Handball
BHC feiert reifen Erfolg im Hexenkessel von Wetzlar
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Handball-Bundesliga: Die Bergischen gewinnen vor mehr als 4000 Zuschauern in Wetzlar 28:22 (13:13). Einer ist mit frischem Haarschnitt dabei. Mit Stimmen von Trainer und Geschäftsführer.
Kurz vor der Halbzeitpause war für Jamal Naji der Spaß vorbei. Der Trainer des Bergischen HC ärgerte sich massiv, weil seiner Mannschaft 25 Sekunden vor der Sirene der Ballbesitz aberkannt worden war, obwohl zuletzt augenscheinlich ein Spieler der HSG Wetzlar die Kugel berührt hatte. Najis Zorn schien sich über Emil Mellegard zu entladen, doch eigentlich kam in der Situation nur Magnus Fredriksen für die Berührung infrage.
Fakt war: Es ging mit 13:13 in die Kabinen, die Gemüter beruhigten sich, und aller Frust war bei Naji 30 Spielminuten später vergessen. Seine Mannschaft legte eine unheimlich reife zweite Halbzeit hin, feierte einen 28:22-Sieg und schickte die Gastgeber damit ins Tal der Tränen.
Nach wenigen Minuten war bereits klar gewesen, dass die Bergischen vor einem harten Kampf bei der strauchelenden HSG stehen würden. Erst ein Mal hatten die Gastgeber in dieser Saison zu Hause gewonnen, doch sie wirkten vor mehr als 4000 Fans – mindestens 100 aus dem Bergischen Land – wild entschlossen, das gegen den BHC zu ändern. Der begann mit zwei Paraden von Christopher Rudeck und anschließenden Toren durch Alexander Weck beziehungsweise Isak Persson erfolgreich.
Doch in der Folge griff auch Wetzlars Schlussmann Till Kimpke immer wieder entscheidend ein. Im Positionsangriff hatten die Löwen oft Probleme – vor allem über die rechte Angriffsseite.
Noah Beyer: Mit Kurzhaarschnitt in die Partie BHC - HSG Wetzlar
Lukas Stutzke erzielte ein paar beflügelnde Treffer aus dem Rückraum, Frederik Ladefoged verwandelte vom Kreis, und der mit frischem Kurzhaarschnitt auflaufende Noah Beyer verwandelte die Siebenmeter sicher. Stefan Cavor war bei der HSG für die einfachen Tore zuständig – was den Hausherren beim 9:7 die erste Zwei-Tore-Führung in der 19. Minute einbrachte. Der BHC fing sich, das 13:13 zur Pause war leistungsgerecht.
Die Partie blieb auch nach Wiederanpfiff hektisch und vor allem nickelig. Frederik Ladefoged und Jovica Nikolic gerieten in ein Wortgefecht, Tom Kare Nikolaisen war zuvor wegen zu geringen Abstands beim Wetzlarer Anwurf für zwei Minuten vom Feld geschickt worden. Die Unparteiischen wirkten leicht überfordert. Doch dies waren Rückschläge, die der BHC verkraftete. Noah Beyer erzielte in Unterzahl das 20:18, Persson legte zwei weitere Treffer nach. Dazwischen parierte Rudeck, und der BHC führte 22:18.
Die Gäste hatten die Mittelhessen nun also genau da, wo sie sie haben wollten. Alexander Weck, der über weite Strecken erneut als Spielmacher statt des angeschlagen vor allem in der Deckung auflaufenden Linus Arnesson fungierte, zog genau wie Nikolaisen gegnerische Zeitstrafen.
Den so ambitioniert gestarteten Wetzlarern lief damit mehr und mehr die Zeit davon. Rudeck gelangen noch ein paar herausragende Paraden inklusive eines weiteren Strafwurfs, Noah Beyer erzielte das spektakulärste Tor des Tages. Der 1,80 Meter große Außenspieler zog zur Mitte, stieg hoch und donnerte die Kugel aus dem Rückraum über deutlich länger gewachsene Handballer zum 25:21 in die Maschen. Klimpke war bei der HSG kein Faktor mehr.
