In der Umgebung eines schwarzen Lochs kreist heißes Plasma, das den gigantischen Himmelskörper „füttert“. Ein Forschungsteam hat dieses Phänomen nun auf der Erde nachgebildet.
London – Einem Forschungsteam vom Imperial College in London ist es gelungen, die unmittelbare Umgebung eines schwarzen Lochs auf der Erde nachzubilden. Ein schwarzes Loch ist von einer sogenannten Akkretionsscheibe umgeben, in der sich Materie sammelt, die von dem schwarzen Loch angezogen und zu superheißem Plasma wird. In der Plasma-Scheibe wirken gewaltige Kräfte: Die Zentrifugalkraft drückt das Plasma nach außen, während die Gravitationskraft des schwarzen Lochs die Materie nach innen zieht – beide Kräfte balancieren sich aus.
Das führt direkt zu der Frage, die sich die Forschung seit langem stellt: Wie wird ein schwarzes Loch größer, wenn das Material aus seiner Akkretionsscheibe gar nicht in das schwarze Loch fällt? Die führende Theorie dazu ist, dass Instabilitäten in Magnetfeldern im Plasma dafür sorgen, dass immer wieder etwas Materie ins schwarze Loch fällt. Doch bisher konnte diese Theorie nur schwer getestet werden. Genutzt wurden dafür bislang flüssige Metalle, auf die Magnetfelder angewendet wurden. Doch die Metalle befanden sich beim Test in Röhren und waren damit kein echter Vergleich zum frei fließenden Plasma, wie es in einer Mitteilung des Imperial College heißt.
Forschungsteam erstellt Akkretionsscheibe um ein schwarzes Loch – auf der Erde
Hier kommt die Forschungsgruppe um Vicente Valenzuela-Villaseca ins Spiel: Sie hat ein Instrument namens Mega Ampere Generator for Plasma Implosion Experiments (MAGPIE) genutzt, um eine akkuratere Akkretionsscheibe zu modellieren. Die Details der Forschungsarbeit wurden im Fachjournal Physical Review Letters veröffentlicht. „Wenn wir verstehen, wie sich Akkretionsscheiben verhalten, können wir nicht nur herausfinden, wie schwarze Löcher entstehen, sondern auch, wie Gaswolken kollabieren, um Sterne zu bilden, und sogar, wie wir vielleicht unsere eigenen Sterne erschaffen können, indem wir die Stabilität von Plasmen in Fusionsexperimenten verstehen“, erklärt Valenzuela-Villaseca in der Mitteilung seiner Universität.
Mithilfe von MAGPIE gelang es dem Forschungsteam, acht Plasmastrahlen zu beschleunigen und sie kollidieren zu lassen, sodass eine sich drehende Säule aus heißem Plasma entstand. MAGPIE produziert kurze Plasmapulse, weshalb es der Forschungsgruppe nur möglich war, eine Drehung der Akkretionsscheibe darzustellen. Trotzdem konnte das Team bereits erste Erkenntnisse gewinnen: Je weiter innen in dem sich drehenden Ring sich das Plasma befand, desto schneller bewegte es sich. Bei dem Experiment handelt es sich um ein „Proof of concept“, bei dem gezeigt werden sollte, ob die Forschung möglich ist. Das Team geht davon aus, dass mit längeren Plasmapulsen mehr Drehbewegungen beobachtet werden können.
Akkretionsscheibe im Labor: Test mit Magnetfeldern steht noch aus
Bei einer längeren Laufzeit eines Nachfolge-Experiments könnten außerdem Magnetfelder hinzugefügt werden, um deren Einfluss auf die Reibung in dem System zu untersuchen. „Wir stehen erst am Anfang unserer Möglichkeiten, diese Akkretionsscheiben auf ganz neue Art und Weise zu betrachten“, erklärt Valenzuela-Villaseca und ergänzt: „Dazu gehören auch unsere Experimente und Schnappschüsse von schwarzen Löchern mit dem Event Horizon Telescope. Damit können wir unsere Theorien überprüfen und sehen, ob sie mit astronomischen Beobachtungen übereinstimmen.“
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Auch wenn das Prinzip einer Akkretionsscheibe um ein schwarzes Loch für Laien exotisch klingt, hat fast jeder eine solche schon einmal gesehen: Auf dem ersten Bild, das von einem schwarzen Loch gemacht wurde, war die Akkretionsscheibe deutlich zu sehen, die um das schwarze Loch herumwirbelt Und auch auf dem Bild des schwarzen Lochs im Zentrum unserer Milchstraße kann man die Akkretionsscheibe gut erkennen. (tab)
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