Gravitationswellen
Schwarzes Loch: Forscher rätseln über mysteriöse Gravitationswellen aus dem All
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Ein schwarzes Loch ist mit einem unbekannten Objekt verschmolzen. Das können Forscher aus einem Gravitationswellen-Signal lesen. Doch sie stehen vor dem Rätsel, um welche Art Objekt es sich handelt.
- Forscher fangen ein ungewöhnliches Gravitationswellen-Signal auf
- Ein schwarzes Loch kollidiert mit einem kleineren Objekt - doch worum handelt es sich?
- Forscher stehen vor einem Rätsel: Das Objekt ist zu schwer für einen Neutronenstern und zu leicht für ein zweites schwarzes Loch
Gravitationswellen entstehen, wenn massereiche Objekte im Weltall beschleunigt oder abgebremst werden oder wenn sie miteinander kollidieren. Die freiwerdende Energie versetzt die Raumzeit in Schwingungen, was noch in weiter Ferne - etwa mit speziellen Detektoren auf der Erde - festgestellt werden kann. Die meisten bisher gemessenen Gravitationswellen* entstanden aus der Verschmelzung zweier schwarzer Löcher. Doch nun haben Forscher eine ungewöhnliche Messung (GW190814) gemacht: Sie haben Gravitationswellen von einer Verschmelzung zweier sehr ungleicher Objekte eingefangen.
Gravitationswellen-Signal: Schwarzes Loch verschmilzt mit deutlich kleinerem Objekt
Bei einem der beiden Objekte handelt es sich um ein schwarzes Loch mit der 23-fachen Sonnenmasse, so viel weiß man. Doch worum es sich bei dem zweiten Objekt handelt, ist unklar. Das Objekt stellt die Forscher vor ein Rätsel: Es hat nur die 2,6-fache Masse der Sonne und ist damit für ein schwarzes Loch zu leicht und für einen Neutronenstern zu schwer. „GW190814 ist eine unerwartete und wirklich aufregende Entdeckung“, sagt Abhirup Ghosh vom Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut AEI) in Potsdam zu der Entdeckung.
Noch nie habe man eine Gravitationswelle von einem System gemessen, in dem die Einzelmassen so unterschiedlich sind. „Was es noch rätselhafter macht, ist, dass wir nicht genau wissen, was das leichtere Objekt ist“, so Ghosh. Handele es sich bei dem 2,6 Sonnenmassen schweren Objekt um ein schwarzes Loch, sei es das leichteste bekannte schwarze Loch. Sei es dagegen ein Neutronenstern, „so ist dies der massereichste, den wir je in einem Doppelsystem beobachtet haben“, erklärt Ghosh weiter.
Gravitationswellen-Signal: Verschmolz ein schwarzes Loch mit einem sehr massereichen Neutronenstern?
Neutronensterne sind die Überreste massereicher Sterne nach der Supernova. Dieser Überrest ist extrem dicht - gängige Modelle legen die Massenobergrenze für nichtrotierende Neutronensterne auf 2,16 Sonnenmassen fest. Ist die Masse höher, entsteht ein schwarzes Loch, so die derzeitige Annahme.
Kollision im All: Ein schwarzes Loch mit 23 Sonnenmassen und ein rätselhaften Begleiter von lediglich 2,6-facher Sonnenmasse sind miteinander verschmolzen. https://t.co/PReYktGMA5 #Gravitationswellen #Gravitationsphysik @LIGO @ego_virgo @mpi_grav
— Max Planck Society (@maxplanckpress) June 24, 2020
Um herauszufinden, ob der kleinere Partner der Verschmelzung ein Neutronenstern ist, haben Forscher nach der Entdeckung des Gravitationswellen-Signals die Herkunftsregion nach infraroten und optischen Wellenlängen abgesucht - jedoch nichts gefunden, was auf einen Neutronenstern schließen lässt. Trotzdem wollen die Forscher nicht ausschließen, dass hinter GW190814 die Verschmelzung eines schwarzen Lochs mit einem besonders großen Neutronenstern steckt.
Gravitationswelle GW190814: Schwarzes Loch dreht sich sehr langsam
Über das schwarze Loch im System GW190814 haben die Forscher mit Hilfe der Gravitationswellen-Detektoren LIGO und Virgo einiges herausgefunden. Das schwarze Loch mit 23 Sonnenmassen dreht sich beispielsweise ziemlich langsam: „Weniger als sieben Prozent der von der Allgemeinen Relativitätstheorie erlaubten maximalen Eigenrotation“, erklärt Alessandra Buonanno vom AEI. Sie betont: „Wir konnten die bisher präziseste Messung der Eigenrotation eines schwarzen Lochs mittels Gravitationswellen durchführen“.
Anhand des Gravitationswellen-Signals konnten die Forscher auch einige astrophysikalische Eigenschaften bestimmen:
- Die Verschmelzung der beiden Objekte fand etwa 780 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt statt.
- Der Ursprung des Signals konnte auf eine Fläche in Richtung des Sternbilds „Sculptor“ (Bildhauer) eingegrenzt werden.
Gravitationswellen wurden 1916 von Albert Einstein vorhergesagt
Gravitationswellen wurden bereits 1916 von Albert Einstein vorhergesagt*, erstmals entdeckt wurden sie im September 2015. Die erste Entdeckung von Gravitationswellen wurde im Februar 2016 veröffentlicht*, bereits im Jahr darauf erhielten drei daran beteiligte Forscher den Physik-Nobelpreis für ihre bahnbrechende Arbeit*. Seit der ersten Entdeckung wurden einige Gravitationswellen aufgespürt* und untersucht, doch GW190814 ist bisher die ungewöhnlichste. (Von Tanja Banner) *fr.de ist Teil der bundesweiten Ippen-Digital-Zentralredaktion
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