Handball

Beyer erlöst wankenden BHC nach Auf und Ab

Bundesliga: Löwen mühen sich zum 34:32 (14:14)-Sieg gegen Minden – ohne Spielmacher.

Von Jürgen König und Thomas Rademacher

Noah Beyer blieb in der Schlussphase abgezockt. Der Linksaußen erzielte per Siebenmeter das 33:32 und versetzte dem Gegner im nächsten Angriff den Dolchstoß.

In der 40. Minute deutete am Donnerstagabend nicht wirklich viel auf finalen Jubel im Lager des Bergischen HC hin. Mit 17:20 lag der Bundesligist bei einer Auszeit gegen GWD Minden hinten, die Stimmung in der Unihalle war auf dem Tiefpunkt. Doch am Ende gab es tatsächlich Freude pur – Noah Beyer machte mit einem Doppelschlag das 34:32 perfekt, nachdem Tom Kare Nikolaisen vor dem letzten Treffer exzellent verteidigt hatte. „Mit der Einstellung bin ich sehr zufrieden, aber es war auch ein glücklicher Sieg“, fasste BHC-Trainer Jamal Naji zusammen.

Gar nicht gut waren die Nachrichten aus der medizinischen Abteilung vor dem Anpfiff. Mit Linus Arnesson und Tomas Babak vergrößerten beide Spielmacher das Lazarett – der Schwede (Oberschenkel) und Tscheche (Adduktoren) mussten aufgrund muskulärer Beschwerden passen. Im Fokus stand zu Beginn Alexander Weck. Dem auf Rechtsaußen deckenden Eigengewächs war erwartungsgemäß das Vertrauen bei der Spielsteuerung übertragen worden. Zunächst lief es meistens aber nicht über den Positionsangriff, sondern übers Tempospiel: Fehlwurf nach Durchbruch gegen den mehrfach stark parierenden Malte Semisch, Kreisanspiel ins Leere, klasse Tor – der Solinger erlebte die breite Palette des Handballspiels.

Wie das gesamte Löwen-Team, das sich glücklich schätzen durfte, in Christopher Rudeck einen Schlussmann zu haben, der Semischs hohes Niveau jederzeit erwidern konnte. Bis zur 5. Minute hatte Rudeck schon fünf Paraden, teilweise hochkarätiger Natur, auf seinem Konto stehen. Weck schlüpfte derweil zunehmend in die Rolle des klassischen Spielmachers, schien seine in der Defensive erst später stabile Mannschaft nach 20 Minuten mit dem Wurf ins verwaiste Mindener Tor zum 10:7 auf Erfolgskurs gebracht zu haben. Schien, denn auch mit dem ersten Drei-Tore-Vorsprung im Rücken blieb die Fehlerquote bei den Angriffsbemühungen zu hoch. Die missglückten Aktionen des eingewechselten Neuzugangs Elias Scholtes im generell selten rund laufenden Rückraum passten da ins Bild, Coach Naji musste schon drei Minuten später zur Auszeit bitten und kurz darauf gar den Gegentreffer zum 10:12 konstatieren. Positiv: Der BHC befreite sich allen Angriffsmängeln zum Trotz aus dieser gefährlichen Situation. Weiterhin dank Rudeck und Lukas Stutzke – der Nationalspieler übernahm die Rolle auf der Rückraum Mitte und war torgefährlichster Akteur. Fünf Feldtore mit knallharten Würfen ließen auch Semisch verzweifeln und sorgten maßgeblich dafür, dass es mit einem ausgeglichenen Ergebnis in die Kabine ging.

