Handball
BHC liefert den besten Fehlschlag der Saison
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Handball-Bundesliga: Die Löwen haben den SC Magdeburg am Rande einer Niederlage, verlieren aber 21:23 (10:8).
Von Thomas Rademacher
Viel besser hätte der Bergische HC defensiv wohl nicht gegen den SC Magdeburg spielen können. Der Außenseiter raubte dem Deutschen Meister vor dessen eigenen Fans alle Zweikampfstärken, zwang ihn so zu Rückraumwürfen und unterband durch einen extrem disziplinierten Angriff zudem das allseits gefürchtete Tempospiel des Gegners. Der Lohn: Die Löwen kassierten vor der Pause nur acht Tore gegen die Mannschaft, die in dieser Saison bisher am häufigsten getroffen hat. Der BHC kam für die Sensation infrage, musste sich aber doch mit einer 21:23 (10:8)-Niederlage abfinden.
17 Minuten waren gespielt, als Philipp Weber die Partie für Magdeburg ausglich – zum 3:3. Diese Kuriosität lag nicht an massiv vielen Fehlern, die beide Mannschaften begangen hätten, als vielmehr herausragenden Abwehr- und Torhüterleistungen. Christopher Rudeck kam in BHC-Diensten sofort gut ins Spiel, Gleiches galt für sein Gegenüber Mike Jensen. Die Gäste verteidigten extrem aggressiv, schoben zu, so dass die Magdeburger nicht zu ihren gewohnten Durchbrüchen kamen. Nebeneffekt dieser Marschroute waren zahlreiche Zeitstrafen und sogar eine Rote Karte gegen Frederik Ladefoged, der Kay Smits im Gesicht erwischt hatte. Die Unterzahl-Situationen überstanden die Löwen in der ersten Hälfte allerdings bravourös.
Und als die Magdeburger dann doch mal mit zwei Toren vorlegten, ließen sich die Gäste nicht beirren und trafen fortan selbst etwas hochprozentiger. Denn so diszipliniert wie der Angriff auch funktionierte, rieben sich auch die Löwen immer wieder auf und ließen diverse Chancen ungenutzt. Tom Kare Nikolaisen, Noah Beyer, Lukas Stutzke und nochmals Beyer ließen es etwas einfacher aussehen und stellten mit einem 4:0-Lauf auf 10:8 zur Pause. Elias Scholtes sowie wieder Beyer erhöhten nach Wiederanpfiff gar auf 12:8, während Rudeck zwischen den Pfosten richtig heiß lief. Er hielt sogar einen Strafwurf, nachdem Arnor Gunnarsson die zweite Rote Karte der Partie ebenfalls nach einem Gesichtstreffer gesehen hatte.
Keine Frage, der BHC hatte den SCM genau da, wo er ihn haben wollte. Es blieb eine in jeder Hinsicht bemerkenswerte Vorstellung, die jedoch nicht belohnt wurde. Zum einen, weil auch die Ostdeutschen weiterhin gut verteidigen, zum anderen, weil die Gäste das Energielevel nicht ganz bis zum Schlusspfiff halten konnten. Neben den beiden Roten Karten kassierten sie fünf Zeitstrafen, bevor der SCM seine erste dreieinhalb Minuten vor dem Ende bekam. Es könnte auch daran gelegen haben, dass sich das Team in der zweiten Hälfte den einen oder anderen technischen Fehler mehr erlaubte.
Djibril M'Bengue verkürzte noch auf 21:22 in der Schlussminute, doch der Favorit gab den Ball im Anschluss nicht mehr her und feierte kurz darauf den rekordverdächtigen 23:21-Erfolg. Nicht nur waren acht Tore in der ersten Halbzeit schlechtester SCM-Wert der gesamten Saison, auch die Gesamtzahl war mit Abstand die schwächste Ausbeute.
Entsprechend angetan war Jamal Naji von seiner Mannschaft. „Es sind viele Emotionen, die mich bewegen“, sagte der BHC-Coach. „Trauer, Wut, Zorn – aber es überwiegt der Stolz. Wir wollen in dieser Saison noch eine der großen Mannschaften schlagen. Genau so sind wir hier aufgetreten.“ Diese Niederlage war ohne Zweifel der beste Fehlschlag der Spielzeit.
Stimmen zum Spiel: „Die Härte gehörte natürlich auch zu unserem Matchplan“
Normalerweise sind die Spiele des SC Magdeburg Offensiv-Feuerwerke. Doch diesmal war alles anders. BHC-Torhüter Christopher Rudeck parierte 42,11 Prozent der Würfe auf sein Tor und merkte nach der 21:23-Niederlage an: „In der ersten Viertelstunde kriege ich nur zwei Bälle auf meinen Kasten.“ Der 28-Jährige lobte die Abwehrarbeit seiner Vorderleute und zog sogar einen Vergleich zu den großen Kielern. „Nur der THW hat Magdeburg in dieser Saison so gut verteidigt bekommen – und vielleicht noch die Rhein-Neckar Löwen im Pokal. Darauf sind wir stolz.“
Trotzdem war ihm die Enttäuschung über die verpasste Siegchance anzumerken: „Wir hätten vorne noch effektiver sein müssen. Leider hält Mike Jensen auch gut für Magdeburg.“ Die vielen Zeitstrafen seien ebenfalls nicht hilfreich gewesen.
Ob die Hinausstellungen in dieser Form alle berechtigt waren? Bei Rudeck klangen Zweifel durch, Trainer Jamal Naji kommentierte es nach der Partie nicht direkt. „Aber die Härte gehörte natürlich auch zu unserem Matchplan“, betonte er auf der Pressekonferenz. Geschäftsführer Jörg Föste bemerkte: „Die in den SCM-Auszeiten verordnete Strategie der Zeitstrafen-Provokationen hat auf der Zielgeraden den Ausschlag gegeben. Auf diese Weise hat nicht die bessere Mannschaft gewonnen. Mit dieser Aussage ist man beileibe kein schlechter Verlierer, sondern schlicht und einfach Realist.“
Personal
Wie erwartet trat der BHC mit demselben Aufgebot an, das bereits am vorigen Donnerstag gegen Leipzig gespielt hatte. Demnach setzte Csaba Szücs mit Knieproblemen aus, und Tom Bergner befindet sich nach seiner Schulter-OP noch im Aufbautraining. Trotzdem standen 16 Spieler auf dem Protokoll.
Meinung: Alle Achtung
Natürlich ist es am Ende schade, dass der Bergische HC beim SC Magdeburg nichts Zählbares geholt hat. Die Bergischen präsentierten sich in bemerkenswerter Verfassung und spielten so gut in der Deckung wie schon eine Weile nicht mehr. Gerade angesichts der Tatsache, dass der BHC zuletzt regelmäßig über 30 Gegentreffer kassiert hatte und nun beim Deutschen Meister spielte, der in dieser Saison die meisten Tore in der gesamten Handball-Bundesliga erzielt hat, war die Leistung bei der knappen 21:
23-Niederlage überraschend. Verlieren ist nie schön, aber bei diesem Spiel fällt es irgendwie doch etwas leichter. Alle Achtung, das war wirklich stark. Es war mit Abstand die beste Leistung bei einer Niederlage in dieser Saison und gewiss zumindest eine der herausragendsten Darbietungen der gesamten Spielzeit. Das muss man nach zwei verlorenen Punkten erst einmal sagen können.