Jahre hier, hatte sich um einen Haufen Bürokratie gekümmert und zahlreiche Prüfungen, unter anderem Sprachtests, bestanden – und so die Grundlage für die gemeinsame Zukunft in Deutschland gelegt. „Wir sind für unsere Kinder hierhergekommen. Deutsche Schulen und Universitäten sind sehr gut“, sagt Ahmed Zein und ergänzt: „Und auch das Gesundheitssystem.“
Seine älteste Tochter Noor steht bereits seit ihrem fünften Lebensjahr auf dem Tennisplatz, spielte für einen großen Verein in Kairo, trainierte viermal pro Woche, gewann Turniere und war landesweit die Nummer 245 ihrer Altersklasse. Als sie vor einem Jahr nach Solingen kam, schaute sich die Familie nach einem Tennisverein um und fand so zur TSG. „Man hat direkt gesehen, dass sie sehr talentiert ist“, sagt ihre Trainerin Indra Riediger.
„Ich möchte mehr trainieren und Profi werden.“
Noor Zein, Tennis-Talent aus Ägypten
Um sie besser fördern zu können, trainiert sie mit älteren Mädchen und auch Jungs – und sie war Teil der Damenmannschaft, die den Aufstieg aus der Bezirksklasse B feierte. „Ich war erst skeptisch, dass ich mit Erwachsenen spielen sollte“, sagt Noor Zein rückblickend, die sich selbst als eher schüchtern beschreibt. „Aber alle waren sehr nett, und ich bin toll aufgenommen worden. Auch meine Trainerin hilft mir immer.“ Diese Sätze kommen der Zwölfjährigen größtenteils auf Deutsch über die Lippen, manchmal hilft sie sich aber mit Englisch aus, und hin und wieder fragt sie ihren Vater auf Arabisch, der dann übersetzt.
„Mein Ziel ist es, richtig Deutsch zu lernen und Freunde zu finden“, sagt Noor, die die Sprache als sehr schwer empfindet. Seit November 2019 geht sie zwar in die Schule, doch die lange Corona-Pause sei nicht leicht gewesen. „Noor taut langsam auf, was viel mit der Sprache zu tun hat“, sagt Indra Riediger. Die meisten Übungen müsse sie mittlerweile nicht mehr ins Englische übersetzen.
Weitere Ziele hat sich die Zwölfjährige auch schon gesetzt: „Ich möchte gut in der Schule sein, um eventuell Sport studieren zu können.“ Und bezogen auf ihr Hobby: „Ich möchte mehr trainieren und Profi werden.“ Ihre Fitness und ihre Technik sieht sie als ihre Stärken. Auch die Rückhand, die sie viel trainiert habe. „Noor ist mental extrem stark“, sagt ihre Trainerin. „Und sie ist erfahren, spielt ihr Spiel. Nervosität merkt man ihr nicht an.“ Und sie sei einfach ein tolles Mädchen, ergänzt Riediger.
Doch man merkt der Zwölfjährigen auch an, dass es als angehender Teenager alles andere als einfach ist, seine Heimat zu verlassen und in einem fremden Land komplett neu anzufangen. Da ist zum einen die neue Sprache, und sie findet die Deutschen allgemein etwas strenger. Zudem vermisst sie ihre Familie, ihre Freunde und auch den Trubel ihrer Heimatstadt Kairo. „Dort ist es immer laut, auch wenn man nachts schlafen will. Und es ist sehr voll“, sagt Noor.
Trotz vieler Herausforderungen immer ein Lächeln auf den Lippen
So empfindet die Familie Solingen als „leer“, aber auch als „schön grün“. Alle mögen den Blick in ihren Garten und auf die Bäume, deren Blätter sich langsam herbstlich verfärben. „Die Farben hier sind toll und die Jahreszeiten. Das kennen wir so aus Ägypten nicht“, sagt die Zwölfjährige, die immer ein Lächeln auf den Lippen hat und trotz vieler Herausforderungen optimistisch in die Zukunft blickt.
Und wenn es ihr mal nicht so gut geht, helfen ihre Eltern, ihre drei Geschwister und auch das leckere landestypische Essen ihrer Mutter, um sich rundum wohl zu fühlen. Und natürlich der Tennissport sowie ihr neuer Verein, der es ihr erleichtert, Solingen mehr und mehr als ihre neue Heimat zu empfinden.
Familie
Ahmed Zein arbeitet als Gefäßchirurg an einem Krankenhaus in Wesel. Seine Frau Mai, die am 12. Oktober 2019 mit den vier gemeinsamen Kindern nach Solingen kam, ist ebenfalls Ärztin und möchte – wenn sie die entsprechenden Prüfungen bestanden hat – im Bereich Ernährungsmedizin arbeiten. Sie ist sehr dankbar für die Unterstützung, die die Familie bislang erfahren hat. Noor Zein (12) besucht die achte Klasse der Alexander-Coppel-Gesamtschule, ihr Bruder Mohamed (10) ist Viertklässler, Heidi (5) geht in den Kindergarten, Omer (3) wartet noch auf einen Platz.