Fünf Minuten vor Schluss stand der BHC bereits fast als Sieger fest. Mit aller Konsequenz und Reife legte er nach und ließ es nicht mehr ansatzweise spannend werden. Stutzke und Beyer erhöhten, der für den überragenden Beyer eingewechselte Tobias Schmitz setzte den offensiven Schlusspunkt zum 28:22.
Dass Rudeck mit seiner 16. und letzten Parade auch noch den dritten von sechs Siebenmetern der Mittelhessen entschärfte, passte ins Bild. Der Blick des BHC geht mit ausgeglichenem Punktekonto wieder in die obere Tabellenhälfte, Wetzlar gräbt sich mit zuletzt 0:18-Zählern in Folge tief unten ein.
„Umso imponierender war es, wie wir dagegen gehalten haben.“
„Die Körpersprache von Wetzlar war von Anfang an imponierend“, sagte BHC-Coach Jamal Naji. „Umso imponierender war es, wie wir dagegen gehalten haben und auch spielerisch bestimmend waren. Mit unserer Abwehrqualität und einer guten Torhüter-Kooperation haben wir dem Gegner große Probleme bereitet und uns diesen Sieg dann verdient.“
Stimmen zum Erfolg von Jörg Föste und Jamal Naji
Jörg Föste fasste den 28:22-Erfolg des BHC kurz und knapp zusammen: „22 Gegentore auswärts – das sagt alles über unsere Deckung und Torhüter-Qualität aus. Das waren die beiden Pfunde, die uns erheblich nach vorne getragen haben.“
Der BHC-Geschäftsführer verließ komplett zufrieden die Wetzlarer Buderus-Arena. Dass die Partie in der zweiten Halbzeit letztlich souverän an die Löwen ging, habe auch daran gelegen, dass ein paar Spieler aus dem Kollektiv herausragten. „Wir haben eine gewisse Grundqualität. Wenn dann zwei oder drei herausstechen, ist das in solchen Spielen entscheidend.“
Gefreut hat sich der 62-Jährige über die Leistungen im Rückraum von Lukas Stutzke und Alexander Weck. Erstgenannter präsentierte sich extrem zweikampfstark, Weck erzielte nicht nur vier Tore, sondern verbuchte als Spielmacher auch fünf Vorlagen. Außerdem überzeugten in Isak Persson und Noah Beyer beide Außenspieler mit sechs beziehungsweise neun Treffern. Beyers Wahnsinnstor aus dem Rückraum zum 25:21 war dabei nur eines der Highlights.
„Wir hatten eine Phase von zehn Minuten, in der wir jedes Gegentor sofort mit einem eigenen Treffer beantwortet haben“, meinte Chefcoach Jamal Naji. Vorentscheidend sei zudem die eine Situation in doppelter Unterzahl gewesen, in der die HSG Wetzlar es verpasste, noch einmal auszugleichen. Stattdessen trafen Stutzke und auch Beyer jeweils mit einem Spieler weniger auf der Platte.
„Diese Szenen sprechen für unser Kämpferherz“, urteilte Föste. „Denn die Wetzlarer Fehler haben wir erzwungen.“
Naji und Föste waren begeistert, wie gut es dem BHC gelang, eine „bis hin die Haarspitzen motivierte HSG“, wie Föste es nannte, in Schach zu halten. Naji: „Wir sind wirklich stabil geblieben und haben versucht, die Thermik in der Halle für uns zu nutzen. Reif ist das richtige Wort dafür.“
BHC: Aktuelles zu Personal und Schiedsrichter
Simen Schönningsen wollte sein Comeback geben, fiel aber erneut wegen eines Muskelfaserrisses aus. Aus demselben Grund musste Tomas Babak noch passen.
Schiedsrichter: An Julian Köppl und Denis Regner hat der BHC keine positiven Erinnerungen. Das Duo leitete die 26:27-Niederlage der Löwen in Stuttgart Anfang Oktober 2022. In der Partie bekamen die Schwaben kurz vor Schluss eine Auszeit, obwohl sie nicht in Ballbesitz waren.