BHC macht den 18:22-Rückstand wett

Doch die Mängelliste blieb beträchtlich. Ballverluste ohne Bedrängnis, Fehlwürfe aus bester Position inklusive Siebenmeter von Isak Persson – Weck, Stutzke, Fabian Gutbrod und Kollegen suchten auch in erneuter Überzahl, die generell eine Schwachstelle war, vergeblich nach Konstanz, richtigen Entscheidungen und Effektivität. Eben beim 17:20, später hieß es sogar 18:22, und der nächsten Auszeit war die Hoffnung auf Zählbares überschaubar. Hingegen durfte GWD, zuletzt mit Corona-Zwangspause und ohne Rückraum-Schlüsselspieler Philipp Ahouansou, bis dahin zufrieden sein. Und, als abermals Semisch großartig gegen Persson und Beyer rettete, schienen die Ostwestfalen auf Kurs zu bleiben. Doch die Gastgeber schafften unter anderem mit Energie und Teamgeist noch die Wende.

Eine Aktion, die Alexander Weck Selbstvertrauen gebracht hat: Er donnerte die Kugel über den Mindener Block ins Tor.

Als Alexander Weck am vergangenen Montag zum Training kam, hatte es sich bereits angedeutet. Weder Linus Arnesson noch Tomas Babak standen auf dem Feld – womit kein Spielmacher zur Verfügung stand. „Ich habe ja in der Jugend häufiger auf der Mitte gespielt und mache das auch ganz gerne“, sagte der Rückraumspieler nach dem 34:32-Erfolg über GWD Minden. „Es hat mir dann auch Spaß gemacht.“

Weck hat zwar Fehler gemacht, ließ sich davon aber nicht beirren. „Ich wusste ja, dass ich weitermachen muss, weil es sowieso keine andere Option gab“, erklärte der 22-Jährige seine Devise. „Wenn man die Plus- und Minus-Aktionen von Alex gegenüberstellt, war er heute klar im positiven Bereich“, lobte Trainer Jamal Naji. „Er hat ganz viel Geschwindigkeit reingebracht, dabei nicht immer die richtige Entscheidung getroffen, aber ich denke, dass unser hohes Tempo bei vier Toren Rückstand ein Genickbrecher für Minden war.“ In der Spielwirksamkeit sei Weck ein ganz wichtiger Akteur aufseiten des BHC gewesen. „Bei ihm ist es sowieso eine Frage des Selbstvertrauens und Glaubens an die eigene Stärke. Alex hat ganz viele Werkzeuge und wird uns in Zukunft noch sehr helfen“, betonte der Coach.

Dass es gegen GWD Minden trotz des 18:22-Rückstands zum Sieg reichte, sei auch ein Stück weit Glück gewesen, räumte Naji ein. „Aber ich bin mit der Einstellung zufrieden. Wir haben den Zuschauern ein Event geboten.“ Gerade in der Schlussphase waren die 2061 Fans in der Unihalle lautstark zur Stelle. „Als wir wieder auf ein Tor rangekommen sind, schwappte eine Welle von den Rängen – das war elektrisierend“, sagte der 36-Jährige. Am Ende gelang es, viel zu kompensieren: eine diesmal nur mäßige Deckung, einige Fehler im Angriff und eine Überzahleffektivität von 40 Prozent. „Gefühlt war das ein Vorteil für Minden, wenn wir einen Spieler mehr auf dem Feld hatten“, monierte Naji. Die Situation war wahrlich keine Seltenheit. Die Ostwestfalen hatten acht Zeitstrafen erhalten, der BHC lediglich zwei.

In der Schlussphase allerdings behielten die Hausherren die Nerven – auch in Überzahl. Die entscheidenden Tore erzielte Noah Beyer – unter anderem per Siebenmeter zum 33:32. „Ich habe mich gut gefühlt“, meinte der Linksaußen. „Wenn man einmal ans Rollen kommt, denkt man auch nicht mehr darüber nach.“

Personal

Fabian Gutbrod hatte gegen den TVB Stuttgart am Sonntagabend noch mit Achillessehnenproblemen aussetzen müssen. Vier Tage später bekam der Mannschaftskapitän aber wieder grünes Licht und stand im Kader. Als zusätzliche Verstärkung holte Trainer Jamal Naji Paul Gießelmann in den Kader. Der A-Jugendliche kam für einen Einsatz auf der linken Außenbahn infrage.

Rubriklistenbild: © KURT KOSLER

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