Handball
Haben die Schiris den BHC in Magdeburg verpfiffen?
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Analyse: Beim 21:23 (10:8) hat der Handball-Bundesligist eine überragende Leistung gezeigt – Stein des Anstoßes war auch die Spielleitung.
Von Thomas Rademacher
Es gehört zum Sport, dass es auf dem Feld auch mal emotional zugeht, wenn man sich vom einen oder anderen Schiedsrichter-Pfiff benachteiligt fühlt. Es gehört auch dazu, dass Fans die Vereinsbrille aufhaben und mit ihrer Kritik an den Unparteiischen über das Ziel hinausschießen. Und ja, oft sind die Referees der Abladeplatz allen Frusts, obwohl sie mit etwas Distanz gar nicht so viel falsch gemacht haben. Im Fußball wird teilweise mehr über die Schiris gesprochen als über die Leistungen der beteiligten Teams. Keine Frage, für diesen Job braucht man ein dickes Fell. Das Gespann, das die Partie von Handball-Bundesligist Bergischer HC am Sonntagnachmittag beim SC Magdeburg gepfiffen hat, gehört allerdings tatsächlich auf den Prüfstand.
„Die in den SCM-Auszeiten verordnete Strategie der Zeitstrafen-Provokationen hat auf der Zielgeraden den Ausschlag gegeben. So hat nicht die bessere Mannschaft gewonnen“, sagte Jörg Föste über die Partie. „Mit dieser Aussage ist man beileibe kein schlechter Verlierer, sondern schlicht und einfach Realist.“ In diesen Worten des BHC-Geschäftsführers steckt viel Zündstoff drin. Nicht nur kritisiert der 62-Jährige die Ansagen von Magdeburgs Coach Bennet Wiegert, sondern indirekt auch die Schiedsrichter.
Was war passiert? Wiegert forderte zunächst von seinem Team, den Unparteiischen Zeitstrafen deutlicher anzuzeigen – was nichts anderes bedeutet, als sich beim Kontakt auch hinzulegen oder Körperteile festzuhalten. Später erwartete er noch gezielt, Lukas Stutzke anzugreifen, weil der BHC-Spieler bereits zwei Zeitstrafen auf dem Konto hatte und bei einer dritten Rot gesehen hätte.
Besonders sportlich klingt das nicht, wenn Wiegert dies in den Auszeiten mit seinem Team bespricht. Doch es gibt eine Kehrseite. Zum einen forderte der Coach nicht, Strafen vorzutäuschen, sondern Kontakte deutlicher anzuzeigen. Zum anderen könnte auch Wiegert erkannt haben, dass die beiden Unparteiischen mit der Partie einfach maßlos überfordert waren. Es wäre nicht nötig, Kontakte deutlich zu machen, wenn die berechtigten Pfiffe auch so kämen.
Und tatsächlich: Steven Heine und Sascha Standke hatten das Match nicht im Griff. Zunächst agierte das Duo kleinlich und schickte die BHC-Spieler für vergleichsweise harmlose Aktionen früh für zwei Minuten auf die Bank, später ließen sie auch gröbere Dinge laufen. Eine Linie war nicht zu erkennen – völlig abgesehen davon, dass bis fünf Minuten vor Schluss nur der BHC Zeitstrafen kassiert hatte.
Ärgerlich war aus Sicht der Gäste, dass sie sich zu Recht benachteiligt fühlten. Es ist der Mannschaft hoch anzurechnen, dass sie sich während des Matchs nicht an den Pfiffen oder dem Ausbleiben dieser aufrieben. Ebenso ehrt es zum Beispiel Torhüter Christopher Rudeck, dass er im Interview nach dem Spiel völlig ruhig blieb und eine Schiri-Kritik eigentlich nur im Subtext mitschwang.
Nur ein paar Beispiele, die nicht für die Spielleitung sprachen: In der ersten Halbzeit hoben Heine und Standke die Hand, um Zeitspiel anzuzeigen. Das bedeutet, dass der BHC ab diesem Moment noch vier Pässe zur Verfügung hatte, um zum Wurf zu kommen. Nicht immer wissen die Handballer genau, ab welchem Moment das Zeitspiel gilt. Der Pass zu Lukas Stutzke, der aus der Dynamik abschloss – und traf – war jedenfalls der fünfte. Das Tor zählte also nicht, doch das war nicht alles: Die Schiedsrichter verhängten gegen das BHC-Rückraum-Ass sogar eine Zeitstrafe, weil er den Ball nicht sofort abgelegt hatte. In der Schnelligkeit der Aktion war dies allerdings auch nicht möglich. Auch nach mehrmaligem Videostudium will diese Hinausstellung nicht einleuchten.
Sprung zum Ende: Der SC Magdeburg führte 22:21, die letzten Sekunden der Partie liefen. Nach einem Pass zurück zu SCM-Torhüter Mike Jensen hoben die Schiris den Arm – Zeitspiel. Jensen spielte einen weiteren Pass, Wiegert nahm die Auszeit, und Heine/Standke zeigten an, dass der SCM den Ball noch vier Mal spielen dürfe. Dabei hatte das Duo doch in der ersten Halbzeit eindrucksvoll bewiesen, dass es bis vier zählen kann.
War das nun entscheidend? Vermutlich nicht. Doch die beiden hatten wirklich kein glückliches Händchen – und zumeist war der BHC am falschen Ende der Entscheidung. Die Rote Karte gegen Frederik Ladefoged war unberechtigt, die gegen Arnor Gunnarsson hingegen zwingend. Magdeburgs Philipp Weber bekam für ein Stürmerfoul gegen Djibril M'Bengue einen Siebenmeter, Tomas Babak nach einem Durchbruch inklusive Zeitstrafe für den Gegner kurz vor Schluss nicht. Es kam einiges zusammen.
Eine gewisse Fehlertoleranz muss Schiedsrichtern in der Hitze des Gefechts natürlich zugestanden werden. Und nein, Heine/Standke haben den BHC selbstverständlich nicht absichtlich benachteiligt. Aber sie waren mit diesem Match überfordert – BHC-Brille und Lokalkolorit hin oder her.
BHC-Podcast
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